des Feindes nachher ringsum geschlossen wurden, sondern um das Ausreissen der eigenen Truppen zu hindern.
Der englische Commandant Major Eager hauste mit sieben Officieren und einem Arzt von seinem Regiment nun schon ein Jahr in diesem trostlosen Winkel. Im November friert der Fluss zu, aller Verkehr mit der Rhede muss aufhören; meilenweit schiebt sich der Eisrand in die See hinaus und die Werke liegen in dicke Eismassen eingebettet. So bleibt es bis zum März. Die englische Besatzung hatte sich längs der Wälle Kasematten mit dicken Wän- den gebaut und während des Winters mit den ungeheueren Balken des Gerippes geheizt, welches den Werken Festigkeit verlieh. Noch war reichlicher Vorrath da. -- Das Speisezimmer der Officiere prangte mit chinesischen Carricaturen der rothhaarigen Barbaren; Major Eager und seine Kameraden bewirtheten uns dort sehr freundschaftlich, und man konnte nur staunen, wie bequem und angenehm sie sich ihre Verbannung zu machen wussten, wie heiter sie ihr Schicksal trugen. Der Abend verging im traulichen Ge- spräch.
Am 13. October Morgens brachte der Clown uns auf die Rhede hinaus. Das englische Fort salutirte nochmals den Ge- sandten und Arkona antwortete; deutlich sah man jeden Schuss, hörte aber des widrigen Windes wegen keinen Laut. Gegen halb elf warf das Kanonenboot bei der Corvette Anker und setzte nach unserer Ausschiffung seine Fahrt nach Tsi-fu fort. Capitän Sunde- wall empfing mit sämmtlichen Officieren, Cadetten und Beamten den Gesandten an Deck. Das Schiff war neu gemalt und lag recht stolz im hellen Sonnenschein. Die Mannschaft schien heiter und gesund. -- Nah der Arkona ankerte der englische Dampfer Vulcan mit Fane's Reitern an Bord; ihre Pferde wurden in Tien-tsin ver- kauft. Der Commandeur und einige Officiere sagten dem Gesandten auf der Arkona Lebewohl, in Nangasaki sollten wir sie wieder- sehen. -- Gegen zwei lichtete Arkona die Anker und umkreiste unter klingendem Spiel den Vulcan; Fane's dunkele Reiter grüssten mit gellendem Hurra und unser Schiff wandte sich ostwärts, mit leichtem günstigem Wind das gekräuselte Wasser durchfurchend.
Das Wetter blieb schön; am 14. October ankerte Arkona um ein Uhr Nachmittags in der Bucht von Tsi-fu neben der Elbe, deren Commandant Lieutenant z. S. Werner sofort an Bord des Flaggen- schiffes kam und traurige Dinge berichtete. Die Rebellen waren gegen
Einschiffung. XVIII.
des Feindes nachher ringsum geschlossen wurden, sondern um das Ausreissen der eigenen Truppen zu hindern.
Der englische Commandant Major Eager hauste mit sieben Officieren und einem Arzt von seinem Regiment nun schon ein Jahr in diesem trostlosen Winkel. Im November friert der Fluss zu, aller Verkehr mit der Rhede muss aufhören; meilenweit schiebt sich der Eisrand in die See hinaus und die Werke liegen in dicke Eismassen eingebettet. So bleibt es bis zum März. Die englische Besatzung hatte sich längs der Wälle Kasematten mit dicken Wän- den gebaut und während des Winters mit den ungeheueren Balken des Gerippes geheizt, welches den Werken Festigkeit verlieh. Noch war reichlicher Vorrath da. — Das Speisezimmer der Officiere prangte mit chinesischen Carricaturen der rothhaarigen Barbaren; Major Eager und seine Kameraden bewirtheten uns dort sehr freundschaftlich, und man konnte nur staunen, wie bequem und angenehm sie sich ihre Verbannung zu machen wussten, wie heiter sie ihr Schicksal trugen. Der Abend verging im traulichen Ge- spräch.
Am 13. October Morgens brachte der Clown uns auf die Rhede hinaus. Das englische Fort salutirte nochmals den Ge- sandten und Arkona antwortete; deutlich sah man jeden Schuss, hörte aber des widrigen Windes wegen keinen Laut. Gegen halb elf warf das Kanonenboot bei der Corvette Anker und setzte nach unserer Ausschiffung seine Fahrt nach Tši-fu fort. Capitän Sunde- wall empfing mit sämmtlichen Officieren, Cadetten und Beamten den Gesandten an Deck. Das Schiff war neu gemalt und lag recht stolz im hellen Sonnenschein. Die Mannschaft schien heiter und gesund. — Nah der Arkona ankerte der englische Dampfer Vulcan mit Fane’s Reitern an Bord; ihre Pferde wurden in Tien-tsin ver- kauft. Der Commandeur und einige Officiere sagten dem Gesandten auf der Arkona Lebewohl, in Naṅgasaki sollten wir sie wieder- sehen. — Gegen zwei lichtete Arkona die Anker und umkreiste unter klingendem Spiel den Vulcan; Fane’s dunkele Reiter grüssten mit gellendem Hurra und unser Schiff wandte sich ostwärts, mit leichtem günstigem Wind das gekräuselte Wasser durchfurchend.
Das Wetter blieb schön; am 14. October ankerte Arkona um ein Uhr Nachmittags in der Bucht von Tši-fu neben der Elbe, deren Commandant Lieutenant z. S. Werner sofort an Bord des Flaggen- schiffes kam und traurige Dinge berichtete. Die Rebellen waren gegen
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Einschiffung. XVIII.
des Feindes nachher ringsum geschlossen wurden, sondern um das
Ausreissen der eigenen Truppen zu hindern.
Der englische Commandant Major Eager hauste mit sieben
Officieren und einem Arzt von seinem Regiment nun schon ein Jahr
in diesem trostlosen Winkel. Im November friert der Fluss zu,
aller Verkehr mit der Rhede muss aufhören; meilenweit schiebt
sich der Eisrand in die See hinaus und die Werke liegen in dicke
Eismassen eingebettet. So bleibt es bis zum März. Die englische
Besatzung hatte sich längs der Wälle Kasematten mit dicken Wän-
den gebaut und während des Winters mit den ungeheueren Balken
des Gerippes geheizt, welches den Werken Festigkeit verlieh. Noch
war reichlicher Vorrath da. — Das Speisezimmer der Officiere
prangte mit chinesischen Carricaturen der rothhaarigen Barbaren;
Major Eager und seine Kameraden bewirtheten uns dort sehr
freundschaftlich, und man konnte nur staunen, wie bequem und
angenehm sie sich ihre Verbannung zu machen wussten, wie heiter
sie ihr Schicksal trugen. Der Abend verging im traulichen Ge-
spräch.
Am 13. October Morgens brachte der Clown uns auf die
Rhede hinaus. Das englische Fort salutirte nochmals den Ge-
sandten und Arkona antwortete; deutlich sah man jeden Schuss,
hörte aber des widrigen Windes wegen keinen Laut. Gegen halb
elf warf das Kanonenboot bei der Corvette Anker und setzte nach
unserer Ausschiffung seine Fahrt nach Tši-fu fort. Capitän Sunde-
wall empfing mit sämmtlichen Officieren, Cadetten und Beamten
den Gesandten an Deck. Das Schiff war neu gemalt und lag recht
stolz im hellen Sonnenschein. Die Mannschaft schien heiter und
gesund. — Nah der Arkona ankerte der englische Dampfer Vulcan
mit Fane’s Reitern an Bord; ihre Pferde wurden in Tien-tsin ver-
kauft. Der Commandeur und einige Officiere sagten dem Gesandten
auf der Arkona Lebewohl, in Naṅgasaki sollten wir sie wieder-
sehen. — Gegen zwei lichtete Arkona die Anker und umkreiste
unter klingendem Spiel den Vulcan; Fane’s dunkele Reiter grüssten
mit gellendem Hurra und unser Schiff wandte sich ostwärts, mit
leichtem günstigem Wind das gekräuselte Wasser durchfurchend.
Das Wetter blieb schön; am 14. October ankerte Arkona um
ein Uhr Nachmittags in der Bucht von Tši-fu neben der Elbe, deren
Commandant Lieutenant z. S. Werner sofort an Bord des Flaggen-
schiffes kam und traurige Dinge berichtete. Die Rebellen waren gegen
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/180>, abgerufen am 25.11.2024.
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