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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Die Münzfrage. Anh. II.
Diplomaten durften keine Beschuldigung laut werden lassen, die
sie nicht beweisen konnten. Einmal stieg das Disconto sogar auf
50 Procent; das Zollamt, welches wohl nicht unschuldig daran
war, soll darauf grosse Massen des in Umlauf befindlichen fremden
Silbers angekauft haben; wenigstens stellte sich das alte Verhältniss
schnell wieder her, ohne dass ein anderer Grund zu entdecken war.

Man kann trotz allem Leugnen der Regierung mit Sicherheit
annehmen, dass die Entwerthung des Dollars von ihr ausgegangen
ist, wie sich aus folgender Betrachtung ergibt. Die Münze liefert
einen bedeutenden Theil des japanischen Staatseinkommens. Die
Verarbeitung der edelen Metalle zu anderen Zwecken ist seit Jahr-
hunderten verboten; sie haben also nur als Tauschmittel Werth,
und zwar denjenigen Werth, welchen die Behörde ihnen aufprägt.
Nun hat man in Erfahrung gebracht, dass die Kosten der Silber-
gewinnung, oder die Preise, welche die Obrigkeit für das unge-
münzte Metall bezahlt, 30 Procent niedriger sind als der Präge-
werth der Itsibu's. Sie kauft für 70, was sie für 100 ausgibt.
Wenn dem so ist, so muss man es für eine Illusion halten, dass
der Dollar in Japan jemals höheren Cours haben wird. Hätte er
im Lande allgemeinen Umlauf, könnten die Japaner unter sich dafür
kaufen und verkaufen, so wäre die Sache gleichgültig; der Preis der
Waaren würde sich dann reguliren. Das wird aber die Regierung
nicht zugeben, so lange sie es verhindern kann; denn der Dollar
würde den Umlauf des Itsibu beeinträchtigen. Wollte sie dem
Dollar gar Zwangscours verleihen, so würde sie sich gewaltsam
eines Monopols berauben, aus dem sie seit Jahrhunderten erheb-
lichen Gewinn zieht. So lange die Landesbewohner aber darauf
angewiesen sind, den Dollar bei den öffentlichen Kassen umzu-
wechseln, kann sich die Sache nicht ändern: denn die Regierung,
welche ihn nur zum Zwecke der Umprägung kauft, wird ihn niemals
theuerer bezahlen als das rohe Metall, also 30 Procent unter dem
Münzwerthe; jede höhere Zahlung brächte ihr baaren Verlust. Die
kleinen Fluctuationen erklären sich aus den Schwankungen der
Metallgewinnungs-Kosten.

In mehreren Zusammenkünften der angesehensten fremden
Kaufleute von Yokuhama sprach sich die Mehrheit wiederholt dafür
aus, den betreffenden Vertragsartikel ganz fallen zu lassen; der
Handel müsse sich den localen Verhältnissen gemäss entwickeln und
die fremde Münze von selbst den entsprechenden Cours finden.

Die Münzfrage. Anh. II.
Diplomaten durften keine Beschuldigung laut werden lassen, die
sie nicht beweisen konnten. Einmal stieg das Disconto sogar auf
50 Procent; das Zollamt, welches wohl nicht unschuldig daran
war, soll darauf grosse Massen des in Umlauf befindlichen fremden
Silbers angekauft haben; wenigstens stellte sich das alte Verhältniss
schnell wieder her, ohne dass ein anderer Grund zu entdecken war.

Man kann trotz allem Leugnen der Regierung mit Sicherheit
annehmen, dass die Entwerthung des Dollars von ihr ausgegangen
ist, wie sich aus folgender Betrachtung ergibt. Die Münze liefert
einen bedeutenden Theil des japanischen Staatseinkommens. Die
Verarbeitung der edelen Metalle zu anderen Zwecken ist seit Jahr-
hunderten verboten; sie haben also nur als Tauschmittel Werth,
und zwar denjenigen Werth, welchen die Behörde ihnen aufprägt.
Nun hat man in Erfahrung gebracht, dass die Kosten der Silber-
gewinnung, oder die Preise, welche die Obrigkeit für das unge-
münzte Metall bezahlt, 30 Procent niedriger sind als der Präge-
werth der Itsibu’s. Sie kauft für 70, was sie für 100 ausgibt.
Wenn dem so ist, so muss man es für eine Illusion halten, dass
der Dollar in Japan jemals höheren Cours haben wird. Hätte er
im Lande allgemeinen Umlauf, könnten die Japaner unter sich dafür
kaufen und verkaufen, so wäre die Sache gleichgültig; der Preis der
Waaren würde sich dann reguliren. Das wird aber die Regierung
nicht zugeben, so lange sie es verhindern kann; denn der Dollar
würde den Umlauf des Itsibu beeinträchtigen. Wollte sie dem
Dollar gar Zwangscours verleihen, so würde sie sich gewaltsam
eines Monopols berauben, aus dem sie seit Jahrhunderten erheb-
lichen Gewinn zieht. So lange die Landesbewohner aber darauf
angewiesen sind, den Dollar bei den öffentlichen Kassen umzu-
wechseln, kann sich die Sache nicht ändern: denn die Regierung,
welche ihn nur zum Zwecke der Umprägung kauft, wird ihn niemals
theuerer bezahlen als das rohe Metall, also 30 Procent unter dem
Münzwerthe; jede höhere Zahlung brächte ihr baaren Verlust. Die
kleinen Fluctuationen erklären sich aus den Schwankungen der
Metallgewinnungs-Kosten.

In mehreren Zusammenkünften der angesehensten fremden
Kaufleute von Yokuhama sprach sich die Mehrheit wiederholt dafür
aus, den betreffenden Vertragsartikel ganz fallen zu lassen; der
Handel müsse sich den localen Verhältnissen gemäss entwickeln und
die fremde Münze von selbst den entsprechenden Cours finden.

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[246/0266] Die Münzfrage. Anh. II. Diplomaten durften keine Beschuldigung laut werden lassen, die sie nicht beweisen konnten. Einmal stieg das Disconto sogar auf 50 Procent; das Zollamt, welches wohl nicht unschuldig daran war, soll darauf grosse Massen des in Umlauf befindlichen fremden Silbers angekauft haben; wenigstens stellte sich das alte Verhältniss schnell wieder her, ohne dass ein anderer Grund zu entdecken war. Man kann trotz allem Leugnen der Regierung mit Sicherheit annehmen, dass die Entwerthung des Dollars von ihr ausgegangen ist, wie sich aus folgender Betrachtung ergibt. Die Münze liefert einen bedeutenden Theil des japanischen Staatseinkommens. Die Verarbeitung der edelen Metalle zu anderen Zwecken ist seit Jahr- hunderten verboten; sie haben also nur als Tauschmittel Werth, und zwar denjenigen Werth, welchen die Behörde ihnen aufprägt. Nun hat man in Erfahrung gebracht, dass die Kosten der Silber- gewinnung, oder die Preise, welche die Obrigkeit für das unge- münzte Metall bezahlt, 30 Procent niedriger sind als der Präge- werth der Itsibu’s. Sie kauft für 70, was sie für 100 ausgibt. Wenn dem so ist, so muss man es für eine Illusion halten, dass der Dollar in Japan jemals höheren Cours haben wird. Hätte er im Lande allgemeinen Umlauf, könnten die Japaner unter sich dafür kaufen und verkaufen, so wäre die Sache gleichgültig; der Preis der Waaren würde sich dann reguliren. Das wird aber die Regierung nicht zugeben, so lange sie es verhindern kann; denn der Dollar würde den Umlauf des Itsibu beeinträchtigen. Wollte sie dem Dollar gar Zwangscours verleihen, so würde sie sich gewaltsam eines Monopols berauben, aus dem sie seit Jahrhunderten erheb- lichen Gewinn zieht. So lange die Landesbewohner aber darauf angewiesen sind, den Dollar bei den öffentlichen Kassen umzu- wechseln, kann sich die Sache nicht ändern: denn die Regierung, welche ihn nur zum Zwecke der Umprägung kauft, wird ihn niemals theuerer bezahlen als das rohe Metall, also 30 Procent unter dem Münzwerthe; jede höhere Zahlung brächte ihr baaren Verlust. Die kleinen Fluctuationen erklären sich aus den Schwankungen der Metallgewinnungs-Kosten. In mehreren Zusammenkünften der angesehensten fremden Kaufleute von Yokuhama sprach sich die Mehrheit wiederholt dafür aus, den betreffenden Vertragsartikel ganz fallen zu lassen; der Handel müsse sich den localen Verhältnissen gemäss entwickeln und die fremde Münze von selbst den entsprechenden Cours finden.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/266>, abgerufen am 22.11.2024.