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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XXI. Sir James Brooke. Mr. Ballestier.
sollten auch im Falle der Insolvenz losgelassen werden, wenn sie
ihren ganzen Besitz dem Gläubiger cedirten; im Uebrigen sollten
Americaner in Siam unter dem Landesgesetz stehen; sie sollten die-
selben Hafengelder zahlen wie die Briten, aber jede denselben
künftig zu gewährende Begünstigung ebenfalls geniessen, auch einen
Consul ernennen dürfen, wenn irgend ein anderer als der portugie-
sische zugelassen würde. -- Dieser Vertrag wurde eben so wenig
gehalten, wie der englische. Wo das Volk jedem willkürlichen
Geheiss des Despoten gehorcht, ist alle Handelsfreiheit illusorisch,
bis die Machthaber selbst ihren Vortheil darin finden: das geheime
Verbot, von einem Schiffe zu kaufen, lieferte jedesmal dessen La-
dung in die Hände der Grossen.60) Zudem drückte König Phrasat-
thon
viele Producte mit schweren Abgaben und verpachtete die
wichtigsten Zweige des Handels an Monopolisten. Man hinderte
die Fremden, siamesische oder chinesische Fahrzeuge zu miethen
und vereitelte jede Bemühung, von siamesischen Schuldnern Geld
einzutreiben.

Als im August 1850 Sir James Brooke als Gesandter der
Königin Victoria mit zwei Kriegsdampfern vor der Mündung des
Menam erschien, war König Phrasat-thon schon krank und für
die Thronfolge zu besorgt, um an Anderes zu denken; der eng-
lische Gesandte wurde von vornherein fast feindselig behandelt und
in allen Puncten abgewiesen. Am 28. September brach er die Ver-
handlungen ab und schied unter dem Eindruck, dass in Siam auf
friedlichem Wege kein Verhältniss anzubahnen sei. -- Eben so
grob wurde Mr. Ballestier abgefertigt, der gleich darauf, im Octo-
ber 1850 mit americanischen Kriegsschiffen nach Bankok kam.

Der Thronwechsel im April 1851 änderte mit einem Schlage
die Stellung der Fremden in Siam. Der neue König stand im ge-
reiften Mannesalter; in langjähriger Beschäftigung mit europäischen
Sprachen und Wissenschaften und dem vertrauten Umgang der
Missionare hatte er nicht nur die Fremden achten gelernt, sondern
auch zeitig begriffen, welchen Vortheil ihm ihre Gemeinschaft brin-
gen möchte. Sein erster Minister Phra-kalahum theilte zwar nicht
des Königs leidenschaftlichen Hang zu gelehrter Aufklärung, er-

60) Die Denkweise siamesischer Grossen beleuchtet eine Aeusserung des Phra-
klan
der auf das Gesuch des Herrn Roberts, ihm den geschlossenen Vertrag in
doppeltem Exemplar zu unterzeichnen, einfach antwortete, das ginge nicht, weil der
Americaner das zweite einem anderen Volke verkaufen möchte.

XXI. Sir James Brooke. Mr. Ballestier.
sollten auch im Falle der Insolvenz losgelassen werden, wenn sie
ihren ganzen Besitz dem Gläubiger cedirten; im Uebrigen sollten
Americaner in Siam unter dem Landesgesetz stehen; sie sollten die-
selben Hafengelder zahlen wie die Briten, aber jede denselben
künftig zu gewährende Begünstigung ebenfalls geniessen, auch einen
Consul ernennen dürfen, wenn irgend ein anderer als der portugie-
sische zugelassen würde. — Dieser Vertrag wurde eben so wenig
gehalten, wie der englische. Wo das Volk jedem willkürlichen
Geheiss des Despoten gehorcht, ist alle Handelsfreiheit illusorisch,
bis die Machthaber selbst ihren Vortheil darin finden: das geheime
Verbot, von einem Schiffe zu kaufen, lieferte jedesmal dessen La-
dung in die Hände der Grossen.60) Zudem drückte König Phrasat-
thoṅ
viele Producte mit schweren Abgaben und verpachtete die
wichtigsten Zweige des Handels an Monopolisten. Man hinderte
die Fremden, siamesische oder chinesische Fahrzeuge zu miethen
und vereitelte jede Bemühung, von siamesischen Schuldnern Geld
einzutreiben.

Als im August 1850 Sir James Brooke als Gesandter der
Königin Victoria mit zwei Kriegsdampfern vor der Mündung des
Menam erschien, war König Phrasat-thoṅ schon krank und für
die Thronfolge zu besorgt, um an Anderes zu denken; der eng-
lische Gesandte wurde von vornherein fast feindselig behandelt und
in allen Puncten abgewiesen. Am 28. September brach er die Ver-
handlungen ab und schied unter dem Eindruck, dass in Siam auf
friedlichem Wege kein Verhältniss anzubahnen sei. — Eben so
grob wurde Mr. Ballestier abgefertigt, der gleich darauf, im Octo-
ber 1850 mit americanischen Kriegsschiffen nach Baṅkok kam.

Der Thronwechsel im April 1851 änderte mit einem Schlage
die Stellung der Fremden in Siam. Der neue König stand im ge-
reiften Mannesalter; in langjähriger Beschäftigung mit europäischen
Sprachen und Wissenschaften und dem vertrauten Umgang der
Missionare hatte er nicht nur die Fremden achten gelernt, sondern
auch zeitig begriffen, welchen Vortheil ihm ihre Gemeinschaft brin-
gen möchte. Sein erster Minister Phra-kalahum theilte zwar nicht
des Königs leidenschaftlichen Hang zu gelehrter Aufklärung, er-

60) Die Denkweise siamesischer Grossen beleuchtet eine Aeusserung des Phra-
klaṅ
der auf das Gesuch des Herrn Roberts, ihm den geschlossenen Vertrag in
doppeltem Exemplar zu unterzeichnen, einfach antwortete, das ginge nicht, weil der
Americaner das zweite einem anderen Volke verkaufen möchte.
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[249/0263] XXI. Sir James Brooke. Mr. Ballestier. sollten auch im Falle der Insolvenz losgelassen werden, wenn sie ihren ganzen Besitz dem Gläubiger cedirten; im Uebrigen sollten Americaner in Siam unter dem Landesgesetz stehen; sie sollten die- selben Hafengelder zahlen wie die Briten, aber jede denselben künftig zu gewährende Begünstigung ebenfalls geniessen, auch einen Consul ernennen dürfen, wenn irgend ein anderer als der portugie- sische zugelassen würde. — Dieser Vertrag wurde eben so wenig gehalten, wie der englische. Wo das Volk jedem willkürlichen Geheiss des Despoten gehorcht, ist alle Handelsfreiheit illusorisch, bis die Machthaber selbst ihren Vortheil darin finden: das geheime Verbot, von einem Schiffe zu kaufen, lieferte jedesmal dessen La- dung in die Hände der Grossen. 60) Zudem drückte König Phrasat- thoṅ viele Producte mit schweren Abgaben und verpachtete die wichtigsten Zweige des Handels an Monopolisten. Man hinderte die Fremden, siamesische oder chinesische Fahrzeuge zu miethen und vereitelte jede Bemühung, von siamesischen Schuldnern Geld einzutreiben. Als im August 1850 Sir James Brooke als Gesandter der Königin Victoria mit zwei Kriegsdampfern vor der Mündung des Menam erschien, war König Phrasat-thoṅ schon krank und für die Thronfolge zu besorgt, um an Anderes zu denken; der eng- lische Gesandte wurde von vornherein fast feindselig behandelt und in allen Puncten abgewiesen. Am 28. September brach er die Ver- handlungen ab und schied unter dem Eindruck, dass in Siam auf friedlichem Wege kein Verhältniss anzubahnen sei. — Eben so grob wurde Mr. Ballestier abgefertigt, der gleich darauf, im Octo- ber 1850 mit americanischen Kriegsschiffen nach Baṅkok kam. Der Thronwechsel im April 1851 änderte mit einem Schlage die Stellung der Fremden in Siam. Der neue König stand im ge- reiften Mannesalter; in langjähriger Beschäftigung mit europäischen Sprachen und Wissenschaften und dem vertrauten Umgang der Missionare hatte er nicht nur die Fremden achten gelernt, sondern auch zeitig begriffen, welchen Vortheil ihm ihre Gemeinschaft brin- gen möchte. Sein erster Minister Phra-kalahum theilte zwar nicht des Königs leidenschaftlichen Hang zu gelehrter Aufklärung, er- 60) Die Denkweise siamesischer Grossen beleuchtet eine Aeusserung des Phra- klaṅ der auf das Gesuch des Herrn Roberts, ihm den geschlossenen Vertrag in doppeltem Exemplar zu unterzeichnen, einfach antwortete, das ginge nicht, weil der Americaner das zweite einem anderen Volke verkaufen möchte.

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/263>, abgerufen am 22.11.2024.