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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Empfangnahme der Geschenke. X.

Den 15. Vormittags erschienen die Bevollmächtigten zur
Empfangnahme der Geschenke für den Taikun; ihre niederge-
schlagenen Mienen verkündeten Böses und sie beichteten sogleich,
dass die Reinschriften des Vertrages noch nicht begonnen seien:
einige im holländischen Text gebrauchte Ausdrücke liessen sich nicht
in das Japanische übersetzen; sie seien vom Minister beauftragt die
Abänderung derselben nachzusuchen. Graf Eulenburg erklärte sich
zu solchen Aenderungen bereit, die nicht gegen den Sinn des
deutschen Textes wären, und so wurden auch einige angebliche
Verbesserungen vorgenommen. Als aber die Herren, durch diese
Nachsicht ermuthigt, von einzelnen Ausdrücken ausgehend den
Inhalt des Vertrages anzugreifen begannen und die Weglassung
ganzer Bestimmungen verlangten, erklärte der Gesandte ihnen ernst
und bündig, dass er nicht in die Aenderung eines einzigen Buch-
stabens mehr willigen werde und einfach die Frage stelle, ob sie
das Vertrags-Instrument in seiner jetzigen Fassung unterzeichnen
wollten oder nicht. Sie baten darauf sehr demüthig um Verzeihung,
versprachen von allen ferneren Wünschen abzustehen und zweifelten
nicht, dass sie zur Unterzeichnung ermächtigt werden würden. --
Sie besahen dann die Geschenke und liessen sich Alles erklären.
Graf Eulenburg hatte die Titel der Bücher und die Unterschriften
der Photographieen in das Japanische übersetzen lassen und musste
viele darauf bezügliche Fragen beantworten. Die beiden gusseisernen
Statuetten von Bläser, kämpfende Amazonen zu Pferde waren in
Folge mangelhafter Verpackung grade an den dünnsten Stellen der
Pferdebeine gebrochen und unsere Mechaniker wussten keinen Rath
dafür; die Bunyo's hatten aber bei einem früheren Besuche den
Schaden für leicht zu heilen erklärt und in der That Leute geschickt,
welche die zerbrochenen Theile zusammenlötheten. Die Fugen
waren für das blosse Auge kaum sichtbar und so fest, dass sie
für den Augenblick die schwere Metallmasse des springenden Pferdes
mit der Figur wirklich trugen, gingen aber beim Transport wieder
auseinander. -- Die Bevollmächtigten drückten ihre Freude über
die Geschenke aus und versprachen dieselben am folgenden Tage
holen zu lassen.

So war endlich Alles abgethan, denn man durfte die Empfang-
nahme der Geschenke als Schlussact der Verhandlungen und sichere
Bürgschaft für die Unterzeichnung des Tractates ansehen. Heusken,
der den ganzen Tag über in Akabane beschäftigt gewesen war,

Empfangnahme der Geschenke. X.

Den 15. Vormittags erschienen die Bevollmächtigten zur
Empfangnahme der Geschenke für den Taïkūn; ihre niederge-
schlagenen Mienen verkündeten Böses und sie beichteten sogleich,
dass die Reinschriften des Vertrages noch nicht begonnen seien:
einige im holländischen Text gebrauchte Ausdrücke liessen sich nicht
in das Japanische übersetzen; sie seien vom Minister beauftragt die
Abänderung derselben nachzusuchen. Graf Eulenburg erklärte sich
zu solchen Aenderungen bereit, die nicht gegen den Sinn des
deutschen Textes wären, und so wurden auch einige angebliche
Verbesserungen vorgenommen. Als aber die Herren, durch diese
Nachsicht ermuthigt, von einzelnen Ausdrücken ausgehend den
Inhalt des Vertrages anzugreifen begannen und die Weglassung
ganzer Bestimmungen verlangten, erklärte der Gesandte ihnen ernst
und bündig, dass er nicht in die Aenderung eines einzigen Buch-
stabens mehr willigen werde und einfach die Frage stelle, ob sie
das Vertrags-Instrument in seiner jetzigen Fassung unterzeichnen
wollten oder nicht. Sie baten darauf sehr demüthig um Verzeihung,
versprachen von allen ferneren Wünschen abzustehen und zweifelten
nicht, dass sie zur Unterzeichnung ermächtigt werden würden. —
Sie besahen dann die Geschenke und liessen sich Alles erklären.
Graf Eulenburg hatte die Titel der Bücher und die Unterschriften
der Photographieen in das Japanische übersetzen lassen und musste
viele darauf bezügliche Fragen beantworten. Die beiden gusseisernen
Statuetten von Bläser, kämpfende Amazonen zu Pferde waren in
Folge mangelhafter Verpackung grade an den dünnsten Stellen der
Pferdebeine gebrochen und unsere Mechaniker wussten keinen Rath
dafür; die Bunyo’s hatten aber bei einem früheren Besuche den
Schaden für leicht zu heilen erklärt und in der That Leute geschickt,
welche die zerbrochenen Theile zusammenlötheten. Die Fugen
waren für das blosse Auge kaum sichtbar und so fest, dass sie
für den Augenblick die schwere Metallmasse des springenden Pferdes
mit der Figur wirklich trugen, gingen aber beim Transport wieder
auseinander. — Die Bevollmächtigten drückten ihre Freude über
die Geschenke aus und versprachen dieselben am folgenden Tage
holen zu lassen.

So war endlich Alles abgethan, denn man durfte die Empfang-
nahme der Geschenke als Schlussact der Verhandlungen und sichere
Bürgschaft für die Unterzeichnung des Tractates ansehen. Heusken,
der den ganzen Tag über in Akabane beschäftigt gewesen war,

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[148/0168] Empfangnahme der Geschenke. X. Den 15. Vormittags erschienen die Bevollmächtigten zur Empfangnahme der Geschenke für den Taïkūn; ihre niederge- schlagenen Mienen verkündeten Böses und sie beichteten sogleich, dass die Reinschriften des Vertrages noch nicht begonnen seien: einige im holländischen Text gebrauchte Ausdrücke liessen sich nicht in das Japanische übersetzen; sie seien vom Minister beauftragt die Abänderung derselben nachzusuchen. Graf Eulenburg erklärte sich zu solchen Aenderungen bereit, die nicht gegen den Sinn des deutschen Textes wären, und so wurden auch einige angebliche Verbesserungen vorgenommen. Als aber die Herren, durch diese Nachsicht ermuthigt, von einzelnen Ausdrücken ausgehend den Inhalt des Vertrages anzugreifen begannen und die Weglassung ganzer Bestimmungen verlangten, erklärte der Gesandte ihnen ernst und bündig, dass er nicht in die Aenderung eines einzigen Buch- stabens mehr willigen werde und einfach die Frage stelle, ob sie das Vertrags-Instrument in seiner jetzigen Fassung unterzeichnen wollten oder nicht. Sie baten darauf sehr demüthig um Verzeihung, versprachen von allen ferneren Wünschen abzustehen und zweifelten nicht, dass sie zur Unterzeichnung ermächtigt werden würden. — Sie besahen dann die Geschenke und liessen sich Alles erklären. Graf Eulenburg hatte die Titel der Bücher und die Unterschriften der Photographieen in das Japanische übersetzen lassen und musste viele darauf bezügliche Fragen beantworten. Die beiden gusseisernen Statuetten von Bläser, kämpfende Amazonen zu Pferde waren in Folge mangelhafter Verpackung grade an den dünnsten Stellen der Pferdebeine gebrochen und unsere Mechaniker wussten keinen Rath dafür; die Bunyo’s hatten aber bei einem früheren Besuche den Schaden für leicht zu heilen erklärt und in der That Leute geschickt, welche die zerbrochenen Theile zusammenlötheten. Die Fugen waren für das blosse Auge kaum sichtbar und so fest, dass sie für den Augenblick die schwere Metallmasse des springenden Pferdes mit der Figur wirklich trugen, gingen aber beim Transport wieder auseinander. — Die Bevollmächtigten drückten ihre Freude über die Geschenke aus und versprachen dieselben am folgenden Tage holen zu lassen. So war endlich Alles abgethan, denn man durfte die Empfang- nahme der Geschenke als Schlussact der Verhandlungen und sichere Bürgschaft für die Unterzeichnung des Tractates ansehen. Heusken, der den ganzen Tag über in Akabane beschäftigt gewesen war,

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/168>, abgerufen am 24.11.2024.