geheimer Verbindung stand; -- dort waren die anderen Wan ver- sammelt, heiter und guter Dinge; die Bedingungen der Capitulation würden streng gehalten, der Fu-tae habe sie alle begnadigt. -- Gordon begab sich dann nach dem Hause des ermordeten Mo-wan, um ihn beerdigen zu lassen; doch wollte Niemand die Leiche be- rühren. Auf dem Rückweg nach seinem Quartier erfuhr er von General Tsin, dass der Fu-tae zu Auszahlung eines einmonat- lichen Soldes für die "Siegreichen" bereit sei, welche sich auf diese Nachricht schleunigst formirten, um gegen den Fu-tae aus- zurücken. Um Gewaltthaten vorzubeugen, behielt nun Gordon sein Commando, und hatte Macht genug über seine Leute, um sie zu beruhigen.
Am Vormittag des 6. December ging Major Gordon wieder in die Stadt und nach dem Hause des Na-wan, wo Alles in der besten Ordnung schien. Die Wan wollten eben zum Fu-tae hin- aus; die ganze Stadt sollte übergeben werden. Nach dem Ost- thore gehend, trifft Gordon kaiserliche Truppen, die brüllend und ihre Gewehre abfeuernd einziehen. General Tsin, der eben durch das Thor kommt, entfärbt sich beim Anblick seines Alliirten und stammelt auf dessen Fragen nach den Wan unverständliche Worte, welche Gordon Schlimmes vermuthen lassen. Dieser kehrt, unbe- waffnet, wie er immer ging und nur von seinem Dolmetscher be- gleitet, nach des Na-wan Hause zurück, um dessen Familie zu schützen und der Plünderung vorzubeugen; das Haus ist aber schon ausgeräumt, die Familie zerstreut bis auf die Frauen, welche Gor- don auf ihr Flehen nach dem Hause eines Oheims des Na-wan bringt; dort umringen ihn Hunderte bewaffneter Tae-pin, welche aus dem Betragen der gegen die Bedingungen der Capitulation plündernden und mordenden kaiserlichen Soldaten einen Schluss auf das Schicksal ihrer Führer ziehn mochten. Bis zum Morgen des 7. December bleibt Gordon dort eingeschlossen; gegen zwei Uhr Nachts erlaubt man ihm, seinen Dolmetscher mit einem Schrei- ben hinauszuschicken, in welchem er den Seinen befiehlt, den Fu- tae aufzuheben und nicht eher loszulassen, bis er die Wan heraus- gäbe, -- von deren Hinrichtung Gordon noch nicht wusste. Der Weg- weiser des Dolmetschers kommt mit der Nachricht zurück, dass kaiserliche Soldaten denselben misshandelt, den Brief zerrissen haben. Nun lassen die Tae-pinGordon selbst hinaus; am Südthor
geheimer Verbindung stand; — dort waren die anderen Waṅ ver- sammelt, heiter und guter Dinge; die Bedingungen der Capitulation würden streng gehalten, der Fu-tae habe sie alle begnadigt. — Gordon begab sich dann nach dem Hause des ermordeten Mo-waṅ, um ihn beerdigen zu lassen; doch wollte Niemand die Leiche be- rühren. Auf dem Rückweg nach seinem Quartier erfuhr er von General Tšiṅ, dass der Fu-tae zu Auszahlung eines einmonat- lichen Soldes für die »Siegreichen« bereit sei, welche sich auf diese Nachricht schleunigst formirten, um gegen den Fu-tae aus- zurücken. Um Gewaltthaten vorzubeugen, behielt nun Gordon sein Commando, und hatte Macht genug über seine Leute, um sie zu beruhigen.
Am Vormittag des 6. December ging Major Gordon wieder in die Stadt und nach dem Hause des Na-waṅ, wo Alles in der besten Ordnung schien. Die Waṅ wollten eben zum Fu-tae hin- aus; die ganze Stadt sollte übergeben werden. Nach dem Ost- thore gehend, trifft Gordon kaiserliche Truppen, die brüllend und ihre Gewehre abfeuernd einziehen. General Tšiṅ, der eben durch das Thor kommt, entfärbt sich beim Anblick seines Alliirten und stammelt auf dessen Fragen nach den Waṅ unverständliche Worte, welche Gordon Schlimmes vermuthen lassen. Dieser kehrt, unbe- waffnet, wie er immer ging und nur von seinem Dolmetscher be- gleitet, nach des Na-waṅ Hause zurück, um dessen Familie zu schützen und der Plünderung vorzubeugen; das Haus ist aber schon ausgeräumt, die Familie zerstreut bis auf die Frauen, welche Gor- don auf ihr Flehen nach dem Hause eines Oheims des Na-waṅ bringt; dort umringen ihn Hunderte bewaffneter Tae-piṅ, welche aus dem Betragen der gegen die Bedingungen der Capitulation plündernden und mordenden kaiserlichen Soldaten einen Schluss auf das Schicksal ihrer Führer ziehn mochten. Bis zum Morgen des 7. December bleibt Gordon dort eingeschlossen; gegen zwei Uhr Nachts erlaubt man ihm, seinen Dolmetscher mit einem Schrei- ben hinauszuschicken, in welchem er den Seinen befiehlt, den Fu- tae aufzuheben und nicht eher loszulassen, bis er die Waṅ heraus- gäbe, — von deren Hinrichtung Gordon noch nicht wusste. Der Weg- weiser des Dolmetschers kommt mit der Nachricht zurück, dass kaiserliche Soldaten denselben misshandelt, den Brief zerrissen haben. Nun lassen die Tae-piṅGordon selbst hinaus; am Südthor
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Anh. IV. Major Gordon in Su-tšau.
geheimer Verbindung stand; — dort waren die anderen Waṅ ver-
sammelt, heiter und guter Dinge; die Bedingungen der Capitulation
würden streng gehalten, der Fu-tae habe sie alle begnadigt. —
Gordon begab sich dann nach dem Hause des ermordeten Mo-waṅ,
um ihn beerdigen zu lassen; doch wollte Niemand die Leiche be-
rühren. Auf dem Rückweg nach seinem Quartier erfuhr er von
General Tšiṅ, dass der Fu-tae zu Auszahlung eines einmonat-
lichen Soldes für die »Siegreichen« bereit sei, welche sich auf
diese Nachricht schleunigst formirten, um gegen den Fu-tae aus-
zurücken. Um Gewaltthaten vorzubeugen, behielt nun Gordon
sein Commando, und hatte Macht genug über seine Leute, um sie
zu beruhigen.
Am Vormittag des 6. December ging Major Gordon wieder
in die Stadt und nach dem Hause des Na-waṅ, wo Alles in der
besten Ordnung schien. Die Waṅ wollten eben zum Fu-tae hin-
aus; die ganze Stadt sollte übergeben werden. Nach dem Ost-
thore gehend, trifft Gordon kaiserliche Truppen, die brüllend und
ihre Gewehre abfeuernd einziehen. General Tšiṅ, der eben durch
das Thor kommt, entfärbt sich beim Anblick seines Alliirten und
stammelt auf dessen Fragen nach den Waṅ unverständliche Worte,
welche Gordon Schlimmes vermuthen lassen. Dieser kehrt, unbe-
waffnet, wie er immer ging und nur von seinem Dolmetscher be-
gleitet, nach des Na-waṅ Hause zurück, um dessen Familie zu
schützen und der Plünderung vorzubeugen; das Haus ist aber schon
ausgeräumt, die Familie zerstreut bis auf die Frauen, welche Gor-
don auf ihr Flehen nach dem Hause eines Oheims des Na-waṅ
bringt; dort umringen ihn Hunderte bewaffneter Tae-piṅ, welche
aus dem Betragen der gegen die Bedingungen der Capitulation
plündernden und mordenden kaiserlichen Soldaten einen Schluss
auf das Schicksal ihrer Führer ziehn mochten. Bis zum Morgen
des 7. December bleibt Gordon dort eingeschlossen; gegen zwei
Uhr Nachts erlaubt man ihm, seinen Dolmetscher mit einem Schrei-
ben hinauszuschicken, in welchem er den Seinen befiehlt, den Fu-
tae aufzuheben und nicht eher loszulassen, bis er die Waṅ heraus-
gäbe, — von deren Hinrichtung Gordon noch nicht wusste. Der Weg-
weiser des Dolmetschers kommt mit der Nachricht zurück, dass
kaiserliche Soldaten denselben misshandelt, den Brief zerrissen
haben. Nun lassen die Tae-piṅ Gordon selbst hinaus; am Südthor
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/435>, abgerufen am 16.07.2024.
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