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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Das alte Desima. XI.
gehörten, bauten die Holländer, zum Theil aus eigenen Mitteln,
zwei feuerfeste Vorrathshäuser, ein zu Geschäftsverhandlungen be-
stimmtes Comtoir, "eine ansehnliche Küche", ein Haus zum Aufent-
halt der Deputirten des Statthalters von Nangasaki und ein anderes
für den Dolmetscher; sie legten dort auch einen Küchengarten und
"einen anderen zum Vergnügen", einige kleine Privatgärten und ein
Badehaus an. "Einen Theil des Raumes hatte der japanische
Gassenrichter zu seinen Wohn- und Lusthäusern, Küche und einem
Gärtchen, das bloss zum Vergnügen diente, eingenommen. Ein
Theil des Platzes bleibt endlich noch übrig für die Kramläden, die
bei Anwesenheit der Schiffe aufgestellt werden, und ein anderer
dient zur Niederlage der ausgepackten Waaren; auch ist hier ohn-
längst noch ein blutiger Gerichtshof eingeweiht worden, wo die
Schleichhändler künftig hingericht werden sollen, und zwar, wie
uns der Statthalter noch ohnlängst versicherte, nicht nur Japaner,
sondern auch Holländer." Es ist aber, soviel bekannt wurde, bei
der Drohung geblieben.

Seit Kämpfer's Zeit ist Desima öfters abgebrannt, das heutige
Etablissement gibt von dem alten keine Vorstellung. Alle jene Ge-
bäude und Gärten waren auf den engen Raum von fünfhundert-
sechszehn Fuss Länge und zweihundertzwanzig Fuss Breite zu-
sammengedrängt. So lange die Factoreibeamten allein waren hatten
sie Platz genug, aber bei Anwesenheit der Schiffe, deren in den
blühenden Zeiten des Handels jährlich acht bis neun kamen. muss
dort ein buntes Gedränge geherrscht haben. Die Schiffsmannschaften
wurden abtheilungsweise "um sich zn verfrischen", auf die Insel
gebracht, und von der Stadt strömten die japanischen Händler und
Krämer herbei um die ausgestellten Waaren zu besehen, öffentlich
und heimlich zu kaufen, zu schachern. Die Aufsichtsbeamten mögen
alle Hände voll zu thun gehabt haben, denn Schmuggeln war die
allgemeine Losung. Die weiten Pumphosen der Matrosen bargen
ganze Ladungen von Conterbande, oft krähte sehr zur Unzeit ein
vorwitziger Cacadu daraus hervor. Die wohlbeleibten Schiffscapitäne,
welche allein mit den Handelsvorstehern des Vorrechtes genossen,
nicht am Körper untersucht zu werden, kamen alle Tage nach
Desima, den künstlichen Bauch voll kostbarer Waare, die sie bei
der Rückfahrt durch ein dickes Kissen ersetzten. Erst im Jahre
1772 entdeckten die Japaner auf einem von den Holländern im
Sturme verlassenen und nach den Goto-Inseln getriebenen Schiff

Das alte Desima. XI.
gehörten, bauten die Holländer, zum Theil aus eigenen Mitteln,
zwei feuerfeste Vorrathshäuser, ein zu Geschäftsverhandlungen be-
stimmtes Comtoir, »eine ansehnliche Küche«, ein Haus zum Aufent-
halt der Deputirten des Statthalters von Naṅgasaki und ein anderes
für den Dolmetscher; sie legten dort auch einen Küchengarten und
»einen anderen zum Vergnügen«, einige kleine Privatgärten und ein
Badehaus an. »Einen Theil des Raumes hatte der japanische
Gassenrichter zu seinen Wohn- und Lusthäusern, Küche und einem
Gärtchen, das bloss zum Vergnügen diente, eingenommen. Ein
Theil des Platzes bleibt endlich noch übrig für die Kramläden, die
bei Anwesenheit der Schiffe aufgestellt werden, und ein anderer
dient zur Niederlage der ausgepackten Waaren; auch ist hier ohn-
längst noch ein blutiger Gerichtshof eingeweiht worden, wo die
Schleichhändler künftig hingericht werden sollen, und zwar, wie
uns der Statthalter noch ohnlängst versicherte, nicht nur Japaner,
sondern auch Holländer.« Es ist aber, soviel bekannt wurde, bei
der Drohung geblieben.

Seit Kämpfer’s Zeit ist Desima öfters abgebrannt, das heutige
Etablissement gibt von dem alten keine Vorstellung. Alle jene Ge-
bäude und Gärten waren auf den engen Raum von fünfhundert-
sechszehn Fuss Länge und zweihundertzwanzig Fuss Breite zu-
sammengedrängt. So lange die Factoreibeamten allein waren hatten
sie Platz genug, aber bei Anwesenheit der Schiffe, deren in den
blühenden Zeiten des Handels jährlich acht bis neun kamen. muss
dort ein buntes Gedränge geherrscht haben. Die Schiffsmannschaften
wurden abtheilungsweise »um sich zn verfrischen«, auf die Insel
gebracht, und von der Stadt strömten die japanischen Händler und
Krämer herbei um die ausgestellten Waaren zu besehen, öffentlich
und heimlich zu kaufen, zu schachern. Die Aufsichtsbeamten mögen
alle Hände voll zu thun gehabt haben, denn Schmuggeln war die
allgemeine Losung. Die weiten Pumphosen der Matrosen bargen
ganze Ladungen von Conterbande, oft krähte sehr zur Unzeit ein
vorwitziger Cacadu daraus hervor. Die wohlbeleibten Schiffscapitäne,
welche allein mit den Handelsvorstehern des Vorrechtes genossen,
nicht am Körper untersucht zu werden, kamen alle Tage nach
Desima, den künstlichen Bauch voll kostbarer Waare, die sie bei
der Rückfahrt durch ein dickes Kissen ersetzten. Erst im Jahre
1772 entdeckten die Japaner auf einem von den Holländern im
Sturme verlassenen und nach den Goto-Inseln getriebenen Schiff

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[204/0224] Das alte Desima. XI. gehörten, bauten die Holländer, zum Theil aus eigenen Mitteln, zwei feuerfeste Vorrathshäuser, ein zu Geschäftsverhandlungen be- stimmtes Comtoir, »eine ansehnliche Küche«, ein Haus zum Aufent- halt der Deputirten des Statthalters von Naṅgasaki und ein anderes für den Dolmetscher; sie legten dort auch einen Küchengarten und »einen anderen zum Vergnügen«, einige kleine Privatgärten und ein Badehaus an. »Einen Theil des Raumes hatte der japanische Gassenrichter zu seinen Wohn- und Lusthäusern, Küche und einem Gärtchen, das bloss zum Vergnügen diente, eingenommen. Ein Theil des Platzes bleibt endlich noch übrig für die Kramläden, die bei Anwesenheit der Schiffe aufgestellt werden, und ein anderer dient zur Niederlage der ausgepackten Waaren; auch ist hier ohn- längst noch ein blutiger Gerichtshof eingeweiht worden, wo die Schleichhändler künftig hingericht werden sollen, und zwar, wie uns der Statthalter noch ohnlängst versicherte, nicht nur Japaner, sondern auch Holländer.« Es ist aber, soviel bekannt wurde, bei der Drohung geblieben. Seit Kämpfer’s Zeit ist Desima öfters abgebrannt, das heutige Etablissement gibt von dem alten keine Vorstellung. Alle jene Ge- bäude und Gärten waren auf den engen Raum von fünfhundert- sechszehn Fuss Länge und zweihundertzwanzig Fuss Breite zu- sammengedrängt. So lange die Factoreibeamten allein waren hatten sie Platz genug, aber bei Anwesenheit der Schiffe, deren in den blühenden Zeiten des Handels jährlich acht bis neun kamen. muss dort ein buntes Gedränge geherrscht haben. Die Schiffsmannschaften wurden abtheilungsweise »um sich zn verfrischen«, auf die Insel gebracht, und von der Stadt strömten die japanischen Händler und Krämer herbei um die ausgestellten Waaren zu besehen, öffentlich und heimlich zu kaufen, zu schachern. Die Aufsichtsbeamten mögen alle Hände voll zu thun gehabt haben, denn Schmuggeln war die allgemeine Losung. Die weiten Pumphosen der Matrosen bargen ganze Ladungen von Conterbande, oft krähte sehr zur Unzeit ein vorwitziger Cacadu daraus hervor. Die wohlbeleibten Schiffscapitäne, welche allein mit den Handelsvorstehern des Vorrechtes genossen, nicht am Körper untersucht zu werden, kamen alle Tage nach Desima, den künstlichen Bauch voll kostbarer Waare, die sie bei der Rückfahrt durch ein dickes Kissen ersetzten. Erst im Jahre 1772 entdeckten die Japaner auf einem von den Holländern im Sturme verlassenen und nach den Goto-Inseln getriebenen Schiff

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/224>, abgerufen am 21.11.2024.