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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XXI. Die Binnenstadt.
wenig Tagen zum Abschluss gediehen, wenn Graf Eulenburg nicht
neue für den Handel wichtige Zugeständnisse verlangt hätte. Die
Bevollmächtigten und vor allen Prinz Khroma-luan trugen ihm
aber auch für diese den besten Willen entgegen, und niemals er-
hoben sich ernste Schwierigkeiten. Die materielle Arbeit war nicht
so gross, dass nicht Allen viel Zeit zu Spazierfahrten in der sonder-
baren Wasserstadt geblieben wäre, die eine Fülle des Merkwürdigen
und landschaftlicher Schönheiten bietet. -- Um elf Uhr vereinigte
man sich zum Frühstück, um halb sieben zum Mittagsmahl; die Er-
lebnisse des Tages gaben reichen Stoff zur Unterhaltung; um der
Morgenkühle zu geniessen ging man früh zur Ruhe. Die Nächte
waren jedoch keineswegs still; das Heulen der Hunde und Katzen,
das Krächzen der Nachtvögel, das Lärmen der Zechbrüder in be-
nachbarten Kneipen pflegten bis zum Morgen zu dauern.

Für die Binnenstadt, -- den einzigen Bezirk, wo es viel
trockenen Boden giebt, -- hatte Prinz Khroma-luan ein Dutzend
birmanischer Ponies mit englischen Sätteln zur Verfügung gestellt,
kleine feurige Thiere, die auf dem glatten Backsteinpflaster recht
sicher gingen und häufig von uns benutzt wurden.

Das Thor, welches vom Stromufer in die Stadt des Ersten
Königs führt, ist schmucklos aber in grossen Verhältnissen er-
baut, mit einfachem Giebel als Krönung. Innerhalb stehen zu-
nächst niedrige Häuserreihen und Vorrathsschuppen, dann rechts
der Tempel Maha-phrasat, in welchem die siamesischen Könige
gekrönt und nach ihrem Tode bis zur Verbrennung ein Jahr lang
beigesetzt werden. Früher fanden hier auch die feierlichen
Audienzen statt. Dem Hofgottesdienst im Maha-phrasat wohnen
die Frauen des Harem hinter Vorhängen bei. In Kreuzesform er-
baut, mit vierfach übereinandergeschobenem Giebeldach nach allen
vier Seiten und einer vergoldeten Spitze über dem Kreuzungspunct
ist es äusserlich das prächtigste Gebäude der Königsstadt. Daneben
steht ein reich gearbeiteter schreinartiger Pavillon, auf vielen Pfei-
lern ruhend, unter dem die Könige wahrscheinlich feierlichen Auf-
zügen beiwohnen.

Das zweite Heiligthum der Königsstadt, Wat Phrakeo, der
Tempel der Kleinodien, darf nur mit besonderer Erlaubniss betreten
werden. Die Plateform des Tempelrechtecks ist mehrere Stufen
erhöht und mit Marmorplatten belegt; eine doppelte Reihe mit
Goldmosaik bedeckter nach oben etwas verjüngter Pfeiler mit zier-

IV. 18

XXI. Die Binnenstadt.
wenig Tagen zum Abschluss gediehen, wenn Graf Eulenburg nicht
neue für den Handel wichtige Zugeständnisse verlangt hätte. Die
Bevollmächtigten und vor allen Prinz Khroma-luaṅ trugen ihm
aber auch für diese den besten Willen entgegen, und niemals er-
hoben sich ernste Schwierigkeiten. Die materielle Arbeit war nicht
so gross, dass nicht Allen viel Zeit zu Spazierfahrten in der sonder-
baren Wasserstadt geblieben wäre, die eine Fülle des Merkwürdigen
und landschaftlicher Schönheiten bietet. — Um elf Uhr vereinigte
man sich zum Frühstück, um halb sieben zum Mittagsmahl; die Er-
lebnisse des Tages gaben reichen Stoff zur Unterhaltung; um der
Morgenkühle zu geniessen ging man früh zur Ruhe. Die Nächte
waren jedoch keineswegs still; das Heulen der Hunde und Katzen,
das Krächzen der Nachtvögel, das Lärmen der Zechbrüder in be-
nachbarten Kneipen pflegten bis zum Morgen zu dauern.

Für die Binnenstadt, — den einzigen Bezirk, wo es viel
trockenen Boden giebt, — hatte Prinz Khroma-luaṅ ein Dutzend
birmanischer Ponies mit englischen Sätteln zur Verfügung gestellt,
kleine feurige Thiere, die auf dem glatten Backsteinpflaster recht
sicher gingen und häufig von uns benutzt wurden.

Das Thor, welches vom Stromufer in die Stadt des Ersten
Königs führt, ist schmucklos aber in grossen Verhältnissen er-
baut, mit einfachem Giebel als Krönung. Innerhalb stehen zu-
nächst niedrige Häuserreihen und Vorrathsschuppen, dann rechts
der Tempel Maha-phrasat, in welchem die siamesischen Könige
gekrönt und nach ihrem Tode bis zur Verbrennung ein Jahr lang
beigesetzt werden. Früher fanden hier auch die feierlichen
Audienzen statt. Dem Hofgottesdienst im Maha-phrasat wohnen
die Frauen des Harem hinter Vorhängen bei. In Kreuzesform er-
baut, mit vierfach übereinandergeschobenem Giebeldach nach allen
vier Seiten und einer vergoldeten Spitze über dem Kreuzungspunct
ist es äusserlich das prächtigste Gebäude der Königsstadt. Daneben
steht ein reich gearbeiteter schreinartiger Pavillon, auf vielen Pfei-
lern ruhend, unter dem die Könige wahrscheinlich feierlichen Auf-
zügen beiwohnen.

Das zweite Heiligthum der Königsstadt, Wat Phrakeo, der
Tempel der Kleinodien, darf nur mit besonderer Erlaubniss betreten
werden. Die Plateform des Tempelrechtecks ist mehrere Stufen
erhöht und mit Marmorplatten belegt; eine doppelte Reihe mit
Goldmosaik bedeckter nach oben etwas verjüngter Pfeiler mit zier-

IV. 18
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[273/0287] XXI. Die Binnenstadt. wenig Tagen zum Abschluss gediehen, wenn Graf Eulenburg nicht neue für den Handel wichtige Zugeständnisse verlangt hätte. Die Bevollmächtigten und vor allen Prinz Khroma-luaṅ trugen ihm aber auch für diese den besten Willen entgegen, und niemals er- hoben sich ernste Schwierigkeiten. Die materielle Arbeit war nicht so gross, dass nicht Allen viel Zeit zu Spazierfahrten in der sonder- baren Wasserstadt geblieben wäre, die eine Fülle des Merkwürdigen und landschaftlicher Schönheiten bietet. — Um elf Uhr vereinigte man sich zum Frühstück, um halb sieben zum Mittagsmahl; die Er- lebnisse des Tages gaben reichen Stoff zur Unterhaltung; um der Morgenkühle zu geniessen ging man früh zur Ruhe. Die Nächte waren jedoch keineswegs still; das Heulen der Hunde und Katzen, das Krächzen der Nachtvögel, das Lärmen der Zechbrüder in be- nachbarten Kneipen pflegten bis zum Morgen zu dauern. Für die Binnenstadt, — den einzigen Bezirk, wo es viel trockenen Boden giebt, — hatte Prinz Khroma-luaṅ ein Dutzend birmanischer Ponies mit englischen Sätteln zur Verfügung gestellt, kleine feurige Thiere, die auf dem glatten Backsteinpflaster recht sicher gingen und häufig von uns benutzt wurden. Das Thor, welches vom Stromufer in die Stadt des Ersten Königs führt, ist schmucklos aber in grossen Verhältnissen er- baut, mit einfachem Giebel als Krönung. Innerhalb stehen zu- nächst niedrige Häuserreihen und Vorrathsschuppen, dann rechts der Tempel Maha-phrasat, in welchem die siamesischen Könige gekrönt und nach ihrem Tode bis zur Verbrennung ein Jahr lang beigesetzt werden. Früher fanden hier auch die feierlichen Audienzen statt. Dem Hofgottesdienst im Maha-phrasat wohnen die Frauen des Harem hinter Vorhängen bei. In Kreuzesform er- baut, mit vierfach übereinandergeschobenem Giebeldach nach allen vier Seiten und einer vergoldeten Spitze über dem Kreuzungspunct ist es äusserlich das prächtigste Gebäude der Königsstadt. Daneben steht ein reich gearbeiteter schreinartiger Pavillon, auf vielen Pfei- lern ruhend, unter dem die Könige wahrscheinlich feierlichen Auf- zügen beiwohnen. Das zweite Heiligthum der Königsstadt, Wat Phrakeo, der Tempel der Kleinodien, darf nur mit besonderer Erlaubniss betreten werden. Die Plateform des Tempelrechtecks ist mehrere Stufen erhöht und mit Marmorplatten belegt; eine doppelte Reihe mit Goldmosaik bedeckter nach oben etwas verjüngter Pfeiler mit zier- IV. 18

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/287>, abgerufen am 22.11.2024.