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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Der Feldzug nach Norden.
hätten von da eine ununterbrochene Wasserstrasse bis Tien-tsin
gehabt, die zwar nicht, wie der Yan-tse, zur Beförderung des
Heeres, wohl aber für den Transport von Munition und Vorräthen
geeignet war. Ein anderer Fluss strömt aus der Gegend von Wae-
kin
nach dem Gelben Strom.

Die Thatsache, dass die Tae-pin am 1. September 1853 die
Belagerung von Wae-kin aufhoben und westlich in die Provinz
San-si rückten, beweist, dass die Kaiserlichen stark genug waren,
sie von jener Wasserstrasse abzuschneiden. Westlich marschirend,
nahmen die Rebellen jetzt in rascher Folge einige Städte von
Bedeutung, wandten sich von Pin-yan zuerst östlich, dann nord-
östlich nach der Gebirgskette, welche die Provinzen Ho-nan und
Tsi-li scheidet, überschritten dieselbe auf dem Lin-min-Passe,
schlugen ein Tartarencorps und debouchirten am 29. September in
die Provinz Tsi-li, in welcher Pe-kin liegt. In mehreren Colon-
nen marschirend nahmen sie darauf bis zum 6. October mehrere
Städte, schlugen am 8. eine Schiffbrücke über den Fluss Hu-to
und nahmen am 9. die Kreisstadt Tsin-tsau, wo sie vierzehn Tage
rasteten. Am 25. October gelangten sie an den Kaisercanal und
längs desselben nach der Bezirksstadt Tsin-hae und dem etwas
nördlicher gelegenen Tu-lin, einer offenen kleinen Handelsstadt,
die sie am 28. October besetzten. Sie standen hier nur vier
deutsche Meilen von Tien-tsin und kaum über zwanzig von Pe-kin
entfernt. Ein Streifcorps der Tae-pin erschien am 30. October vor
Tien-tsin, musste aber mit Verlust umkehren. Schon in den
ersten Tagen des November wurde das Heer in Tsin-hae und
Tu-lin von überlegenen Streitkräften eingeschlossen, welche ihm
theils von Kae-fun gefolgt, theils von Pe-kin entgegengesandt
waren; darunter befanden sich die Mandschu-Garnison der Haupt-
stadt und das Aufgebot von zwei Mongolen-Fürsten, 4500 echte
Nomaden, die von jenseit der Grossen Mauer kamen. In Pe-kin
scheint man in grosser Angst gelebt zu haben. Der Kaiser griff
bei Aufbietung der Mongolen zu seinem letzten Mittel; denn die
Mandschu rufen ungern diese Fürsten zu Hülfe, welche, ihrer Ab-
stammung von Dzengis-Khan eingedenk, die Herrschaft nicht
nur über China, sondern über ganz Asien beanspruchen. Die be-
rittenen Nomaden, denen sie gebieten, zählen nach Hunderttausen-
den; ihnen könnten die Mandschu nicht widerstehen, wenn sie ein-
mal über das Reich hereinbrächen. Deshalb suchte die Tsin-

Der Feldzug nach Norden.
hätten von da eine ununterbrochene Wasserstrasse bis Tien-tsin
gehabt, die zwar nicht, wie der Yaṅ-tse, zur Beförderung des
Heeres, wohl aber für den Transport von Munition und Vorräthen
geeignet war. Ein anderer Fluss strömt aus der Gegend von Wae-
kiṅ
nach dem Gelben Strom.

Die Thatsache, dass die Tae-piṅ am 1. September 1853 die
Belagerung von Wae-kiṅ aufhoben und westlich in die Provinz
Šan-si rückten, beweist, dass die Kaiserlichen stark genug waren,
sie von jener Wasserstrasse abzuschneiden. Westlich marschirend,
nahmen die Rebellen jetzt in rascher Folge einige Städte von
Bedeutung, wandten sich von Piṅ-yaṅ zuerst östlich, dann nord-
östlich nach der Gebirgskette, welche die Provinzen Ho-nan und
Tši-li scheidet, überschritten dieselbe auf dem Lin-miṅ-Passe,
schlugen ein Tartarencorps und debouchirten am 29. September in
die Provinz Tši-li, in welcher Pe-kiṅ liegt. In mehreren Colon-
nen marschirend nahmen sie darauf bis zum 6. October mehrere
Städte, schlugen am 8. eine Schiffbrücke über den Fluss Hu-to
und nahmen am 9. die Kreisstadt Tsin-tšau, wo sie vierzehn Tage
rasteten. Am 25. October gelangten sie an den Kaisercanal und
längs desselben nach der Bezirksstadt Tsiṅ-hae und dem etwas
nördlicher gelegenen Tu-lin, einer offenen kleinen Handelsstadt,
die sie am 28. October besetzten. Sie standen hier nur vier
deutsche Meilen von Tien-tsin und kaum über zwanzig von Pe-kiṅ
entfernt. Ein Streifcorps der Tae-piṅ erschien am 30. October vor
Tien-tsin, musste aber mit Verlust umkehren. Schon in den
ersten Tagen des November wurde das Heer in Tsiṅ-hae und
Tu-lin von überlegenen Streitkräften eingeschlossen, welche ihm
theils von Kae-fuṅ gefolgt, theils von Pe-kiṅ entgegengesandt
waren; darunter befanden sich die Mandschu-Garnison der Haupt-
stadt und das Aufgebot von zwei Mongolen-Fürsten, 4500 echte
Nomaden, die von jenseit der Grossen Mauer kamen. In Pe-kiṅ
scheint man in grosser Angst gelebt zu haben. Der Kaiser griff
bei Aufbietung der Mongolen zu seinem letzten Mittel; denn die
Mandschu rufen ungern diese Fürsten zu Hülfe, welche, ihrer Ab-
stammung von Džengis-Khan eingedenk, die Herrschaft nicht
nur über China, sondern über ganz Asien beanspruchen. Die be-
rittenen Nomaden, denen sie gebieten, zählen nach Hunderttausen-
den; ihnen könnten die Mandschu nicht widerstehen, wenn sie ein-
mal über das Reich hereinbrächen. Deshalb suchte die Tsiṅ-

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[194/0216] Der Feldzug nach Norden. hätten von da eine ununterbrochene Wasserstrasse bis Tien-tsin gehabt, die zwar nicht, wie der Yaṅ-tse, zur Beförderung des Heeres, wohl aber für den Transport von Munition und Vorräthen geeignet war. Ein anderer Fluss strömt aus der Gegend von Wae- kiṅ nach dem Gelben Strom. Die Thatsache, dass die Tae-piṅ am 1. September 1853 die Belagerung von Wae-kiṅ aufhoben und westlich in die Provinz Šan-si rückten, beweist, dass die Kaiserlichen stark genug waren, sie von jener Wasserstrasse abzuschneiden. Westlich marschirend, nahmen die Rebellen jetzt in rascher Folge einige Städte von Bedeutung, wandten sich von Piṅ-yaṅ zuerst östlich, dann nord- östlich nach der Gebirgskette, welche die Provinzen Ho-nan und Tši-li scheidet, überschritten dieselbe auf dem Lin-miṅ-Passe, schlugen ein Tartarencorps und debouchirten am 29. September in die Provinz Tši-li, in welcher Pe-kiṅ liegt. In mehreren Colon- nen marschirend nahmen sie darauf bis zum 6. October mehrere Städte, schlugen am 8. eine Schiffbrücke über den Fluss Hu-to und nahmen am 9. die Kreisstadt Tsin-tšau, wo sie vierzehn Tage rasteten. Am 25. October gelangten sie an den Kaisercanal und längs desselben nach der Bezirksstadt Tsiṅ-hae und dem etwas nördlicher gelegenen Tu-lin, einer offenen kleinen Handelsstadt, die sie am 28. October besetzten. Sie standen hier nur vier deutsche Meilen von Tien-tsin und kaum über zwanzig von Pe-kiṅ entfernt. Ein Streifcorps der Tae-piṅ erschien am 30. October vor Tien-tsin, musste aber mit Verlust umkehren. Schon in den ersten Tagen des November wurde das Heer in Tsiṅ-hae und Tu-lin von überlegenen Streitkräften eingeschlossen, welche ihm theils von Kae-fuṅ gefolgt, theils von Pe-kiṅ entgegengesandt waren; darunter befanden sich die Mandschu-Garnison der Haupt- stadt und das Aufgebot von zwei Mongolen-Fürsten, 4500 echte Nomaden, die von jenseit der Grossen Mauer kamen. In Pe-kiṅ scheint man in grosser Angst gelebt zu haben. Der Kaiser griff bei Aufbietung der Mongolen zu seinem letzten Mittel; denn die Mandschu rufen ungern diese Fürsten zu Hülfe, welche, ihrer Ab- stammung von Džengis-Khan eingedenk, die Herrschaft nicht nur über China, sondern über ganz Asien beanspruchen. Die be- rittenen Nomaden, denen sie gebieten, zählen nach Hunderttausen- den; ihnen könnten die Mandschu nicht widerstehen, wenn sie ein- mal über das Reich hereinbrächen. Deshalb suchte die Tsiṅ-

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/216>, abgerufen am 21.11.2024.