Zurichtung der Theeblätter. Schwarzer und Grüner. VII.
Die nasse Bereitung beschreibt Siebold aus eigener Anschauung: die frisch gelesenen Blätter werden in einem Behälter mit mehreren Böden aus feinem Bambusgeflecht durch siedende Wasserdämpfe rasch zum Welken gebracht, dann gerollt und in eisernen Pfannen getrocknet. Der unter seinen Augen so bereitete Thee hatte eine frische grüne Farbe; er zieht daraus, durch Mittheilungen der Chinesen in Nangasaki irre geleitet, den Schluss, dass auch in China der grüne Thee auf nassem, der schwarze auf trockenem Wege bereitet werde, und dass dieser durch Ausschwitzen des grünen Saftes einen Theil seiner narkotischen Wirkung verliere. Der englische Reisende Fortune aber, welcher die Thee-Districte des südlichen und mittelen Clima vielfach zur Zeit der Aernte und Zurichtung besuchte, hat die nasse Bereitung nirgends gefunden, auch davon nichts gehört. Der Thee wird dort überall auf trockenem Wege in ähnlicher Weise wie in Japan, und zwar schwarzer und grüner ohne Unterschied aus allen Aernten und allen Varietäten bereitet. Der Unterschied in der Zurichtung ist nur der, dass die zum grünen Thee bestimmten Blätter schnell, die zum schwarzen langsam zum Welken gebracht werden. Gleichwie andere Pflanzen grünlich bleiben, wenn man ihnen durch Löschpapier oder heissen Sand schnell die Feuchtigkeit entzieht, und braun oder schwärzlich wer- den, wenn sie langsam in der Luft welken, so ist es auch mit dem Thee. Der grüne ist gleich nach der Lese geröstet; die Haupt- manipulation des Dörrens, Rollens und Austrocknens dauert kaum eine Stunde; auch das spätere Nachdörren geht schnell von Statten. Der schwarze Thee dagegen wurde vor dem Rösten mehrere Stunden, oft eine ganze Nacht in dünnen Schichten der Luft ausgesetzt; die Blätter kommen auf die Pfannen nachdem sie schon gewelkt sind und werden auch nach der ersten Behandlung, welche mit der des grünen Thees übereinstimmt, wieder längere Zeit an die Luft gebracht, zuletzt aber langsam fertig geröstet. Die stärkere Narkosis des grünen Thees lässt sich bei solcher Behandlung wohl aus der schneller aufgehaltenen Zersetzung der Säfte erklären. Der japanische Thee ist übrigens, soviel der Verfasser beobachten konnte, weder recht entschieden grün noch schwarz; man scheint bei der Bereitung die Mittelstufen einzuhalten. Die Zurichtung ist allemal von der Beschaffenheit der Blätter abhängig: zarte vertragen nur schwache Röstung wenn sie ihr Aroma behalten sollen, grobe dagegen ver- langen starkes Dörren; daher halten sich die feinen Theesorten
Zurichtung der Theeblätter. Schwarzer und Grüner. VII.
Die nasse Bereitung beschreibt Siebold aus eigener Anschauung: die frisch gelesenen Blätter werden in einem Behälter mit mehreren Böden aus feinem Bambusgeflecht durch siedende Wasserdämpfe rasch zum Welken gebracht, dann gerollt und in eisernen Pfannen getrocknet. Der unter seinen Augen so bereitete Thee hatte eine frische grüne Farbe; er zieht daraus, durch Mittheilungen der Chinesen in Naṅgasaki irre geleitet, den Schluss, dass auch in China der grüne Thee auf nassem, der schwarze auf trockenem Wege bereitet werde, und dass dieser durch Ausschwitzen des grünen Saftes einen Theil seiner narkotischen Wirkung verliere. Der englische Reisende Fortune aber, welcher die Thee-Districte des südlichen und mittelen Clima vielfach zur Zeit der Aernte und Zurichtung besuchte, hat die nasse Bereitung nirgends gefunden, auch davon nichts gehört. Der Thee wird dort überall auf trockenem Wege in ähnlicher Weise wie in Japan, und zwar schwarzer und grüner ohne Unterschied aus allen Aernten und allen Varietäten bereitet. Der Unterschied in der Zurichtung ist nur der, dass die zum grünen Thee bestimmten Blätter schnell, die zum schwarzen langsam zum Welken gebracht werden. Gleichwie andere Pflanzen grünlich bleiben, wenn man ihnen durch Löschpapier oder heissen Sand schnell die Feuchtigkeit entzieht, und braun oder schwärzlich wer- den, wenn sie langsam in der Luft welken, so ist es auch mit dem Thee. Der grüne ist gleich nach der Lese geröstet; die Haupt- manipulation des Dörrens, Rollens und Austrocknens dauert kaum eine Stunde; auch das spätere Nachdörren geht schnell von Statten. Der schwarze Thee dagegen wurde vor dem Rösten mehrere Stunden, oft eine ganze Nacht in dünnen Schichten der Luft ausgesetzt; die Blätter kommen auf die Pfannen nachdem sie schon gewelkt sind und werden auch nach der ersten Behandlung, welche mit der des grünen Thees übereinstimmt, wieder längere Zeit an die Luft gebracht, zuletzt aber langsam fertig geröstet. Die stärkere Narkosis des grünen Thees lässt sich bei solcher Behandlung wohl aus der schneller aufgehaltenen Zersetzung der Säfte erklären. Der japanische Thee ist übrigens, soviel der Verfasser beobachten konnte, weder recht entschieden grün noch schwarz; man scheint bei der Bereitung die Mittelstufen einzuhalten. Die Zurichtung ist allemal von der Beschaffenheit der Blätter abhängig: zarte vertragen nur schwache Röstung wenn sie ihr Aroma behalten sollen, grobe dagegen ver- langen starkes Dörren; daher halten sich die feinen Theesorten
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Zurichtung der Theeblätter. Schwarzer und Grüner. VII.
Die nasse Bereitung beschreibt Siebold aus eigener Anschauung:
die frisch gelesenen Blätter werden in einem Behälter mit mehreren
Böden aus feinem Bambusgeflecht durch siedende Wasserdämpfe
rasch zum Welken gebracht, dann gerollt und in eisernen Pfannen
getrocknet. Der unter seinen Augen so bereitete Thee hatte eine
frische grüne Farbe; er zieht daraus, durch Mittheilungen der
Chinesen in Naṅgasaki irre geleitet, den Schluss, dass auch in
China der grüne Thee auf nassem, der schwarze auf trockenem
Wege bereitet werde, und dass dieser durch Ausschwitzen des grünen
Saftes einen Theil seiner narkotischen Wirkung verliere. Der englische
Reisende Fortune aber, welcher die Thee-Districte des südlichen
und mittelen Clima vielfach zur Zeit der Aernte und Zurichtung
besuchte, hat die nasse Bereitung nirgends gefunden, auch davon
nichts gehört. Der Thee wird dort überall auf trockenem Wege
in ähnlicher Weise wie in Japan, und zwar schwarzer und grüner
ohne Unterschied aus allen Aernten und allen Varietäten bereitet.
Der Unterschied in der Zurichtung ist nur der, dass die zum grünen
Thee bestimmten Blätter schnell, die zum schwarzen langsam zum
Welken gebracht werden. Gleichwie andere Pflanzen grünlich
bleiben, wenn man ihnen durch Löschpapier oder heissen Sand
schnell die Feuchtigkeit entzieht, und braun oder schwärzlich wer-
den, wenn sie langsam in der Luft welken, so ist es auch mit dem
Thee. Der grüne ist gleich nach der Lese geröstet; die Haupt-
manipulation des Dörrens, Rollens und Austrocknens dauert kaum
eine Stunde; auch das spätere Nachdörren geht schnell von Statten.
Der schwarze Thee dagegen wurde vor dem Rösten mehrere Stunden,
oft eine ganze Nacht in dünnen Schichten der Luft ausgesetzt; die
Blätter kommen auf die Pfannen nachdem sie schon gewelkt sind
und werden auch nach der ersten Behandlung, welche mit der des
grünen Thees übereinstimmt, wieder längere Zeit an die Luft gebracht,
zuletzt aber langsam fertig geröstet. Die stärkere Narkosis des
grünen Thees lässt sich bei solcher Behandlung wohl aus der
schneller aufgehaltenen Zersetzung der Säfte erklären. Der japanische
Thee ist übrigens, soviel der Verfasser beobachten konnte, weder
recht entschieden grün noch schwarz; man scheint bei der Bereitung
die Mittelstufen einzuhalten. Die Zurichtung ist allemal von der
Beschaffenheit der Blätter abhängig: zarte vertragen nur schwache
Röstung wenn sie ihr Aroma behalten sollen, grobe dagegen ver-
langen starkes Dörren; daher halten sich die feinen Theesorten
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/98>, abgerufen am 22.11.2024.
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