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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Die Portugiesen.
die besseren scheinen wilde Abenteurer gewesen zu sein, denen
der Ruhm tollkühner Anschläge weit mehr galt als Unbescholtenheit;
die Menge der Ankömmlinge aber zeigte sich knechtisch und krie-
chend gegen überlegene Macht, zu jedem Opfer der Ehre bereit,
wo es ihr Vortheil erheischte; brutal, gewaltsam, treulos und jeden
Verbrechens fähig, wo sie als die Stärkeren dadurch Gewinn erzielen
konnten. Kein Wunder, wenn die Chinesen sie als feige Banditen
ansahen und behandelten.

Als bald nach den Portugiesen die Holländer und die Eng-
länder erschienen, machten die Fehden und die oft in Gewaltthat
ausartende Eifersucht dieser in Tracht und Antlitz einander so
ähnlichen Europäer den schlechtesten Eindruck; alle Fremden galten
für Hallunken, die keine andere Leidenschaft hätten als schranken-
lose Gewinnsucht, und kein Mittel verschmähten, das zur Befriedi-
gung ihrer Habgier führte. Die eifersüchtigen Ränke unter den
verschiedenen Mönchsorden, welche in China auftraten, die leiden-
schaftliche Erbitterung und parteiliche Eitelkeit, mit welcher sie
ihre Lehrstreitigkeiten führten, die widersprechenden Entscheidun-
gen der Päpste und deren Eingriffe in die Hoheitsrechte der chi-
nesischen Kaiser brachten dann auch den Christenglauben in Miss-
credit bei den Machthabern. Geringschätzung, Argwohn und syste-
matische Ausschliessung waren die natürlichen Folgen.

Der früheste Verkehr der seefahrenden Nationen mit China
soll hier nur in allgemeinen Umrissen gezeichnet werden; eine
kritische Geschichte desselben liegt ausser dem Bereiche dieser
Blätter. Für die späteren Perioden hat man nur mit den Resultaten
dieses Abschnittes zu rechnen, die klarer zu Tage liegen als die
Ereignisse.

Die ersten Seefahrten der Portugiesen nach China folgten
bald auf die Gründung von Malacca. Von da sandte Alfons Albu-
querque
1516 den Rafael Perestrello in einer chinesischen Dschunke
ab, welche nach der Mündung des Tsu-kian 4) segelte. Perestrello
scheint freundlich behandelt und nach Malacca zurückgekehrt zu
sein, wo ein Geschwader von acht Schiffen ausgerüstet wurde, das
unter Perez de Andrade 1517 vor dem Perl-Flusse erschien. Die

4) Perl Fluss, Tiger-Fluss, Kan-ton-Fluss und Tsu-kian bedeuten ein und den-
selben Strom, dessen nördliche Mündung seit der Zeit der Portugiesen Bocca Tigris
heisst. Ein südlicher Arm mündet bei Macao in das Meer. Zwischen beiden fliesst
ein Labyrinth enger Rinnsale.

Die Portugiesen.
die besseren scheinen wilde Abenteurer gewesen zu sein, denen
der Ruhm tollkühner Anschläge weit mehr galt als Unbescholtenheit;
die Menge der Ankömmlinge aber zeigte sich knechtisch und krie-
chend gegen überlegene Macht, zu jedem Opfer der Ehre bereit,
wo es ihr Vortheil erheischte; brutal, gewaltsam, treulos und jeden
Verbrechens fähig, wo sie als die Stärkeren dadurch Gewinn erzielen
konnten. Kein Wunder, wenn die Chinesen sie als feige Banditen
ansahen und behandelten.

Als bald nach den Portugiesen die Holländer und die Eng-
länder erschienen, machten die Fehden und die oft in Gewaltthat
ausartende Eifersucht dieser in Tracht und Antlitz einander so
ähnlichen Europäer den schlechtesten Eindruck; alle Fremden galten
für Hallunken, die keine andere Leidenschaft hätten als schranken-
lose Gewinnsucht, und kein Mittel verschmähten, das zur Befriedi-
gung ihrer Habgier führte. Die eifersüchtigen Ränke unter den
verschiedenen Mönchsorden, welche in China auftraten, die leiden-
schaftliche Erbitterung und parteiliche Eitelkeit, mit welcher sie
ihre Lehrstreitigkeiten führten, die widersprechenden Entscheidun-
gen der Päpste und deren Eingriffe in die Hoheitsrechte der chi-
nesischen Kaiser brachten dann auch den Christenglauben in Miss-
credit bei den Machthabern. Geringschätzung, Argwohn und syste-
matische Ausschliessung waren die natürlichen Folgen.

Der früheste Verkehr der seefahrenden Nationen mit China
soll hier nur in allgemeinen Umrissen gezeichnet werden; eine
kritische Geschichte desselben liegt ausser dem Bereiche dieser
Blätter. Für die späteren Perioden hat man nur mit den Resultaten
dieses Abschnittes zu rechnen, die klarer zu Tage liegen als die
Ereignisse.

Die ersten Seefahrten der Portugiesen nach China folgten
bald auf die Gründung von Malacca. Von da sandte Alfons Albu-
querque
1516 den Rafael Perestrello in einer chinesischen Dschunke
ab, welche nach der Mündung des Tšu-kiaṅ 4) segelte. Perestrello
scheint freundlich behandelt und nach Malacca zurückgekehrt zu
sein, wo ein Geschwader von acht Schiffen ausgerüstet wurde, das
unter Perez de Andrade 1517 vor dem Perl-Flusse erschien. Die

4) Perl Fluss, Tiger-Fluss, Kan-ton-Fluss und Tšu-kiaṅ bedeuten ein und den-
selben Strom, dessen nördliche Mündung seit der Zeit der Portugiesen Bocca Tigris
heisst. Ein südlicher Arm mündet bei Macao in das Meer. Zwischen beiden fliesst
ein Labyrinth enger Rinnsale.
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[7/0029] Die Portugiesen. die besseren scheinen wilde Abenteurer gewesen zu sein, denen der Ruhm tollkühner Anschläge weit mehr galt als Unbescholtenheit; die Menge der Ankömmlinge aber zeigte sich knechtisch und krie- chend gegen überlegene Macht, zu jedem Opfer der Ehre bereit, wo es ihr Vortheil erheischte; brutal, gewaltsam, treulos und jeden Verbrechens fähig, wo sie als die Stärkeren dadurch Gewinn erzielen konnten. Kein Wunder, wenn die Chinesen sie als feige Banditen ansahen und behandelten. Als bald nach den Portugiesen die Holländer und die Eng- länder erschienen, machten die Fehden und die oft in Gewaltthat ausartende Eifersucht dieser in Tracht und Antlitz einander so ähnlichen Europäer den schlechtesten Eindruck; alle Fremden galten für Hallunken, die keine andere Leidenschaft hätten als schranken- lose Gewinnsucht, und kein Mittel verschmähten, das zur Befriedi- gung ihrer Habgier führte. Die eifersüchtigen Ränke unter den verschiedenen Mönchsorden, welche in China auftraten, die leiden- schaftliche Erbitterung und parteiliche Eitelkeit, mit welcher sie ihre Lehrstreitigkeiten führten, die widersprechenden Entscheidun- gen der Päpste und deren Eingriffe in die Hoheitsrechte der chi- nesischen Kaiser brachten dann auch den Christenglauben in Miss- credit bei den Machthabern. Geringschätzung, Argwohn und syste- matische Ausschliessung waren die natürlichen Folgen. Der früheste Verkehr der seefahrenden Nationen mit China soll hier nur in allgemeinen Umrissen gezeichnet werden; eine kritische Geschichte desselben liegt ausser dem Bereiche dieser Blätter. Für die späteren Perioden hat man nur mit den Resultaten dieses Abschnittes zu rechnen, die klarer zu Tage liegen als die Ereignisse. Die ersten Seefahrten der Portugiesen nach China folgten bald auf die Gründung von Malacca. Von da sandte Alfons Albu- querque 1516 den Rafael Perestrello in einer chinesischen Dschunke ab, welche nach der Mündung des Tšu-kiaṅ 4) segelte. Perestrello scheint freundlich behandelt und nach Malacca zurückgekehrt zu sein, wo ein Geschwader von acht Schiffen ausgerüstet wurde, das unter Perez de Andrade 1517 vor dem Perl-Flusse erschien. Die 4) Perl Fluss, Tiger-Fluss, Kan-ton-Fluss und Tšu-kiaṅ bedeuten ein und den- selben Strom, dessen nördliche Mündung seit der Zeit der Portugiesen Bocca Tigris heisst. Ein südlicher Arm mündet bei Macao in das Meer. Zwischen beiden fliesst ein Labyrinth enger Rinnsale.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/29>, abgerufen am 21.11.2024.