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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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XIII. Missionare in Nan-kin.
dass die Missionare bei dem Soldatenvolk Schaden nehmen, und dass
es ernste Folgen haben könnte. Aber ich sehe gewiss, dass diese
(Prediger) aufrichtige redliche Menschen sind, die es für nichts achten,
mit Christus zu leiden. Deshalb schätze ich sie hoch.

Die Könige müssen alle Beamten und Anderen anweisen, gegen
diese Männer liebevoll zu handeln und durchaus keinen Streit oder
Zwiespalt zu erregen. Alle sollen wissen, dass der Vater, mein Pflege-
vater, mein Vater und ich eine Familie sind, und diese Männer müssen
mit ausnehmender Güte behandelt werden."

Im Januar 1861 ging der Missionar Muirhead zunächst nach
Su-tsau. Alle Bewohner waren vertrieben, durch die geschlosse-
nen Stadtthore wurden nur Tae-pin eingelassen; so schalteten sie
in allen genommenen Städten aus Furcht vor Verrath und Ueber-
rumpelung. Von einem Diener des Gouverneurs begleitet predigte
Herr Muirhead in den verwüsteten Strassen. Die Zuhörer schienen
ihm vertraut mit den grossen Wahrheiten und zugänglich für die
Lehren des Christenthums. In allen amtlichen Maueranschlägen
war von der "ausnehmenden Gnade Gottes", der "vorsorgenden Güte
des himmlischen Vaters" und dem "Werke Christi" die Rede; nur
die Verschmelzung des Tien-wan mit der Gottheit machte Herrn
Muirhead etwas stutzig. -- Auf seinem Wege nach Nan-kin fand
er alle Tempel in Trümmern, die Götzenbilder zerschlagen, in den
Städten die gleiche Verwüstung wie in Su-tsau. In Nan-kin
wohnte er bei Herrn Roberts. Der Kan-wan 131) empfing ihn sehr
herzlich: "er schien erfreut, eine alte Bekanntschaft zu erneuen,
und schwatzte gefällig über sich selbst und das Werk der Ver-
christlichung seiner Untergebenen". Hun-dzin war damals erster
Minister; er versprach nachzudenken über Herrn Muirhead's Vor-
haben, in Nan-kin und der Umgegend zu predigen, und ertheilte
ihm Tags darauf mündlich folgenden Bescheid: Der Zustand der
Stadt und des Landes mache das Predigen kaum rathsam; der Arg-
wohn des Volkes müsse erst durch Proclamationen beschwichtigt
werden. Unter friedlichen Verhältnissen würde er seine Beamten
zu Aufbietung ihres Einflusses anweisen; er rüste aber grade eine
Armee und wisse nicht, ob der Herrscher die nöthigen Anordnun-
gen billigen möge; jedenfalls riethe er zum Aufschub, und beson-

131) Der Kan-wan ist Hun-dzin, der Vetter des Tien-wan, der dessen Be-
kehrungsgeschichte schrieb und den Missionaren in Hong-kong mehrere Jahre als
Katechist und Prediger diente. S. S. 270 ff.

XIII. Missionare in Nan-kiṅ.
dass die Missionare bei dem Soldatenvolk Schaden nehmen, und dass
es ernste Folgen haben könnte. Aber ich sehe gewiss, dass diese
(Prediger) aufrichtige redliche Menschen sind, die es für nichts achten,
mit Christus zu leiden. Deshalb schätze ich sie hoch.

Die Könige müssen alle Beamten und Anderen anweisen, gegen
diese Männer liebevoll zu handeln und durchaus keinen Streit oder
Zwiespalt zu erregen. Alle sollen wissen, dass der Vater, mein Pflege-
vater, mein Vater und ich eine Familie sind, und diese Männer müssen
mit ausnehmender Güte behandelt werden.«

Im Januar 1861 ging der Missionar Muirhead zunächst nach
Su-tšau. Alle Bewohner waren vertrieben, durch die geschlosse-
nen Stadtthore wurden nur Tae-piṅ eingelassen; so schalteten sie
in allen genommenen Städten aus Furcht vor Verrath und Ueber-
rumpelung. Von einem Diener des Gouverneurs begleitet predigte
Herr Muirhead in den verwüsteten Strassen. Die Zuhörer schienen
ihm vertraut mit den grossen Wahrheiten und zugänglich für die
Lehren des Christenthums. In allen amtlichen Maueranschlägen
war von der »ausnehmenden Gnade Gottes«, der »vorsorgenden Güte
des himmlischen Vaters« und dem »Werke Christi« die Rede; nur
die Verschmelzung des Tien-waṅ mit der Gottheit machte Herrn
Muirhead etwas stutzig. — Auf seinem Wege nach Nan-kiṅ fand
er alle Tempel in Trümmern, die Götzenbilder zerschlagen, in den
Städten die gleiche Verwüstung wie in Su-tšau. In Nan-kiṅ
wohnte er bei Herrn Roberts. Der Kan-waṅ 131) empfing ihn sehr
herzlich: »er schien erfreut, eine alte Bekanntschaft zu erneuen,
und schwatzte gefällig über sich selbst und das Werk der Ver-
christlichung seiner Untergebenen«. Huṅ-džin war damals erster
Minister; er versprach nachzudenken über Herrn Muirhead’s Vor-
haben, in Nan-kiṅ und der Umgegend zu predigen, und ertheilte
ihm Tags darauf mündlich folgenden Bescheid: Der Zustand der
Stadt und des Landes mache das Predigen kaum rathsam; der Arg-
wohn des Volkes müsse erst durch Proclamationen beschwichtigt
werden. Unter friedlichen Verhältnissen würde er seine Beamten
zu Aufbietung ihres Einflusses anweisen; er rüste aber grade eine
Armee und wisse nicht, ob der Herrscher die nöthigen Anordnun-
gen billigen möge; jedenfalls riethe er zum Aufschub, und beson-

131) Der Kan-waṅ ist Huṅ-džin, der Vetter des Tien-waṅ, der dessen Be-
kehrungsgeschichte schrieb und den Missionaren in Hong-kong mehrere Jahre als
Katechist und Prediger diente. S. S. 270 ff.
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[407/0429] XIII. Missionare in Nan-kiṅ. dass die Missionare bei dem Soldatenvolk Schaden nehmen, und dass es ernste Folgen haben könnte. Aber ich sehe gewiss, dass diese (Prediger) aufrichtige redliche Menschen sind, die es für nichts achten, mit Christus zu leiden. Deshalb schätze ich sie hoch. Die Könige müssen alle Beamten und Anderen anweisen, gegen diese Männer liebevoll zu handeln und durchaus keinen Streit oder Zwiespalt zu erregen. Alle sollen wissen, dass der Vater, mein Pflege- vater, mein Vater und ich eine Familie sind, und diese Männer müssen mit ausnehmender Güte behandelt werden.« Im Januar 1861 ging der Missionar Muirhead zunächst nach Su-tšau. Alle Bewohner waren vertrieben, durch die geschlosse- nen Stadtthore wurden nur Tae-piṅ eingelassen; so schalteten sie in allen genommenen Städten aus Furcht vor Verrath und Ueber- rumpelung. Von einem Diener des Gouverneurs begleitet predigte Herr Muirhead in den verwüsteten Strassen. Die Zuhörer schienen ihm vertraut mit den grossen Wahrheiten und zugänglich für die Lehren des Christenthums. In allen amtlichen Maueranschlägen war von der »ausnehmenden Gnade Gottes«, der »vorsorgenden Güte des himmlischen Vaters« und dem »Werke Christi« die Rede; nur die Verschmelzung des Tien-waṅ mit der Gottheit machte Herrn Muirhead etwas stutzig. — Auf seinem Wege nach Nan-kiṅ fand er alle Tempel in Trümmern, die Götzenbilder zerschlagen, in den Städten die gleiche Verwüstung wie in Su-tšau. In Nan-kiṅ wohnte er bei Herrn Roberts. Der Kan-waṅ 131) empfing ihn sehr herzlich: »er schien erfreut, eine alte Bekanntschaft zu erneuen, und schwatzte gefällig über sich selbst und das Werk der Ver- christlichung seiner Untergebenen«. Huṅ-džin war damals erster Minister; er versprach nachzudenken über Herrn Muirhead’s Vor- haben, in Nan-kiṅ und der Umgegend zu predigen, und ertheilte ihm Tags darauf mündlich folgenden Bescheid: Der Zustand der Stadt und des Landes mache das Predigen kaum rathsam; der Arg- wohn des Volkes müsse erst durch Proclamationen beschwichtigt werden. Unter friedlichen Verhältnissen würde er seine Beamten zu Aufbietung ihres Einflusses anweisen; er rüste aber grade eine Armee und wisse nicht, ob der Herrscher die nöthigen Anordnun- gen billigen möge; jedenfalls riethe er zum Aufschub, und beson- 131) Der Kan-waṅ ist Huṅ-džin, der Vetter des Tien-waṅ, der dessen Be- kehrungsgeschichte schrieb und den Missionaren in Hong-kong mehrere Jahre als Katechist und Prediger diente. S. S. 270 ff.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/429>, abgerufen am 22.11.2024.