[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.VII. Fest in Dzu-ni-so. und gegen elf setzte der Zug sich in Bewegung. Der Weg und dieOertlichkeit sind schon beschrieben; man hatte im Freien eine Tafel gedeckt, der nach dem langen verspäteten Ritt von allen Seiten wacker zugesprochen wurde, -- wenn auch nicht so, dass man wie die Schöngeister von Yeddo des belebenden Sturzbaches bedurft hätte. Aus den benachbarten Vorstädten war eine grosse Menge Menschen herbeigeströmt, die sich, wie gewöhnlich, anständig und freundlich betrugen; die Polizei, nur durch zwei Beamte vertreten, kam garnicht in Thätigkeit. Wohl zum ersten Mal erschallten im alten Haine des Zwölf-Göttertempels die Pauken und Trompeten europäischer Kriegsmusik, erregten aber durchaus keinen Anstoss; die Heiterkeit war allgemein und kaum grösser bei der schmausenden Gesellschaft als bei dem japanischen Publicum. Sie schien sogar unsere Hengste angesteckt zu haben, die auf dem Rückweg unge- wöhnlich munter wurden: ein englischer Attache ritt einen Laternen- pfahl um und dabei sich selbst vom Pferde; ein preussischer wurde unversehens durch ein vorspringendes Dach abgestreift und dem Legationssecretär ging es nicht viel besser; alle drei kamen ohne Verletzung davon. -- Den folgenden Tag erschienen in Akabane die Priester von Dzu-ni-so, um dem Gesandten vorzustellen, dass das Frühstück auf ihrem Grundstück stattgefunden habe; ausserdem hätten drei Daimio's zu derselben Zeit den Tempel besuchen wollen, sich aber durch die Anwesenheit der Fremden abhalten lassen. Der Graf bewilligte ihnen gern die gewünschte Entschädigung und sie entfernten sich zufrieden. Anfang November siedelte Regierungsrath Wichura von VII. Fest in Džu-ni-so. und gegen elf setzte der Zug sich in Bewegung. Der Weg und dieOertlichkeit sind schon beschrieben; man hatte im Freien eine Tafel gedeckt, der nach dem langen verspäteten Ritt von allen Seiten wacker zugesprochen wurde, — wenn auch nicht so, dass man wie die Schöngeister von Yeddo des belebenden Sturzbaches bedurft hätte. Aus den benachbarten Vorstädten war eine grosse Menge Menschen herbeigeströmt, die sich, wie gewöhnlich, anständig und freundlich betrugen; die Polizei, nur durch zwei Beamte vertreten, kam garnicht in Thätigkeit. Wohl zum ersten Mal erschallten im alten Haine des Zwölf-Göttertempels die Pauken und Trompeten europäischer Kriegsmusik, erregten aber durchaus keinen Anstoss; die Heiterkeit war allgemein und kaum grösser bei der schmausenden Gesellschaft als bei dem japanischen Publicum. Sie schien sogar unsere Hengste angesteckt zu haben, die auf dem Rückweg unge- wöhnlich munter wurden: ein englischer Attaché ritt einen Laternen- pfahl um und dabei sich selbst vom Pferde; ein preussischer wurde unversehens durch ein vorspringendes Dach abgestreift und dem Legationssecretär ging es nicht viel besser; alle drei kamen ohne Verletzung davon. — Den folgenden Tag erschienen in Akabane die Priester von Džu-ni-so, um dem Gesandten vorzustellen, dass das Frühstück auf ihrem Grundstück stattgefunden habe; ausserdem hätten drei Daïmio’s zu derselben Zeit den Tempel besuchen wollen, sich aber durch die Anwesenheit der Fremden abhalten lassen. Der Graf bewilligte ihnen gern die gewünschte Entschädigung und sie entfernten sich zufrieden. Anfang November siedelte Regierungsrath Wichura von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0081" n="61"/><fw place="top" type="header">VII. Fest in <hi rendition="#k"><placeName>Džu-ni-so</placeName></hi>.</fw><lb/> und gegen elf setzte der Zug sich in Bewegung. Der Weg und die<lb/> Oertlichkeit sind schon beschrieben; man hatte im Freien eine Tafel<lb/> gedeckt, der nach dem langen verspäteten Ritt von allen Seiten<lb/> wacker zugesprochen wurde, — wenn auch nicht so, dass man wie<lb/> die Schöngeister von <hi rendition="#k"><placeName>Yeddo</placeName></hi> des belebenden Sturzbaches bedurft<lb/> hätte. Aus den benachbarten Vorstädten war eine grosse Menge<lb/> Menschen herbeigeströmt, die sich, wie gewöhnlich, anständig und<lb/> freundlich betrugen; die Polizei, nur durch zwei Beamte vertreten,<lb/> kam garnicht in Thätigkeit. Wohl zum ersten Mal erschallten im<lb/> alten Haine des Zwölf-Göttertempels die Pauken und Trompeten<lb/> europäischer Kriegsmusik, erregten aber durchaus keinen Anstoss;<lb/> die Heiterkeit war allgemein und kaum grösser bei der schmausenden<lb/> Gesellschaft als bei dem japanischen Publicum. Sie schien sogar<lb/> unsere Hengste angesteckt zu haben, die auf dem Rückweg unge-<lb/> wöhnlich munter wurden: ein englischer Attaché ritt einen Laternen-<lb/> pfahl um und dabei sich selbst vom Pferde; ein preussischer wurde<lb/> unversehens durch ein vorspringendes Dach abgestreift und dem<lb/> Legationssecretär ging es nicht viel besser; alle drei kamen ohne<lb/> Verletzung davon. — Den folgenden Tag erschienen in <hi rendition="#k"><placeName>Akabane</placeName></hi> die<lb/> Priester von <hi rendition="#k"><placeName>Džu-ni-so</placeName></hi>, um dem Gesandten vorzustellen, dass das<lb/> Frühstück auf ihrem Grundstück stattgefunden habe; ausserdem<lb/> hätten drei <hi rendition="#k">Daïmio</hi>’s zu derselben Zeit den Tempel besuchen wollen,<lb/> sich aber durch die Anwesenheit der Fremden abhalten lassen. Der<lb/> Graf bewilligte ihnen gern die gewünschte Entschädigung und sie<lb/> entfernten sich zufrieden.</p><lb/> <p>Anfang November siedelte Regierungsrath <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117336971">Wichura</persName> von<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Yokuhama</placeName></hi>, dessen Umgebungen er gründlich abgesucht hatte, zu uns<lb/> nach <hi rendition="#k"><placeName>Akabane</placeName></hi> über, und gab sowohl durch seinen persönlichen<lb/> Umgang als das Interesse seiner Wissenschaft dem Zusammenleben<lb/> neuen Reiz. Er wurde auf den Spazierritten, die uns in tägliche<lb/> Berührung mit den landwirthschaftlichen Beschäftigungen der Japaner<lb/> brachten, mit tausend Fragen bedrängt; auch die ausgedehnten<lb/> Handelsgärten der Hauptstadt boten ein reiches Feld der Beobachtung.<lb/> Ihre besten Früchte sind nun leider mit dem trefflichen Manne ver-<lb/> loren gegangen, welchen ein jäher Tod kürzlich mitten aus den<lb/> botanischen Arbeiten für das Expeditionswerk hinwegriss <note place="foot" n="2)">Regierungsrath <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117336971">Wichura</persName> starb im Februar 1866 zu <placeName>Berlin</placeName> an Kohlendampf-<lb/> vergiftung.</note>. Diese<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0081]
VII. Fest in Džu-ni-so.
und gegen elf setzte der Zug sich in Bewegung. Der Weg und die
Oertlichkeit sind schon beschrieben; man hatte im Freien eine Tafel
gedeckt, der nach dem langen verspäteten Ritt von allen Seiten
wacker zugesprochen wurde, — wenn auch nicht so, dass man wie
die Schöngeister von Yeddo des belebenden Sturzbaches bedurft
hätte. Aus den benachbarten Vorstädten war eine grosse Menge
Menschen herbeigeströmt, die sich, wie gewöhnlich, anständig und
freundlich betrugen; die Polizei, nur durch zwei Beamte vertreten,
kam garnicht in Thätigkeit. Wohl zum ersten Mal erschallten im
alten Haine des Zwölf-Göttertempels die Pauken und Trompeten
europäischer Kriegsmusik, erregten aber durchaus keinen Anstoss;
die Heiterkeit war allgemein und kaum grösser bei der schmausenden
Gesellschaft als bei dem japanischen Publicum. Sie schien sogar
unsere Hengste angesteckt zu haben, die auf dem Rückweg unge-
wöhnlich munter wurden: ein englischer Attaché ritt einen Laternen-
pfahl um und dabei sich selbst vom Pferde; ein preussischer wurde
unversehens durch ein vorspringendes Dach abgestreift und dem
Legationssecretär ging es nicht viel besser; alle drei kamen ohne
Verletzung davon. — Den folgenden Tag erschienen in Akabane die
Priester von Džu-ni-so, um dem Gesandten vorzustellen, dass das
Frühstück auf ihrem Grundstück stattgefunden habe; ausserdem
hätten drei Daïmio’s zu derselben Zeit den Tempel besuchen wollen,
sich aber durch die Anwesenheit der Fremden abhalten lassen. Der
Graf bewilligte ihnen gern die gewünschte Entschädigung und sie
entfernten sich zufrieden.
Anfang November siedelte Regierungsrath Wichura von
Yokuhama, dessen Umgebungen er gründlich abgesucht hatte, zu uns
nach Akabane über, und gab sowohl durch seinen persönlichen
Umgang als das Interesse seiner Wissenschaft dem Zusammenleben
neuen Reiz. Er wurde auf den Spazierritten, die uns in tägliche
Berührung mit den landwirthschaftlichen Beschäftigungen der Japaner
brachten, mit tausend Fragen bedrängt; auch die ausgedehnten
Handelsgärten der Hauptstadt boten ein reiches Feld der Beobachtung.
Ihre besten Früchte sind nun leider mit dem trefflichen Manne ver-
loren gegangen, welchen ein jäher Tod kürzlich mitten aus den
botanischen Arbeiten für das Expeditionswerk hinwegriss 2). Diese
2) Regierungsrath Wichura starb im Februar 1866 zu Berlin an Kohlendampf-
vergiftung.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |