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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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Anh. IV. Capitän Roderick Dew vor Nin-po.

Die Tae-pin hatten in Nin-po nur, wie gesagt, so lange ein
gutes Gesicht gezeigt, als noch Waffen zu verkaufen waren. Nach-
her merkte man deutlich, wie gern sie die fremde Ansiedlung ge-
plündert, die gezahlten Silbermassen wieder fortgeschleppt hätten.
Von den Wällen aus machten sie oft die den Fremden dienenden
Chinesen und selbst das auf Pistolenschussweite vor dem englischen
Consulat geankerte Kriegsschiff Ringdove zum Ziele ihrer Schiess-
übungen und liessen alle Beschwerden darüber unbeachtet. Darauf
sandte Admiral Hope Capitän Roderick Dew auf der Corvette En-
counter nach Nin-po, mit der Weisung, den Ausschreitungen der
Tae-pin ein Ende zu machen. Am 24. April 1862 ankerte der
Encounter vor der Stadt.

Capitän Dew's Warnungen blieben unbeachtet; die Spannung
steigerte sich. Anfang Mai erschien in der Flussmündung ein
kaiserliches Geschwader, dessen Führer die Commandeure der eng-
lischen und französischen Kriegsschiffe ersuchte, mit ihm gemeinsam
die Stadt anzugreifen. Capitän Dew wies dieses Ansinnen zurück,
erklärte, dass, wenn Schüsse der Kaiserlichen oder der Rebellen
die fremde Ansiedlung träfen, das Feuer erwiedert werden solle,
und ersuchte den die Dschunkenflotte commandirenden früheren Tau-
tae
von Nin-po, Tsan, seinen Angriff 48 Stunden zu verschieben,
damit vorher mit den Tae-pin unterhandelt werden könne. -- Eine
neue mächtige Granit-Batterie derselben bestrich mit ihren 68pfün-
dern den Fluss und das Fremdenquartier; diesem gegenüber waren
auch in den Scharten der Stadtmauer viele Geschütze mit losen
Steinen maskirt. Capitän Dew verlangte die Entfernung aller jener
Geschütze von der Stadtmauer und der Batterie und verbürgte sich
dafür, dass dann kein Angriff von der Flussseite erfolgen solle. --
Da keine Antwort kam, so drohte Capitän Dew am 8. Mai zugleich
im Namen der französischen Flottenofficiere, die Stadt zu bombar-
diren, wenn die Fremden durch Schüsse der Tae-pin gefährdet
würden. -- Der Encounter mit 14, Ringdore mit 4 Geschützen und
zwei Kanonenboote bildeten das englische Geschwader; das fran-
zösiche Kriegsschiff Etoile hatte 1, der Confucius 3 Kanonen.

Am Morgen des 10. Mai kam die Dschunkenflotte den Fluss
herauf: die Granit-Batterie gab Feuer; zugleich wurde eine Ge-
wehrsalve auf den Encounter abgeschossen. Darauf bombardirten
die englischen und französischen Schiffe die Werke am Ufer. Beim
ersten Schuss der Batterie hatten die Kaiserlichen -- noch ausser

Anh. IV. Capitän Roderick Dew vor Niṅ-po.

Die Tae-piṅ hatten in Niṅ-po nur, wie gesagt, so lange ein
gutes Gesicht gezeigt, als noch Waffen zu verkaufen waren. Nach-
her merkte man deutlich, wie gern sie die fremde Ansiedlung ge-
plündert, die gezahlten Silbermassen wieder fortgeschleppt hätten.
Von den Wällen aus machten sie oft die den Fremden dienenden
Chinesen und selbst das auf Pistolenschussweite vor dem englischen
Consulat geankerte Kriegsschiff Ringdove zum Ziele ihrer Schiess-
übungen und liessen alle Beschwerden darüber unbeachtet. Darauf
sandte Admiral Hope Capitän Roderick Dew auf der Corvette En-
counter nach Niṅ-po, mit der Weisung, den Ausschreitungen der
Tae-piṅ ein Ende zu machen. Am 24. April 1862 ankerte der
Encounter vor der Stadt.

Capitän Dew’s Warnungen blieben unbeachtet; die Spannung
steigerte sich. Anfang Mai erschien in der Flussmündung ein
kaiserliches Geschwader, dessen Führer die Commandeure der eng-
lischen und französischen Kriegsschiffe ersuchte, mit ihm gemeinsam
die Stadt anzugreifen. Capitän Dew wies dieses Ansinnen zurück,
erklärte, dass, wenn Schüsse der Kaiserlichen oder der Rebellen
die fremde Ansiedlung träfen, das Feuer erwiedert werden solle,
und ersuchte den die Dschunkenflotte commandirenden früheren Tau-
tae
von Niṅ-po, Tšaṅ, seinen Angriff 48 Stunden zu verschieben,
damit vorher mit den Tae-piṅ unterhandelt werden könne. — Eine
neue mächtige Granit-Batterie derselben bestrich mit ihren 68pfün-
dern den Fluss und das Fremdenquartier; diesem gegenüber waren
auch in den Scharten der Stadtmauer viele Geschütze mit losen
Steinen maskirt. Capitän Dew verlangte die Entfernung aller jener
Geschütze von der Stadtmauer und der Batterie und verbürgte sich
dafür, dass dann kein Angriff von der Flussseite erfolgen solle. —
Da keine Antwort kam, so drohte Capitän Dew am 8. Mai zugleich
im Namen der französischen Flottenofficiere, die Stadt zu bombar-
diren, wenn die Fremden durch Schüsse der Tae-piṅ gefährdet
würden. — Der Encounter mit 14, Ringdore mit 4 Geschützen und
zwei Kanonenboote bildeten das englische Geschwader; das fran-
zösiche Kriegsschiff Étoile hatte 1, der Confucius 3 Kanonen.

Am Morgen des 10. Mai kam die Dschunkenflotte den Fluss
herauf: die Granit-Batterie gab Feuer; zugleich wurde eine Ge-
wehrsalve auf den Encounter abgeschossen. Darauf bombardirten
die englischen und französischen Schiffe die Werke am Ufer. Beim
ersten Schuss der Batterie hatten die Kaiserlichen — noch ausser

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[407/0421] Anh. IV. Capitän Roderick Dew vor Niṅ-po. Die Tae-piṅ hatten in Niṅ-po nur, wie gesagt, so lange ein gutes Gesicht gezeigt, als noch Waffen zu verkaufen waren. Nach- her merkte man deutlich, wie gern sie die fremde Ansiedlung ge- plündert, die gezahlten Silbermassen wieder fortgeschleppt hätten. Von den Wällen aus machten sie oft die den Fremden dienenden Chinesen und selbst das auf Pistolenschussweite vor dem englischen Consulat geankerte Kriegsschiff Ringdove zum Ziele ihrer Schiess- übungen und liessen alle Beschwerden darüber unbeachtet. Darauf sandte Admiral Hope Capitän Roderick Dew auf der Corvette En- counter nach Niṅ-po, mit der Weisung, den Ausschreitungen der Tae-piṅ ein Ende zu machen. Am 24. April 1862 ankerte der Encounter vor der Stadt. Capitän Dew’s Warnungen blieben unbeachtet; die Spannung steigerte sich. Anfang Mai erschien in der Flussmündung ein kaiserliches Geschwader, dessen Führer die Commandeure der eng- lischen und französischen Kriegsschiffe ersuchte, mit ihm gemeinsam die Stadt anzugreifen. Capitän Dew wies dieses Ansinnen zurück, erklärte, dass, wenn Schüsse der Kaiserlichen oder der Rebellen die fremde Ansiedlung träfen, das Feuer erwiedert werden solle, und ersuchte den die Dschunkenflotte commandirenden früheren Tau- tae von Niṅ-po, Tšaṅ, seinen Angriff 48 Stunden zu verschieben, damit vorher mit den Tae-piṅ unterhandelt werden könne. — Eine neue mächtige Granit-Batterie derselben bestrich mit ihren 68pfün- dern den Fluss und das Fremdenquartier; diesem gegenüber waren auch in den Scharten der Stadtmauer viele Geschütze mit losen Steinen maskirt. Capitän Dew verlangte die Entfernung aller jener Geschütze von der Stadtmauer und der Batterie und verbürgte sich dafür, dass dann kein Angriff von der Flussseite erfolgen solle. — Da keine Antwort kam, so drohte Capitän Dew am 8. Mai zugleich im Namen der französischen Flottenofficiere, die Stadt zu bombar- diren, wenn die Fremden durch Schüsse der Tae-piṅ gefährdet würden. — Der Encounter mit 14, Ringdore mit 4 Geschützen und zwei Kanonenboote bildeten das englische Geschwader; das fran- zösiche Kriegsschiff Étoile hatte 1, der Confucius 3 Kanonen. Am Morgen des 10. Mai kam die Dschunkenflotte den Fluss herauf: die Granit-Batterie gab Feuer; zugleich wurde eine Ge- wehrsalve auf den Encounter abgeschossen. Darauf bombardirten die englischen und französischen Schiffe die Werke am Ufer. Beim ersten Schuss der Batterie hatten die Kaiserlichen — noch ausser

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/421>, abgerufen am 22.11.2024.