Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.Der Kompira. XVIII. die Aussicht lohnte reichlich alle Mühe. Den Gipfel bilden steileKlippen; die Abhänge darunter sind namentlich nach Osten mit dichtem Waldgebüsch bewachsen. Westlich steht unter der Fels- kuppe ein aus roh behauenen Steinschwellen aufgebautes Tempel- chen, und rings auf den Klippen thronen Diminutiv-Götzen, welche unsere ausgelassenen Cadetten sämmtlich umdrehten, damit sie die Aussicht genössen. Wir lagerten auf der schmalen Kuppe, angehaucht von In jenem Tempel, wo wir frühstückten, erwartete die Zurück- Am 29. October wurde der Geburtstag Seiner Königlichen Für den 30. October hatte der Commandant des Cachelot, Der Kompira. XVIII. die Aussicht lohnte reichlich alle Mühe. Den Gipfel bilden steileKlippen; die Abhänge darunter sind namentlich nach Osten mit dichtem Waldgebüsch bewachsen. Westlich steht unter der Fels- kuppe ein aus roh behauenen Steinschwellen aufgebautes Tempel- chen, und rings auf den Klippen thronen Diminutiv-Götzen, welche unsere ausgelassenen Cadetten sämmtlich umdrehten, damit sie die Aussicht genössen. Wir lagerten auf der schmalen Kuppe, angehaucht von In jenem Tempel, wo wir frühstückten, erwartete die Zurück- Am 29. October wurde der Geburtstag Seiner Königlichen Für den 30. October hatte der Commandant des Cachelot, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0190" n="176"/><fw place="top" type="header">Der <placeName>Kompira</placeName>. XVIII.</fw><lb/> die Aussicht lohnte reichlich alle Mühe. Den Gipfel bilden steile<lb/> Klippen; die Abhänge darunter sind namentlich nach Osten mit<lb/> dichtem Waldgebüsch bewachsen. Westlich steht unter der Fels-<lb/> kuppe ein aus roh behauenen Steinschwellen aufgebautes Tempel-<lb/> chen, und rings auf den Klippen thronen Diminutiv-Götzen, welche<lb/> unsere ausgelassenen Cadetten sämmtlich umdrehten, damit sie die<lb/> Aussicht genössen.</p><lb/> <p>Wir lagerten auf der schmalen Kuppe, angehaucht von<lb/> würziger Bergluft. Nur im Steigen drückend schien uns die Sonne<lb/> jetzt milde und angenehm. Die neue Aussicht nach Osten erschloss<lb/> sich erst auf dem Gipfel überraschend und herrlich: über dicht-<lb/> bewaldete Berge und Thäler schweift der Blick nach der fernen<lb/><placeName>Bucht von <hi rendition="#k">Omura</hi></placeName>. Südwestlich <hi rendition="#k"><placeName>Naṅgasaki</placeName></hi> mit der vielarmigen<lb/> Bai, am westlichen Horizonte schwimmend die lange Reihe der<lb/><placeName><hi rendition="#k">Gotto</hi>-Inseln</placeName>, im Südosten der <placeName>Golf von <hi rendition="#k">Arima</hi></placeName> mit der Halbinsel<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Simabara</placeName></hi>. Gesäumt von tausend Inseln und Klippen streckt das<lb/> Land überall lange Arme in die See hinaus. Zwischen den Wald-<lb/> gebirgen liegen fruchtbare Thäler eingebettet, der Landbau steigt<lb/> in zahllosen Terrassen die Hänge hinan; von der glänzenden Meeres-<lb/> fläche gleitet der Blick in tiefgeschnittene stille Buchten oder schweift<lb/> von Gipfel zu Gipfel in duftige Ferne.</p><lb/> <p>In jenem Tempel, wo wir frühstückten, erwartete die Zurück-<lb/> kehrenden eine leckere Mahlzeit. Das Musikcorps der Arkona<lb/> spielte im Garten; in zahlreichen Trinksprüchen ergin sich der<lb/> Dank der Gäste gegen ihre liebenswürdigen Wirthe, denen sie wie-<lb/> der einen heiteren genussreichen Tag schuldeten. Zur Heimkehr<lb/> schlugen wir einen anderen, schöneren Weg ein, und der Abend<lb/> vereinigte Alle bei dem niederländischen Vice-Consul Herrn <persName ref="nognd">Met-<lb/> mann</persName>, wo weiter getafelt wurde. Die ausgelassene Lustigkeit be-<lb/> mächtigte sich auch unserer Musiker, die womöglich Jeder ein an-<lb/> deres Stück in der eigenen Tonart blasen wollten, so dass der<lb/> treffliche Kapellmeister, den seine müden Beine kaum noch trugen,<lb/> oft ganz zwecklos in der Luft herumtactirte.</p><lb/> <p>Am 29. October wurde der Geburtstag Seiner Königlichen<lb/> Hoheit des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118814869">Prinzen Adalbert</persName> durch ein Diner an Bord der Arkona<lb/> gefeiert.</p><lb/> <p>Für den 30. October hatte der Commandant des Cachelot,<lb/> Capitän <persName ref="nognd">van Gogh</persName>, eine Bootsfahrt nach der zwischen <placeName>Papen-Eiland</placeName><lb/> und dem Festlande gelegenen <placeName>Ratteninsel</placeName> veranstaltet. Obwohl es<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [176/0190]
Der Kompira. XVIII.
die Aussicht lohnte reichlich alle Mühe. Den Gipfel bilden steile
Klippen; die Abhänge darunter sind namentlich nach Osten mit
dichtem Waldgebüsch bewachsen. Westlich steht unter der Fels-
kuppe ein aus roh behauenen Steinschwellen aufgebautes Tempel-
chen, und rings auf den Klippen thronen Diminutiv-Götzen, welche
unsere ausgelassenen Cadetten sämmtlich umdrehten, damit sie die
Aussicht genössen.
Wir lagerten auf der schmalen Kuppe, angehaucht von
würziger Bergluft. Nur im Steigen drückend schien uns die Sonne
jetzt milde und angenehm. Die neue Aussicht nach Osten erschloss
sich erst auf dem Gipfel überraschend und herrlich: über dicht-
bewaldete Berge und Thäler schweift der Blick nach der fernen
Bucht von Omura. Südwestlich Naṅgasaki mit der vielarmigen
Bai, am westlichen Horizonte schwimmend die lange Reihe der
Gotto-Inseln, im Südosten der Golf von Arima mit der Halbinsel
Simabara. Gesäumt von tausend Inseln und Klippen streckt das
Land überall lange Arme in die See hinaus. Zwischen den Wald-
gebirgen liegen fruchtbare Thäler eingebettet, der Landbau steigt
in zahllosen Terrassen die Hänge hinan; von der glänzenden Meeres-
fläche gleitet der Blick in tiefgeschnittene stille Buchten oder schweift
von Gipfel zu Gipfel in duftige Ferne.
In jenem Tempel, wo wir frühstückten, erwartete die Zurück-
kehrenden eine leckere Mahlzeit. Das Musikcorps der Arkona
spielte im Garten; in zahlreichen Trinksprüchen ergin sich der
Dank der Gäste gegen ihre liebenswürdigen Wirthe, denen sie wie-
der einen heiteren genussreichen Tag schuldeten. Zur Heimkehr
schlugen wir einen anderen, schöneren Weg ein, und der Abend
vereinigte Alle bei dem niederländischen Vice-Consul Herrn Met-
mann, wo weiter getafelt wurde. Die ausgelassene Lustigkeit be-
mächtigte sich auch unserer Musiker, die womöglich Jeder ein an-
deres Stück in der eigenen Tonart blasen wollten, so dass der
treffliche Kapellmeister, den seine müden Beine kaum noch trugen,
oft ganz zwecklos in der Luft herumtactirte.
Am 29. October wurde der Geburtstag Seiner Königlichen
Hoheit des Prinzen Adalbert durch ein Diner an Bord der Arkona
gefeiert.
Für den 30. October hatte der Commandant des Cachelot,
Capitän van Gogh, eine Bootsfahrt nach der zwischen Papen-Eiland
und dem Festlande gelegenen Ratteninsel veranstaltet. Obwohl es
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