Zu weiteren Ausflügen bietet die Umgebung von Nangasaki reizende Gelegenheit. So führt am Nordufer der Bai von der Maschinenfabrik des Fürsten von Fizen ein Pfad über den schma- len Gebirgskamm, auf welchem in kaum einer Stunde die jenseitige Bucht zu erreichen ist. Die umkränzenden Felsgestade fallen dort nördlich zu einer Landzunge ab, auf der ein Städtchen in's Meer hinausspringt; dahinter bauen sich schöngeschnittene Massen auf. -- Wo der Pfad das Ufer erreicht, fliesst ein murmelndes Ge- wässer in die klare Meeresfluth, deren blinkende Wellchen sacht und heimlich auf dem weissen Sande plätschern. Schwarze Boote liegen am Strand. Weiterhin steigt das Ufer in steiler Böschung auf, einzelne Klippen vorschiebend, deren grauweisses Gestein mit dem Saftgrün der bewachsenen Hänge reizend contrastirt. -- Es war Abend. Leiser Hauch zitterte auf der spiegelnden See; die Sonne vergoldete die Camelien- und Lorbeergebüsche, die pinienartigen Kiefern der Höhen. Den Strand mit den dunkelen Booten deckten schon kalte tiefe Schatten; höher und höher stieg der Abend die Berge hinan. Herbstliche Kühle lagerte auf dem dunkelen Wald- weg, der mich erst nach dem letzten Verglimmen des Tages wieder über das Gebirge führte.
Wir lebten auf Desima herrlich und in Freuden. Nur der Gesandte hatte Arbeiten zu vollenden, zu welchen in Pe-kin die Musse fehlte. Wir anderen verbrachten beim herrlichsten Wetter den Tag meist im Freien und sammelten den löblichsten Hunger für das opulente Diner unserer gastfreien Wirthe. Bis in die späte Nacht sass man in traulichem Gespräch auf dem Altan mit dem Blick auf das Meer, dessen mondbeglänzte Stille zuweilen ein knarrendes Ruder störte. Silberne Furchen zogen die Boote auf der glatten die Gestirne spiegelnden Fläche.
Herr de Witt wusste viel Anziehendes von seiner Reise nach Yeddo zu erzählen, die er von Nangasaki aus zu Lande mit dem englischen Gesandten Herrn Alcock machte. Nur zufälliger Um- stände wegen blieb er in Yokuhama zurück, während Herr Alcock direct nach Yeddo reiste und in der folgenden Nacht überfallen wurde.42) Auch ein Angriff auf Herrn de Witt soll vorbereitet ge- wesen sein, der deshalb in Yokuhama blieb und erst kurz vor der Abreise auf dringendes Ersuchen der japanischen Regierung nach Yeddo kam. Dort wohnte damals in Akabane Herr von
42) S. Bd. II., 253.
XVIII. Ausflug.
Zu weiteren Ausflügen bietet die Umgebung von Naṅgasaki reizende Gelegenheit. So führt am Nordufer der Bai von der Maschinenfabrik des Fürsten von Fizen ein Pfad über den schma- len Gebirgskamm, auf welchem in kaum einer Stunde die jenseitige Bucht zu erreichen ist. Die umkränzenden Felsgestade fallen dort nördlich zu einer Landzunge ab, auf der ein Städtchen in’s Meer hinausspringt; dahinter bauen sich schöngeschnittene Massen auf. — Wo der Pfad das Ufer erreicht, fliesst ein murmelndes Ge- wässer in die klare Meeresfluth, deren blinkende Wellchen sacht und heimlich auf dem weissen Sande plätschern. Schwarze Boote liegen am Strand. Weiterhin steigt das Ufer in steiler Böschung auf, einzelne Klippen vorschiebend, deren grauweisses Gestein mit dem Saftgrün der bewachsenen Hänge reizend contrastirt. — Es war Abend. Leiser Hauch zitterte auf der spiegelnden See; die Sonne vergoldete die Camelien- und Lorbeergebüsche, die pinienartigen Kiefern der Höhen. Den Strand mit den dunkelen Booten deckten schon kalte tiefe Schatten; höher und höher stieg der Abend die Berge hinan. Herbstliche Kühle lagerte auf dem dunkelen Wald- weg, der mich erst nach dem letzten Verglimmen des Tages wieder über das Gebirge führte.
Wir lebten auf Desima herrlich und in Freuden. Nur der Gesandte hatte Arbeiten zu vollenden, zu welchen in Pe-kiṅ die Musse fehlte. Wir anderen verbrachten beim herrlichsten Wetter den Tag meist im Freien und sammelten den löblichsten Hunger für das opulente Diner unserer gastfreien Wirthe. Bis in die späte Nacht sass man in traulichem Gespräch auf dem Altan mit dem Blick auf das Meer, dessen mondbeglänzte Stille zuweilen ein knarrendes Ruder störte. Silberne Furchen zogen die Boote auf der glatten die Gestirne spiegelnden Fläche.
Herr de Witt wusste viel Anziehendes von seiner Reise nach Yeddo zu erzählen, die er von Naṅgasaki aus zu Lande mit dem englischen Gesandten Herrn Alcock machte. Nur zufälliger Um- stände wegen blieb er in Yokuhama zurück, während Herr Alcock direct nach Yeddo reiste und in der folgenden Nacht überfallen wurde.42) Auch ein Angriff auf Herrn de Witt soll vorbereitet ge- wesen sein, der deshalb in Yokuhama blieb und erst kurz vor der Abreise auf dringendes Ersuchen der japanischen Regierung nach Yeddo kam. Dort wohnte damals in Akabane Herr von
42) S. Bd. II., 253.
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XVIII. Ausflug.
Zu weiteren Ausflügen bietet die Umgebung von Naṅgasaki
reizende Gelegenheit. So führt am Nordufer der Bai von der
Maschinenfabrik des Fürsten von Fizen ein Pfad über den schma-
len Gebirgskamm, auf welchem in kaum einer Stunde die jenseitige
Bucht zu erreichen ist. Die umkränzenden Felsgestade fallen dort
nördlich zu einer Landzunge ab, auf der ein Städtchen in’s Meer
hinausspringt; dahinter bauen sich schöngeschnittene Massen
auf. — Wo der Pfad das Ufer erreicht, fliesst ein murmelndes Ge-
wässer in die klare Meeresfluth, deren blinkende Wellchen sacht und
heimlich auf dem weissen Sande plätschern. Schwarze Boote liegen
am Strand. Weiterhin steigt das Ufer in steiler Böschung auf,
einzelne Klippen vorschiebend, deren grauweisses Gestein mit dem
Saftgrün der bewachsenen Hänge reizend contrastirt. — Es war
Abend. Leiser Hauch zitterte auf der spiegelnden See; die Sonne
vergoldete die Camelien- und Lorbeergebüsche, die pinienartigen
Kiefern der Höhen. Den Strand mit den dunkelen Booten deckten
schon kalte tiefe Schatten; höher und höher stieg der Abend die
Berge hinan. Herbstliche Kühle lagerte auf dem dunkelen Wald-
weg, der mich erst nach dem letzten Verglimmen des Tages wieder
über das Gebirge führte.
Wir lebten auf Desima herrlich und in Freuden. Nur
der Gesandte hatte Arbeiten zu vollenden, zu welchen in Pe-kiṅ
die Musse fehlte. Wir anderen verbrachten beim herrlichsten
Wetter den Tag meist im Freien und sammelten den löblichsten
Hunger für das opulente Diner unserer gastfreien Wirthe. Bis in die
späte Nacht sass man in traulichem Gespräch auf dem Altan mit
dem Blick auf das Meer, dessen mondbeglänzte Stille zuweilen ein
knarrendes Ruder störte. Silberne Furchen zogen die Boote auf
der glatten die Gestirne spiegelnden Fläche.
Herr de Witt wusste viel Anziehendes von seiner Reise nach
Yeddo zu erzählen, die er von Naṅgasaki aus zu Lande mit dem
englischen Gesandten Herrn Alcock machte. Nur zufälliger Um-
stände wegen blieb er in Yokuhama zurück, während Herr Alcock
direct nach Yeddo reiste und in der folgenden Nacht überfallen
wurde. 42) Auch ein Angriff auf Herrn de Witt soll vorbereitet ge-
wesen sein, der deshalb in Yokuhama blieb und erst kurz vor
der Abreise auf dringendes Ersuchen der japanischen Regierung
nach Yeddo kam. Dort wohnte damals in Akabane Herr von
42) S. Bd. II., 253.
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/187>, abgerufen am 24.11.2024.
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