Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Tau-kwan's Antwort.
würden sie dagegen wortbrüchig und unlenksam, so müssten wir
unsere Soldaten zu tapferer Vertheidigung der Stadt aufrufen,
gleichviel ob Sieg oder Niederlage die Folge wäre. -- Wir fühlen
wohl unseren Undank gegen die kaiserliche Gnade. Mit den wich-
tigsten Aufträgen betraut, waren wir unfähig zur Unterjochung
dieser Feinde Schrecken einzuflössen. Wir erkennen unsere Dreistig-
keit, indem wir diese Anträge stellen, und unsere Verbrechen sind
unzählbar. Mit Furcht und Zittern harren wir bei Ueberreichung
dieser Denkschrift der strengsten Bestrafung."

Tau-kwan antwortete: "Was die Wohlfahrt unzähliger leben-
der Wesen fördert, das muss ich bewilligen. Die Vorstellungen
meiner Diener beweisen die Nothwendigkeit, den Drangsalen ein
Ende zu machen und das Reich zu retten. Deshalb sollen die mit-
getheilten Forderungen erörtert werden. Da die Barbaren sich aus
dem Yan-tse zurückziehen und Tsau-Pau-san (die Citadelle von
Tsin-hae) zurückgeben wollen, so möge der Handel in vier von
den Häfen bewilligt werden; nur Fu-tsau muss ausgenommen sein.
Ihr, meine Beamten, werdet ihnen klar beweisen, dass seit zwei-
hundert Jahren ihr Handel immer friedlich durch die Hon-Kauf-
leute vermittelt wurde, ohne Einmischung der Mandarinen in diese
Dinge. In allen solchen Angelegenheiten führt die Bestimmung der
Preise zu endlosen Auseinandersetzungen, und unsere Beamten sind
der Sprache der verschiedenen Völker unkundig. Die Behörden
können nicht mehr thun, als die einheimischen Händler bestrafen,
die sich Unredlichkeiten zu Schulden kommen lassen. -- Die ersten
sechs Millionen sollen sofort bezahlt werden, als ein Zeichen, dass
wir Wort halten wollen." Dann folgt die Genehmigung der anderen
Bestimmungen. Die Bevollmächtigten sollen den Engländern er-
klären, dass der Kaiser sie mit Offenheit behandele und ihre wich-
tigsten Forderungen bewillige; der Handel müsse nun in Frieden
und Eintracht weitergehen. "Wir werden unsere beschädigten
Festungen ausbessern und nach unserem Bedünken über unsere
Truppen verfügen. Das darf den Barbaren keinen Argwohn ein-
flössen. Habet Acht solche Einrichtungen zu treffen, die für immer
alle Ursachen des Krieges beseitigen, und lasset nichts unvoll-
ständig oder zweifelhaft."

Nachdem der Entwurf des Friedensvertrages zur Bestätigung
nach Pe-kin abgefertigt war, machten -- am 20. August -- die drei
kaiserlichen Commissare Sir Henry Pottinger einen Besuch auf dem

würden sie dagegen wortbrüchig und unlenksam, so müssten wir
unsere Soldaten zu tapferer Vertheidigung der Stadt aufrufen,
gleichviel ob Sieg oder Niederlage die Folge wäre. — Wir fühlen
wohl unseren Undank gegen die kaiserliche Gnade. Mit den wich-
tigsten Aufträgen betraut, waren wir unfähig zur Unterjochung
dieser Feinde Schrecken einzuflössen. Wir erkennen unsere Dreistig-
keit, indem wir diese Anträge stellen, und unsere Verbrechen sind
unzählbar. Mit Furcht und Zittern harren wir bei Ueberreichung
dieser Denkschrift der strengsten Bestrafung.«

Tau-kwaṅ antwortete: »Was die Wohlfahrt unzähliger leben-
der Wesen fördert, das muss ich bewilligen. Die Vorstellungen
meiner Diener beweisen die Nothwendigkeit, den Drangsalen ein
Ende zu machen und das Reich zu retten. Deshalb sollen die mit-
getheilten Forderungen erörtert werden. Da die Barbaren sich aus
dem Yaṅ-tse zurückziehen und Tšau-Pau-šan (die Citadelle von
Tšin-hae) zurückgeben wollen, so möge der Handel in vier von
den Häfen bewilligt werden; nur Fu-tšau muss ausgenommen sein.
Ihr, meine Beamten, werdet ihnen klar beweisen, dass seit zwei-
hundert Jahren ihr Handel immer friedlich durch die Hoṅ-Kauf-
leute vermittelt wurde, ohne Einmischung der Mandarinen in diese
Dinge. In allen solchen Angelegenheiten führt die Bestimmung der
Preise zu endlosen Auseinandersetzungen, und unsere Beamten sind
der Sprache der verschiedenen Völker unkundig. Die Behörden
können nicht mehr thun, als die einheimischen Händler bestrafen,
die sich Unredlichkeiten zu Schulden kommen lassen. — Die ersten
sechs Millionen sollen sofort bezahlt werden, als ein Zeichen, dass
wir Wort halten wollen.« Dann folgt die Genehmigung der anderen
Bestimmungen. Die Bevollmächtigten sollen den Engländern er-
klären, dass der Kaiser sie mit Offenheit behandele und ihre wich-
tigsten Forderungen bewillige; der Handel müsse nun in Frieden
und Eintracht weitergehen. »Wir werden unsere beschädigten
Festungen ausbessern und nach unserem Bedünken über unsere
Truppen verfügen. Das darf den Barbaren keinen Argwohn ein-
flössen. Habet Acht solche Einrichtungen zu treffen, die für immer
alle Ursachen des Krieges beseitigen, und lasset nichts unvoll-
ständig oder zweifelhaft.«

Nachdem der Entwurf des Friedensvertrages zur Bestätigung
nach Pe-kiṅ abgefertigt war, machten — am 20. August — die drei
kaiserlichen Commissare Sir Henry Pottinger einen Besuch auf dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0149" n="127"/><fw place="top" type="header"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/1019725036"><hi rendition="#k">Tau-kwan&#x0307;</hi>&#x2019;s</persName> Antwort.</fw><lb/>
würden sie dagegen wortbrüchig und unlenksam, so müssten wir<lb/>
unsere Soldaten zu tapferer Vertheidigung der Stadt aufrufen,<lb/>
gleichviel ob Sieg oder Niederlage die Folge wäre. &#x2014; Wir fühlen<lb/>
wohl unseren Undank gegen die kaiserliche Gnade. Mit den wich-<lb/>
tigsten Aufträgen betraut, waren wir unfähig zur Unterjochung<lb/>
dieser Feinde Schrecken einzuflössen. Wir erkennen unsere Dreistig-<lb/>
keit, indem wir diese Anträge stellen, und unsere Verbrechen sind<lb/>
unzählbar. Mit Furcht und Zittern harren wir bei Ueberreichung<lb/>
dieser Denkschrift der strengsten Bestrafung.«</p><lb/>
          <p><hi rendition="#k"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/1019725036">Tau-kwan&#x0307;</persName></hi> antwortete: »Was die Wohlfahrt unzähliger leben-<lb/>
der Wesen fördert, das muss ich bewilligen. Die Vorstellungen<lb/>
meiner Diener beweisen die Nothwendigkeit, den Drangsalen ein<lb/>
Ende zu machen und das Reich zu retten. Deshalb sollen die mit-<lb/>
getheilten Forderungen erörtert werden. Da die Barbaren sich aus<lb/>
dem <hi rendition="#k"><placeName>Yan&#x0307;-tse</placeName></hi> zurückziehen und <hi rendition="#k"><placeName>T&#x0161;au-Pau-&#x0161;an</placeName></hi> (die Citadelle von<lb/><hi rendition="#k"><placeName>T&#x0161;in-hae</placeName></hi>) zurückgeben wollen, so möge der Handel in vier von<lb/>
den Häfen bewilligt werden; nur <hi rendition="#k"><placeName>Fu-t&#x0161;au</placeName></hi> muss ausgenommen sein.<lb/>
Ihr, meine Beamten, werdet ihnen klar beweisen, dass seit zwei-<lb/>
hundert Jahren ihr Handel immer friedlich durch die <hi rendition="#k">Hon&#x0307;</hi>-Kauf-<lb/>
leute vermittelt wurde, ohne Einmischung der Mandarinen in diese<lb/>
Dinge. In allen solchen Angelegenheiten führt die Bestimmung der<lb/>
Preise zu endlosen Auseinandersetzungen, und unsere Beamten sind<lb/>
der Sprache der verschiedenen Völker unkundig. Die Behörden<lb/>
können nicht mehr thun, als die einheimischen Händler bestrafen,<lb/>
die sich Unredlichkeiten zu Schulden kommen lassen. &#x2014; Die ersten<lb/>
sechs Millionen sollen sofort bezahlt werden, als ein Zeichen, dass<lb/>
wir Wort halten wollen.« Dann folgt die Genehmigung der anderen<lb/>
Bestimmungen. Die Bevollmächtigten sollen den Engländern er-<lb/>
klären, dass der Kaiser sie mit Offenheit behandele und ihre wich-<lb/>
tigsten Forderungen bewillige; der Handel müsse nun in Frieden<lb/>
und Eintracht weitergehen. »Wir werden unsere beschädigten<lb/>
Festungen ausbessern und nach unserem Bedünken über unsere<lb/>
Truppen verfügen. Das darf den Barbaren keinen Argwohn ein-<lb/>
flössen. Habet Acht solche Einrichtungen zu treffen, die für immer<lb/>
alle Ursachen des Krieges beseitigen, und lasset nichts unvoll-<lb/>
ständig oder zweifelhaft.«</p><lb/>
          <p>Nachdem der Entwurf des Friedensvertrages zur Bestätigung<lb/>
nach <hi rendition="#k"><placeName>Pe-kin&#x0307;</placeName></hi> abgefertigt war, machten &#x2014; am 20. August &#x2014; die drei<lb/>
kaiserlichen Commissare Sir <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119556235">Henry Pottinger</persName> einen Besuch auf dem<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0149] Tau-kwaṅ’s Antwort. würden sie dagegen wortbrüchig und unlenksam, so müssten wir unsere Soldaten zu tapferer Vertheidigung der Stadt aufrufen, gleichviel ob Sieg oder Niederlage die Folge wäre. — Wir fühlen wohl unseren Undank gegen die kaiserliche Gnade. Mit den wich- tigsten Aufträgen betraut, waren wir unfähig zur Unterjochung dieser Feinde Schrecken einzuflössen. Wir erkennen unsere Dreistig- keit, indem wir diese Anträge stellen, und unsere Verbrechen sind unzählbar. Mit Furcht und Zittern harren wir bei Ueberreichung dieser Denkschrift der strengsten Bestrafung.« Tau-kwaṅ antwortete: »Was die Wohlfahrt unzähliger leben- der Wesen fördert, das muss ich bewilligen. Die Vorstellungen meiner Diener beweisen die Nothwendigkeit, den Drangsalen ein Ende zu machen und das Reich zu retten. Deshalb sollen die mit- getheilten Forderungen erörtert werden. Da die Barbaren sich aus dem Yaṅ-tse zurückziehen und Tšau-Pau-šan (die Citadelle von Tšin-hae) zurückgeben wollen, so möge der Handel in vier von den Häfen bewilligt werden; nur Fu-tšau muss ausgenommen sein. Ihr, meine Beamten, werdet ihnen klar beweisen, dass seit zwei- hundert Jahren ihr Handel immer friedlich durch die Hoṅ-Kauf- leute vermittelt wurde, ohne Einmischung der Mandarinen in diese Dinge. In allen solchen Angelegenheiten führt die Bestimmung der Preise zu endlosen Auseinandersetzungen, und unsere Beamten sind der Sprache der verschiedenen Völker unkundig. Die Behörden können nicht mehr thun, als die einheimischen Händler bestrafen, die sich Unredlichkeiten zu Schulden kommen lassen. — Die ersten sechs Millionen sollen sofort bezahlt werden, als ein Zeichen, dass wir Wort halten wollen.« Dann folgt die Genehmigung der anderen Bestimmungen. Die Bevollmächtigten sollen den Engländern er- klären, dass der Kaiser sie mit Offenheit behandele und ihre wich- tigsten Forderungen bewillige; der Handel müsse nun in Frieden und Eintracht weitergehen. »Wir werden unsere beschädigten Festungen ausbessern und nach unserem Bedünken über unsere Truppen verfügen. Das darf den Barbaren keinen Argwohn ein- flössen. Habet Acht solche Einrichtungen zu treffen, die für immer alle Ursachen des Krieges beseitigen, und lasset nichts unvoll- ständig oder zweifelhaft.« Nachdem der Entwurf des Friedensvertrages zur Bestätigung nach Pe-kiṅ abgefertigt war, machten — am 20. August — die drei kaiserlichen Commissare Sir Henry Pottinger einen Besuch auf dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/149
Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/149>, abgerufen am 04.12.2024.