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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Arkona flott. XII.
und zwei Trossen herübergeschickt, um die Arkona abzuwinden;
auch das englische Kanonenboot und der französische Aviso wurden
mit Trossen an sie befestigt. Bald nach zwei begannen nun die
Maschinen aller drei Schiffe und die Matrosen am Gangspill des
Chesapeake mit voller Kraft zu arbeiten. Die eine Trosse des
Chesapeake riss, der französische Dampfer wurde bald unbrauchbar,
da an seiner Maschine ein Kolben brach, und die Arkona schien
sich nicht bewegt zu haben. Schon hatte man die Hoffnung auf-
gegeben sie loszubringen, als sie bald nach vier sich langsam zu
drehen begann, und dem Steuer gehorchend vorwärts ging. Eine
Minute darauf schwamm sie in tiefem Wasser und warf an ge-
eigneter Stelle Anker.

Das preussische Schiffscommando ist dem englischen und dem
französischen Stationscommandanten, vor Allem aber dem Befehls-
haber der Chesapeake, welcher mit Hintansetzung seiner eigenen
Sicherheit, an einer gefährlichen Stelle ankernd, unter Aufbietung
aller Kräfte ohne Zögern den wirksamsten Beistand leistete, für ihre
Bereitwilligkeit den wärmsten Dank schuldig. Zugleich müssen hier
aber die Leistungen der preussischen Schiffsmannschaft gerühmt
werden, welche vierundzwanzig Stunden lang unausgesetzt, ohne
einen Moment zu erschlaffen, mit voller Freudigkeit so schwere
Arbeit verrichtete, als menschliche Kräfte irgend vermögen. Das
Ausladen aller Geschütze und Munition, das Aussetzen der Boote,
das Herunterbringen aller Stengen, Raaen und Spieren in so kurzer
Zeit, -- denn das ganze Schiff wurde abgetakelt, nur das unterste
Stück der Masten blieb stehen, -- wurde von den Commandanten
der ringsum ankernden Kriegsschiffe als eine Riesenarbeit angesehen,
welche nur auserlesene Mannschaft zu leisten vermag. Die preussi-
schen Seeleute haben hier diejenige Haltung bewiesen, welche mit
Selbstverleugnung bis zum Aeussersten alle Kräfte aufbietet, wo
das allgemeine Beste es fordert.

2. März.Den 2. März Morgens lief Arkona in den Wusung-Fluss
ein und warf vor der, nah seiner Mündung in den Yangtse-kiang
liegenden Stadt gleichen Namens Anker. Man nahm die Geschütze
und Eisenmunition aus dem französischen und dem englischen Dampfer
wieder an Bord. Gegen Abend langte Thetis, die wegen man-
gelnder Dampfkraft nur langsam hatte folgen können, auf unserem
letzten Ankerplatz im Yangtse an, und lief den folgenden Morgen
ebenfalls in den Wusung-Fluss ein. -- Die "Elbe", die am 28. Januar

Arkona flott. XII.
und zwei Trossen herübergeschickt, um die Arkona abzuwinden;
auch das englische Kanonenboot und der französische Aviso wurden
mit Trossen an sie befestigt. Bald nach zwei begannen nun die
Maschinen aller drei Schiffe und die Matrosen am Gangspill des
Chesapeake mit voller Kraft zu arbeiten. Die eine Trosse des
Chesapeake riss, der französische Dampfer wurde bald unbrauchbar,
da an seiner Maschine ein Kolben brach, und die Arkona schien
sich nicht bewegt zu haben. Schon hatte man die Hoffnung auf-
gegeben sie loszubringen, als sie bald nach vier sich langsam zu
drehen begann, und dem Steuer gehorchend vorwärts ging. Eine
Minute darauf schwamm sie in tiefem Wasser und warf an ge-
eigneter Stelle Anker.

Das preussische Schiffscommando ist dem englischen und dem
französischen Stationscommandanten, vor Allem aber dem Befehls-
haber der Chesapeake, welcher mit Hintansetzung seiner eigenen
Sicherheit, an einer gefährlichen Stelle ankernd, unter Aufbietung
aller Kräfte ohne Zögern den wirksamsten Beistand leistete, für ihre
Bereitwilligkeit den wärmsten Dank schuldig. Zugleich müssen hier
aber die Leistungen der preussischen Schiffsmannschaft gerühmt
werden, welche vierundzwanzig Stunden lang unausgesetzt, ohne
einen Moment zu erschlaffen, mit voller Freudigkeit so schwere
Arbeit verrichtete, als menschliche Kräfte irgend vermögen. Das
Ausladen aller Geschütze und Munition, das Aussetzen der Boote,
das Herunterbringen aller Stengen, Raaen und Spieren in so kurzer
Zeit, — denn das ganze Schiff wurde abgetakelt, nur das unterste
Stück der Masten blieb stehen, — wurde von den Commandanten
der ringsum ankernden Kriegsschiffe als eine Riesenarbeit angesehen,
welche nur auserlesene Mannschaft zu leisten vermag. Die preussi-
schen Seeleute haben hier diejenige Haltung bewiesen, welche mit
Selbstverleugnung bis zum Aeussersten alle Kräfte aufbietet, wo
das allgemeine Beste es fordert.

2. März.Den 2. März Morgens lief Arkona in den Wusuṅg-Fluss
ein und warf vor der, nah seiner Mündung in den Yaṅgtse-kiaṅg
liegenden Stadt gleichen Namens Anker. Man nahm die Geschütze
und Eisenmunition aus dem französischen und dem englischen Dampfer
wieder an Bord. Gegen Abend langte Thetis, die wegen man-
gelnder Dampfkraft nur langsam hatte folgen können, auf unserem
letzten Ankerplatz im Yaṅgtse an, und lief den folgenden Morgen
ebenfalls in den Wusuṅg-Fluss ein. — Die »Elbe«, die am 28. Januar

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[218/0238] Arkona flott. XII. und zwei Trossen herübergeschickt, um die Arkona abzuwinden; auch das englische Kanonenboot und der französische Aviso wurden mit Trossen an sie befestigt. Bald nach zwei begannen nun die Maschinen aller drei Schiffe und die Matrosen am Gangspill des Chesapeake mit voller Kraft zu arbeiten. Die eine Trosse des Chesapeake riss, der französische Dampfer wurde bald unbrauchbar, da an seiner Maschine ein Kolben brach, und die Arkona schien sich nicht bewegt zu haben. Schon hatte man die Hoffnung auf- gegeben sie loszubringen, als sie bald nach vier sich langsam zu drehen begann, und dem Steuer gehorchend vorwärts ging. Eine Minute darauf schwamm sie in tiefem Wasser und warf an ge- eigneter Stelle Anker. Das preussische Schiffscommando ist dem englischen und dem französischen Stationscommandanten, vor Allem aber dem Befehls- haber der Chesapeake, welcher mit Hintansetzung seiner eigenen Sicherheit, an einer gefährlichen Stelle ankernd, unter Aufbietung aller Kräfte ohne Zögern den wirksamsten Beistand leistete, für ihre Bereitwilligkeit den wärmsten Dank schuldig. Zugleich müssen hier aber die Leistungen der preussischen Schiffsmannschaft gerühmt werden, welche vierundzwanzig Stunden lang unausgesetzt, ohne einen Moment zu erschlaffen, mit voller Freudigkeit so schwere Arbeit verrichtete, als menschliche Kräfte irgend vermögen. Das Ausladen aller Geschütze und Munition, das Aussetzen der Boote, das Herunterbringen aller Stengen, Raaen und Spieren in so kurzer Zeit, — denn das ganze Schiff wurde abgetakelt, nur das unterste Stück der Masten blieb stehen, — wurde von den Commandanten der ringsum ankernden Kriegsschiffe als eine Riesenarbeit angesehen, welche nur auserlesene Mannschaft zu leisten vermag. Die preussi- schen Seeleute haben hier diejenige Haltung bewiesen, welche mit Selbstverleugnung bis zum Aeussersten alle Kräfte aufbietet, wo das allgemeine Beste es fordert. Den 2. März Morgens lief Arkona in den Wusuṅg-Fluss ein und warf vor der, nah seiner Mündung in den Yaṅgtse-kiaṅg liegenden Stadt gleichen Namens Anker. Man nahm die Geschütze und Eisenmunition aus dem französischen und dem englischen Dampfer wieder an Bord. Gegen Abend langte Thetis, die wegen man- gelnder Dampfkraft nur langsam hatte folgen können, auf unserem letzten Ankerplatz im Yaṅgtse an, und lief den folgenden Morgen ebenfalls in den Wusuṅg-Fluss ein. — Die »Elbe«, die am 28. Januar 2. März.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/238>, abgerufen am 24.05.2024.