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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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Das Gesandtschaftsrecht zugestanden. XVI.
Verhältnisse, welche Herrn Marques gänzlich fehlte, Herrn de Me-
ritens
aber befähigte, sich auf den Standpunct der preussischen
Forderungen zu stellen und sie durch plausible Gründe zu unter-
stützen, machten ihn zu diesem Amte sehr geeignet. -- Graf Eulen-
burg
liess nun zunächst das Schreiben der Commissare vom 29. Juli
unbeantwortet, was dieselben sehr beunruhigte. Sie schrieben täg-
lich an Herrn de Meritens oder liessen ihn um Unterredungen
bitten, um nach dem Eindruck ihres Schreibens und der wahrschein-
lichen Antwort zu forschen, und liessen sich allmälig einreden, dass
Graf Eulenburg sehr aufgebracht, und an Fortsetzung der Ver-
handlungen garnicht zu denken sei, wenn sie nicht den grössten
Theil ihrer Einwendungen zurückzögen.

Auf des Prinzen Note antwortete der Gesandte unter Wie-
derholung seiner Argumente abermals ablehnend, und erbot sich
nur die rücksichtvolle Erwägung der eventuell für den weiteren
Aufschub geltend zu machenden Gründe seitens der preussischen
Regierung in einem amtlichen Schreiben an den Prinzen zu ver-
sprechen. Dieser fügte sich endlich. In einer langen Note erklärte
er dem Gesandten am 2. August, dass auf die von demselben ge-
nannte Bedingung der Separat-Artikel in dessen Fassung angenom-
men werden solle. Er begründet und entschuldigt gleichsam den
bis dahin geleisteten Widerstand: "der Prinz fühlt das Bedürfniss,
nachdem er sich die Vorstellungen des Grafen zu eigen gemacht,
seiner Excellenz zu erklären, dass er bei dem Verlangen, die er-
wähnten Versicherungen im Separat-Artikel niedergelegt zu sehen,
nur den Gedanken hatte, in definitiver Weise alle Eventualitäten zu
regeln, die zwischen den beiden Regierungen eintreten könnten."

Somit wurde Preussen das wichtigste Ehrenrecht eingeräumt,
-- ohne welches nach den früheren Erfahrungen alle Verträge mit
China illusorisch waren, -- trotz den Erklärungen des englischen
und des französischen Gesandten, welche die Gewährung anfangs
unmöglich glaubten. Unzweifelhaft haben Herr von Bourboulon
und besonders Herr Bruce, dessen Unlust zu schreiben ihn ganz
unthätig erscheinen liess, Graf Eulenburg's Forderungen lebhaft
unterstützt; wahrscheinlich hätte es aber so harten Kampfes gar-
nicht bedurft, wenn nicht die Dolmetscher von vorn herein geäussert
hätten, auf politische Rechte werde Preussen keinen Anspruch
machen. Das Grafen zähe Willenskraft wirkte auch hier entscheidend:
ernstlich redeten die beiden Gesandten erst nach unserem Attentat

Das Gesandtschaftsrecht zugestanden. XVI.
Verhältnisse, welche Herrn Marques gänzlich fehlte, Herrn de Mé-
ritens
aber befähigte, sich auf den Standpunct der preussischen
Forderungen zu stellen und sie durch plausible Gründe zu unter-
stützen, machten ihn zu diesem Amte sehr geeignet. — Graf Eulen-
burg
liess nun zunächst das Schreiben der Commissare vom 29. Juli
unbeantwortet, was dieselben sehr beunruhigte. Sie schrieben täg-
lich an Herrn de Méritens oder liessen ihn um Unterredungen
bitten, um nach dem Eindruck ihres Schreibens und der wahrschein-
lichen Antwort zu forschen, und liessen sich allmälig einreden, dass
Graf Eulenburg sehr aufgebracht, und an Fortsetzung der Ver-
handlungen garnicht zu denken sei, wenn sie nicht den grössten
Theil ihrer Einwendungen zurückzögen.

Auf des Prinzen Note antwortete der Gesandte unter Wie-
derholung seiner Argumente abermals ablehnend, und erbot sich
nur die rücksichtvolle Erwägung der eventuell für den weiteren
Aufschub geltend zu machenden Gründe seitens der preussischen
Regierung in einem amtlichen Schreiben an den Prinzen zu ver-
sprechen. Dieser fügte sich endlich. In einer langen Note erklärte
er dem Gesandten am 2. August, dass auf die von demselben ge-
nannte Bedingung der Separat-Artikel in dessen Fassung angenom-
men werden solle. Er begründet und entschuldigt gleichsam den
bis dahin geleisteten Widerstand: »der Prinz fühlt das Bedürfniss,
nachdem er sich die Vorstellungen des Grafen zu eigen gemacht,
seiner Excellenz zu erklären, dass er bei dem Verlangen, die er-
wähnten Versicherungen im Separat-Artikel niedergelegt zu sehen,
nur den Gedanken hatte, in definitiver Weise alle Eventualitäten zu
regeln, die zwischen den beiden Regierungen eintreten könnten.«

Somit wurde Preussen das wichtigste Ehrenrecht eingeräumt,
— ohne welches nach den früheren Erfahrungen alle Verträge mit
China illusorisch waren, — trotz den Erklärungen des englischen
und des französischen Gesandten, welche die Gewährung anfangs
unmöglich glaubten. Unzweifelhaft haben Herr von Bourboulon
und besonders Herr Bruce, dessen Unlust zu schreiben ihn ganz
unthätig erscheinen liess, Graf Eulenburg’s Forderungen lebhaft
unterstützt; wahrscheinlich hätte es aber so harten Kampfes gar-
nicht bedurft, wenn nicht die Dolmetscher von vorn herein geäussert
hätten, auf politische Rechte werde Preussen keinen Anspruch
machen. Das Grafen zähe Willenskraft wirkte auch hier entscheidend:
ernstlich redeten die beiden Gesandten erst nach unserem Attentat

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[88/0102] Das Gesandtschaftsrecht zugestanden. XVI. Verhältnisse, welche Herrn Marques gänzlich fehlte, Herrn de Mé- ritens aber befähigte, sich auf den Standpunct der preussischen Forderungen zu stellen und sie durch plausible Gründe zu unter- stützen, machten ihn zu diesem Amte sehr geeignet. — Graf Eulen- burg liess nun zunächst das Schreiben der Commissare vom 29. Juli unbeantwortet, was dieselben sehr beunruhigte. Sie schrieben täg- lich an Herrn de Méritens oder liessen ihn um Unterredungen bitten, um nach dem Eindruck ihres Schreibens und der wahrschein- lichen Antwort zu forschen, und liessen sich allmälig einreden, dass Graf Eulenburg sehr aufgebracht, und an Fortsetzung der Ver- handlungen garnicht zu denken sei, wenn sie nicht den grössten Theil ihrer Einwendungen zurückzögen. Auf des Prinzen Note antwortete der Gesandte unter Wie- derholung seiner Argumente abermals ablehnend, und erbot sich nur die rücksichtvolle Erwägung der eventuell für den weiteren Aufschub geltend zu machenden Gründe seitens der preussischen Regierung in einem amtlichen Schreiben an den Prinzen zu ver- sprechen. Dieser fügte sich endlich. In einer langen Note erklärte er dem Gesandten am 2. August, dass auf die von demselben ge- nannte Bedingung der Separat-Artikel in dessen Fassung angenom- men werden solle. Er begründet und entschuldigt gleichsam den bis dahin geleisteten Widerstand: »der Prinz fühlt das Bedürfniss, nachdem er sich die Vorstellungen des Grafen zu eigen gemacht, seiner Excellenz zu erklären, dass er bei dem Verlangen, die er- wähnten Versicherungen im Separat-Artikel niedergelegt zu sehen, nur den Gedanken hatte, in definitiver Weise alle Eventualitäten zu regeln, die zwischen den beiden Regierungen eintreten könnten.« Somit wurde Preussen das wichtigste Ehrenrecht eingeräumt, — ohne welches nach den früheren Erfahrungen alle Verträge mit China illusorisch waren, — trotz den Erklärungen des englischen und des französischen Gesandten, welche die Gewährung anfangs unmöglich glaubten. Unzweifelhaft haben Herr von Bourboulon und besonders Herr Bruce, dessen Unlust zu schreiben ihn ganz unthätig erscheinen liess, Graf Eulenburg’s Forderungen lebhaft unterstützt; wahrscheinlich hätte es aber so harten Kampfes gar- nicht bedurft, wenn nicht die Dolmetscher von vorn herein geäussert hätten, auf politische Rechte werde Preussen keinen Anspruch machen. Das Grafen zähe Willenskraft wirkte auch hier entscheidend: ernstlich redeten die beiden Gesandten erst nach unserem Attentat

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/102>, abgerufen am 24.11.2024.