[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.VI. Eventualitäten. plätze mit der grössten Besorgniss entgegen; sie erklärte den fremdenVertretern, dass nur Unheil daraus entstehen könne und suchte sie auf jede Weise für eine Hinausschiebung des Eröffnungstermines zu gewinnen. Was Yeddo betrifft, so waren die Gesandten wohl selbst zu der Ansicht gelangt, dass der Verkehr westländischer Kaufleute daselbst nothwendig zu ernsten Conflicten führen müsse, Herr Harris hatte sogar aus eigenem Antriebe bei der amerikanischen Regierung die Verschiebung des vertragsmässigen Termines für Yeddo befürwortet; -- aber den japanischen Ministern gegenüber sahen sie sich einstweilen nicht veranlasst, ein derartiges Zuge- ständniss in Aussicht zu stellen, da jede Nachgiebigkeit als Schwäche ausgelegt worden wäre. Die Japaner befanden sich hier in einer Verlegenheit, auf die Graf Eulenburg schon damals seinen Opera- tionsplan zu gründen beschloss, er schob aber die Ausführung als letztes Mittel noch hinaus. Man konnte nämlich den Japanern ohne jeden Nachtheil das Zugeständniss machen, die Häfen von Neagata, Osaka und Yeddo in dem Vertrage garnicht zu erwähnen, wenn sie in einem besonderen Artikel Preussen alle Rechte der meistbe- günstigten Nation gewährten. Wurden dann jene Häfen dem Verkehr der anderen Vertragsmächte frei gegeben, so nahm Preussen auch ohne ausdrücklich dahin zielende Stipulation daran Theil: wurden sie für jene nicht eröffnet, so konnte das Recht darauf auch für uns keinen Werth haben. Der Regierung des Taikun aber musste man vorstellen, dass die Auslassung dieser Häfen im preussischen Vertrage die Ueberzeugung des Gesandten von der Unzeitigkeit der Aufschliessung darlegen und die Erfüllung ihres Wunsches durch die anderen Regierungen befördern würde. -- Der nächste Anlass zur Ausführung dieses Planes sollte von japanischer Seite kommen: Ando- Tsus-sima-no-kami verlangte in einer langen Besprechung mit Herrn Alcock von diesem dringend die Abänderung des die Häfen be- treffenden Artikels und brachte schliesslich die Rede auf die preussische Gesandtschaft. Herr Alcock stellte ihm die Nothwendigkeit vor, den Vertrag mit Preussen zu schliessen, der japanische Minister aber erklärte das für unmöglich; die Stimmung des Landes sei den Verträgen sehr abhold und würde höchstens ein schriftliches Ver- sprechen zulassen. Als der englische Gesandte ein solches als ganz ungenügend bezeichnete und sich unter Ablehnung jeder dahin zielenden Vermittelung entfernen wollte, hielt ihn Jener zurück: "es gäbe ein Mittel die öffentliche Meinung für den Vertrag mit Preussen VI. Eventualitäten. plätze mit der grössten Besorgniss entgegen; sie erklärte den fremdenVertretern, dass nur Unheil daraus entstehen könne und suchte sie auf jede Weise für eine Hinausschiebung des Eröffnungstermines zu gewinnen. Was Yeddo betrifft, so waren die Gesandten wohl selbst zu der Ansicht gelangt, dass der Verkehr westländischer Kaufleute daselbst nothwendig zu ernsten Conflicten führen müsse, Herr Harris hatte sogar aus eigenem Antriebe bei der amerikanischen Regierung die Verschiebung des vertragsmässigen Termines für Yeddo befürwortet; — aber den japanischen Ministern gegenüber sahen sie sich einstweilen nicht veranlasst, ein derartiges Zuge- ständniss in Aussicht zu stellen, da jede Nachgiebigkeit als Schwäche ausgelegt worden wäre. Die Japaner befanden sich hier in einer Verlegenheit, auf die Graf Eulenburg schon damals seinen Opera- tionsplan zu gründen beschloss, er schob aber die Ausführung als letztes Mittel noch hinaus. Man konnte nämlich den Japanern ohne jeden Nachtheil das Zugeständniss machen, die Häfen von Neagata, Osaka und Yeddo in dem Vertrage garnicht zu erwähnen, wenn sie in einem besonderen Artikel Preussen alle Rechte der meistbe- günstigten Nation gewährten. Wurden dann jene Häfen dem Verkehr der anderen Vertragsmächte frei gegeben, so nahm Preussen auch ohne ausdrücklich dahin zielende Stipulation daran Theil: wurden sie für jene nicht eröffnet, so konnte das Recht darauf auch für uns keinen Werth haben. Der Regierung des Taïkūn aber musste man vorstellen, dass die Auslassung dieser Häfen im preussischen Vertrage die Ueberzeugung des Gesandten von der Unzeitigkeit der Aufschliessung darlegen und die Erfüllung ihres Wunsches durch die anderen Regierungen befördern würde. — Der nächste Anlass zur Ausführung dieses Planes sollte von japanischer Seite kommen: Ando- Tsus-sima-no-kami verlangte in einer langen Besprechung mit Herrn Alcock von diesem dringend die Abänderung des die Häfen be- treffenden Artikels und brachte schliesslich die Rede auf die preussische Gesandtschaft. Herr Alcock stellte ihm die Nothwendigkeit vor, den Vertrag mit Preussen zu schliessen, der japanische Minister aber erklärte das für unmöglich; die Stimmung des Landes sei den Verträgen sehr abhold und würde höchstens ein schriftliches Ver- sprechen zulassen. Als der englische Gesandte ein solches als ganz ungenügend bezeichnete und sich unter Ablehnung jeder dahin zielenden Vermittelung entfernen wollte, hielt ihn Jener zurück: »es gäbe ein Mittel die öffentliche Meinung für den Vertrag mit Preussen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0077" n="57"/><fw place="top" type="header">VI. Eventualitäten.</fw><lb/> plätze mit der grössten Besorgniss entgegen; sie erklärte den fremden<lb/> Vertretern, dass nur Unheil daraus entstehen könne und suchte<lb/> sie auf jede Weise für eine Hinausschiebung des Eröffnungstermines<lb/> zu gewinnen. 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VI. Eventualitäten.
plätze mit der grössten Besorgniss entgegen; sie erklärte den fremden
Vertretern, dass nur Unheil daraus entstehen könne und suchte
sie auf jede Weise für eine Hinausschiebung des Eröffnungstermines
zu gewinnen. Was Yeddo betrifft, so waren die Gesandten wohl
selbst zu der Ansicht gelangt, dass der Verkehr westländischer
Kaufleute daselbst nothwendig zu ernsten Conflicten führen müsse,
Herr Harris hatte sogar aus eigenem Antriebe bei der amerikanischen
Regierung die Verschiebung des vertragsmässigen Termines für
Yeddo befürwortet; — aber den japanischen Ministern gegenüber
sahen sie sich einstweilen nicht veranlasst, ein derartiges Zuge-
ständniss in Aussicht zu stellen, da jede Nachgiebigkeit als Schwäche
ausgelegt worden wäre. Die Japaner befanden sich hier in einer
Verlegenheit, auf die Graf Eulenburg schon damals seinen Opera-
tionsplan zu gründen beschloss, er schob aber die Ausführung als
letztes Mittel noch hinaus. Man konnte nämlich den Japanern ohne
jeden Nachtheil das Zugeständniss machen, die Häfen von Neagata,
Osaka und Yeddo in dem Vertrage garnicht zu erwähnen, wenn
sie in einem besonderen Artikel Preussen alle Rechte der meistbe-
günstigten Nation gewährten. Wurden dann jene Häfen dem
Verkehr der anderen Vertragsmächte frei gegeben, so nahm Preussen
auch ohne ausdrücklich dahin zielende Stipulation daran Theil:
wurden sie für jene nicht eröffnet, so konnte das Recht darauf auch
für uns keinen Werth haben. Der Regierung des Taïkūn aber musste
man vorstellen, dass die Auslassung dieser Häfen im preussischen
Vertrage die Ueberzeugung des Gesandten von der Unzeitigkeit der
Aufschliessung darlegen und die Erfüllung ihres Wunsches durch
die anderen Regierungen befördern würde. — Der nächste Anlass zur
Ausführung dieses Planes sollte von japanischer Seite kommen: Ando-
Tsus-sima-no-kami verlangte in einer langen Besprechung mit Herrn
Alcock von diesem dringend die Abänderung des die Häfen be-
treffenden Artikels und brachte schliesslich die Rede auf die preussische
Gesandtschaft. Herr Alcock stellte ihm die Nothwendigkeit vor,
den Vertrag mit Preussen zu schliessen, der japanische Minister
aber erklärte das für unmöglich; die Stimmung des Landes sei den
Verträgen sehr abhold und würde höchstens ein schriftliches Ver-
sprechen zulassen. Als der englische Gesandte ein solches als ganz
ungenügend bezeichnete und sich unter Ablehnung jeder dahin
zielenden Vermittelung entfernen wollte, hielt ihn Jener zurück: »es
gäbe ein Mittel die öffentliche Meinung für den Vertrag mit Preussen
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