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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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VII. Baumwuchs.
und die Zahl der Tage gering, an denen man auf japanischem
Boden nicht einen hübschen Strauss pflücken könnte. Dazu lügt
die Behauptung, dass die Blumen dort nicht duften, die Vögel
nicht singen: freilich giebt es wenige Singvögel und neben den
wohlriechenden Blumen ähnliche geruchlose, wie bei uns; aber alle
ihrer Natur nach riechenden Arten entwickeln so würzige Düfte als
irgend wo anders.

Japans vorzüglichste Waldbäume sind Nadelhölzer: Pinus
massoniana, P. densiflora, Abies firma, Retinospora pisifera, R.
obtusa, Cryptomeria japonica, Salisburia adiantifolia, Podocarpus
macrophyllus und verschiedene Taxus; unter den Laubbäumen
mehrere Arten immergrüner Eichen, Kastanien, Ahorn und eine
herrliche Ulme (Ulmus Keaki Siebold), deren schön gezeichnetes
Holz vielfach zum Tempelbau verwendet wird. Die nützlichsten
dieser Hölzer wachsen in regelrecht bewirthschafteten Wäldern,
andere bedecken mit Lorbeern, Cypressen, Thuja, Myrthen, Camelien,
Stechpalmen, Elaeagnus, mit Bambusgebüsch, Azalien, Reben,
Ligustrum-, Viburnum- und Himbeersträuchern vermischt im wilden
Zustande die steileren Hänge. Zwei Nadelbäume von ausgezeichneter
Form, Sciadopytis verticillata und Thujopsis dolabrata 4) finden sich,
obwohl in Japan heimisch, doch verhältnissmässig selten, meist nur
in Tempelgründen und Ziergärten. Der Kampherbaum (Cinnamomum
camphora), den südlichen Strichen eigen, schmückt einzeln und in
mächtigen Gruppen die Friedhöfe um Nangasaki; er scheint viel
Luft und Licht zu brauchen und kein eigentlicher Waldbaum zu
sein, ebenso der Firniss- und der Wachsbaum, Rhus vernix und
Rh. succedaneum, die beide meist an Abhängen und in Alleen ge-
pflanzt werden.

Da die Japaner immer eifrig bemüht waren ihrem Vaterlande alle
nützlichen Gewächse der Fremde anzueignen, viele derselben dort auch
ganz heimisch geworden und verwildert sind, so ist es heut schwer,
sich von der ursprünglichen Flora des Landes ein richtiges Bild zu
machen. Siebold rechnet, dass von etwa fünfhundert dort cultivirten
Nutz- und Zierpflanzen mehr als die Hälfte aus der Fremde stam-
men; darunter Rübsamen, Färber-Polygonium, Tabak, Saflor, Mohn,
Hanf, Sesam, Baumwolle, Apfelsinen, Granatäpfel, Pfirsiche, Apricosen,
Birnen und Quitten. Die vorzüglichsten Obstarten sind -- neben

4) Thujopsis dolabrata wächst nach Fortune am Abhange des Fusiyama in
Wäldern.
II. 5

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und die Zahl der Tage gering, an denen man auf japanischem
Boden nicht einen hübschen Strauss pflücken könnte. Dazu lügt
die Behauptung, dass die Blumen dort nicht duften, die Vögel
nicht singen: freilich giebt es wenige Singvögel und neben den
wohlriechenden Blumen ähnliche geruchlose, wie bei uns; aber alle
ihrer Natur nach riechenden Arten entwickeln so würzige Düfte als
irgend wo anders.

Japans vorzüglichste Waldbäume sind Nadelhölzer: Pinus
massoniana, P. densiflora, Abies firma, Retinospora pisifera, R.
obtusa, Cryptomeria japonica, Salisburia adiantifolia, Podocarpus
macrophyllus und verschiedene Taxus; unter den Laubbäumen
mehrere Arten immergrüner Eichen, Kastanien, Ahorn und eine
herrliche Ulme (Ulmus Keaki Siebold), deren schön gezeichnetes
Holz vielfach zum Tempelbau verwendet wird. Die nützlichsten
dieser Hölzer wachsen in regelrecht bewirthschafteten Wäldern,
andere bedecken mit Lorbeern, Cypressen, Thuja, Myrthen, Camelien,
Stechpalmen, Elaeagnus, mit Bambusgebüsch, Azalien, Reben,
Ligustrum-, Viburnum- und Himbeersträuchern vermischt im wilden
Zustande die steileren Hänge. Zwei Nadelbäume von ausgezeichneter
Form, Sciadopytis verticillata und Thujopsis dolabrata 4) finden sich,
obwohl in Japan heimisch, doch verhältnissmässig selten, meist nur
in Tempelgründen und Ziergärten. Der Kampherbaum (Cinnamomum
camphora), den südlichen Strichen eigen, schmückt einzeln und in
mächtigen Gruppen die Friedhöfe um Naṅgasaki; er scheint viel
Luft und Licht zu brauchen und kein eigentlicher Waldbaum zu
sein, ebenso der Firniss- und der Wachsbaum, Rhus vernix und
Rh. succedaneum, die beide meist an Abhängen und in Alleen ge-
pflanzt werden.

Da die Japaner immer eifrig bemüht waren ihrem Vaterlande alle
nützlichen Gewächse der Fremde anzueignen, viele derselben dort auch
ganz heimisch geworden und verwildert sind, so ist es heut schwer,
sich von der ursprünglichen Flora des Landes ein richtiges Bild zu
machen. Siebold rechnet, dass von etwa fünfhundert dort cultivirten
Nutz- und Zierpflanzen mehr als die Hälfte aus der Fremde stam-
men; darunter Rübsamen, Färber-Polygonium, Tabak, Saflor, Mohn,
Hanf, Sesam, Baumwolle, Apfelsinen, Granatäpfel, Pfirsiche, Apricosen,
Birnen und Quitten. Die vorzüglichsten Obstarten sind — neben

4) Thujopsis dolabrata wächst nach Fortune am Abhange des Fusiyama in
Wäldern.
II. 5
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[65/0085] VII. Baumwuchs. und die Zahl der Tage gering, an denen man auf japanischem Boden nicht einen hübschen Strauss pflücken könnte. Dazu lügt die Behauptung, dass die Blumen dort nicht duften, die Vögel nicht singen: freilich giebt es wenige Singvögel und neben den wohlriechenden Blumen ähnliche geruchlose, wie bei uns; aber alle ihrer Natur nach riechenden Arten entwickeln so würzige Düfte als irgend wo anders. Japans vorzüglichste Waldbäume sind Nadelhölzer: Pinus massoniana, P. densiflora, Abies firma, Retinospora pisifera, R. obtusa, Cryptomeria japonica, Salisburia adiantifolia, Podocarpus macrophyllus und verschiedene Taxus; unter den Laubbäumen mehrere Arten immergrüner Eichen, Kastanien, Ahorn und eine herrliche Ulme (Ulmus Keaki Siebold), deren schön gezeichnetes Holz vielfach zum Tempelbau verwendet wird. Die nützlichsten dieser Hölzer wachsen in regelrecht bewirthschafteten Wäldern, andere bedecken mit Lorbeern, Cypressen, Thuja, Myrthen, Camelien, Stechpalmen, Elaeagnus, mit Bambusgebüsch, Azalien, Reben, Ligustrum-, Viburnum- und Himbeersträuchern vermischt im wilden Zustande die steileren Hänge. Zwei Nadelbäume von ausgezeichneter Form, Sciadopytis verticillata und Thujopsis dolabrata 4) finden sich, obwohl in Japan heimisch, doch verhältnissmässig selten, meist nur in Tempelgründen und Ziergärten. Der Kampherbaum (Cinnamomum camphora), den südlichen Strichen eigen, schmückt einzeln und in mächtigen Gruppen die Friedhöfe um Naṅgasaki; er scheint viel Luft und Licht zu brauchen und kein eigentlicher Waldbaum zu sein, ebenso der Firniss- und der Wachsbaum, Rhus vernix und Rh. succedaneum, die beide meist an Abhängen und in Alleen ge- pflanzt werden. Da die Japaner immer eifrig bemüht waren ihrem Vaterlande alle nützlichen Gewächse der Fremde anzueignen, viele derselben dort auch ganz heimisch geworden und verwildert sind, so ist es heut schwer, sich von der ursprünglichen Flora des Landes ein richtiges Bild zu machen. Siebold rechnet, dass von etwa fünfhundert dort cultivirten Nutz- und Zierpflanzen mehr als die Hälfte aus der Fremde stam- men; darunter Rübsamen, Färber-Polygonium, Tabak, Saflor, Mohn, Hanf, Sesam, Baumwolle, Apfelsinen, Granatäpfel, Pfirsiche, Apricosen, Birnen und Quitten. Die vorzüglichsten Obstarten sind — neben 4) Thujopsis dolabrata wächst nach Fortune am Abhange des Fusiyama in Wäldern. II. 5

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/85>, abgerufen am 22.11.2024.