Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.XVI. Rennpreis der Gesandtschaft. der Südmauer von Tien-tsin gelegene Theil der Ebene blieb kahl;hier fanden jeden Sonnabend die Pferderennen der Dzim-kana statt, denen wir regelmässig beiwohnten. In Erwiederung der ge- nossenen Gastfreundschaft verehrten Graf Eulenburg und seine Be- gleiter dem Club einen silbernen Humpen, den sie in Tien-tsin fertigen liessen. Die Vorderseite schmückte der preussische Garde- Adler, nach dem Modell auf dem Helm des Attache Grafen zu Eulenburg in Silber getrieben, von vorzüglicher Arbeit. Ringsum waren auf mattem Grunde Lotos und Bambus als glückbringende Embleme in halb erhabener und gravirter Arbeit, und der vom chine- sischen Silberschmiede sonderbar gewählte Sinnspruch angebracht: "Der Hauch des Weisen gleicht dem süssesten Blumenduft." Den Henkel bildete ein massiv gearbeiteter Drachen; innen war der Humpen stark vergoldet. Die Engländer veranstalteten dafür ein glänzendes Rennen, das am 31. August stattfand: eine englische Meile, einfacher Sieg. Die besten Pferde waren dafür trainirt; rege Theilnahme bewies die Höhe der Wetten. Acht Pferde liefen in lebhafter Gangart vom Pfosten, und der Kampf steigerte sich bis zuletzt. Moonraker, ein Pferd des Lieutenant Upperton, der in Capitän Fane's Abwesenheit dessen Regiment commandirte, blieb Sieger. Nachdem die Stewards demselben den Preis zugesprochen, übergab ihm Graf Eulenburg mit herzlichen Worten den Humpen, der, mit drei Flaschen Champagner gefüllt, die Runde machte. Nach dem Schreiben des Gesandten vom 27. Juni mit dem XVI. Rennpreis der Gesandtschaft. der Südmauer von Tien-tsin gelegene Theil der Ebene blieb kahl;hier fanden jeden Sonnabend die Pferderennen der Džim-kana statt, denen wir regelmässig beiwohnten. In Erwiederung der ge- nossenen Gastfreundschaft verehrten Graf Eulenburg und seine Be- gleiter dem Club einen silbernen Humpen, den sie in Tien-tsin fertigen liessen. Die Vorderseite schmückte der preussische Garde- Adler, nach dem Modell auf dem Helm des Attaché Grafen zu Eulenburg in Silber getrieben, von vorzüglicher Arbeit. Ringsum waren auf mattem Grunde Lotos und Bambus als glückbringende Embleme in halb erhabener und gravirter Arbeit, und der vom chine- sischen Silberschmiede sonderbar gewählte Sinnspruch angebracht: »Der Hauch des Weisen gleicht dem süssesten Blumenduft.« Den Henkel bildete ein massiv gearbeiteter Drachen; innen war der Humpen stark vergoldet. Die Engländer veranstalteten dafür ein glänzendes Rennen, das am 31. August stattfand: eine englische Meile, einfacher Sieg. Die besten Pferde waren dafür trainirt; rege Theilnahme bewies die Höhe der Wetten. Acht Pferde liefen in lebhafter Gangart vom Pfosten, und der Kampf steigerte sich bis zuletzt. Moonraker, ein Pferd des Lieutenant Upperton, der in Capitän Fane’s Abwesenheit dessen Regiment commandirte, blieb Sieger. Nachdem die Stewards demselben den Preis zugesprochen, übergab ihm Graf Eulenburg mit herzlichen Worten den Humpen, der, mit drei Flaschen Champagner gefüllt, die Runde machte. Nach dem Schreiben des Gesandten vom 27. Juni mit dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0087" n="73"/><fw place="top" type="header">XVI. Rennpreis der Gesandtschaft.</fw><lb/> der Südmauer von <hi rendition="#k"><placeName>Tien-tsin</placeName></hi> gelegene Theil der Ebene blieb kahl;<lb/> hier fanden jeden Sonnabend die Pferderennen der <hi rendition="#k">Džim-kana</hi><lb/> statt, denen wir regelmässig beiwohnten. In Erwiederung der ge-<lb/> nossenen Gastfreundschaft verehrten Graf <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119178931">Eulenburg</persName> und seine Be-<lb/> gleiter dem Club einen silbernen Humpen, den sie in <hi rendition="#k"><placeName>Tien-tsin</placeName></hi><lb/> fertigen liessen. Die Vorderseite schmückte der preussische Garde-<lb/> Adler, nach dem Modell auf dem Helm des Attaché Grafen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119178931">zu<lb/> Eulenburg</persName> in Silber getrieben, von vorzüglicher Arbeit. Ringsum<lb/> waren auf mattem Grunde Lotos und Bambus als glückbringende<lb/> Embleme in halb erhabener und gravirter Arbeit, und der vom chine-<lb/> sischen Silberschmiede sonderbar gewählte Sinnspruch angebracht:<lb/> »Der Hauch des Weisen gleicht dem süssesten Blumenduft.« Den<lb/> Henkel bildete ein massiv gearbeiteter Drachen; innen war der<lb/> Humpen stark vergoldet. Die Engländer veranstalteten dafür ein<lb/> glänzendes Rennen, das am 31. August stattfand: eine englische<lb/> Meile, einfacher Sieg. Die besten Pferde waren dafür trainirt;<lb/> rege Theilnahme bewies die Höhe der Wetten. Acht Pferde liefen<lb/> in lebhafter Gangart vom Pfosten, und der Kampf steigerte sich<lb/> bis zuletzt. Moonraker, ein Pferd des Lieutenant <persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/no2012043864">Upperton</persName>, der<lb/> in Capitän <persName ref="nognd">Fane’s</persName> Abwesenheit dessen Regiment commandirte, blieb<lb/> Sieger. Nachdem die Stewards demselben den Preis zugesprochen,<lb/> übergab ihm Graf <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119178931">Eulenburg</persName> mit herzlichen Worten den Humpen,<lb/> der, mit drei Flaschen Champagner gefüllt, die Runde machte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Nach dem Schreiben des Gesandten vom 27. Juni mit dem<lb/> Entwurf des Separat-Artikels wurden die Verhandlungen ohne<lb/> weiteres wieder aufgenommen. Die Commissare besuchten ihn am<lb/> 30. Juni in eleganter Sommerkleidung: <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Tsuṅ-luen</persName></hi> trug einen langen<lb/> blauen Rock von durchsichtigem Crêpe, <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Tsuṅ-hau</persName></hi> ein gelbes Gewand,<lb/> über weissen Unterkleidern; um den Leib hatten sie Gürtel, vorn<lb/> mit Edelsteinen besetzt, auf dem Kopf den kleinen spitzen Stroh-<lb/> hut, den im Sommer alle Chinesen tragen. <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Tsuṅ-luen</persName></hi> schien sehr<lb/> vergnügt über Erledigung des verfänglichen Zwischenfalles und<lb/> sprach begeistert von den Festen, welche die Bevollmächtigten<lb/> einander nach Abschluss des Vertrages geben wollten, wurde aber<lb/> schwierig, als Geschäfte zur Sprache kamen: <placeName>Preussen</placeName> müsse ver-<lb/> sprechen, auf zehn Jahre keinen Vertreter nach <hi rendition="#k"><placeName>Pe-kiṅ</placeName></hi> zu schicken.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0087]
XVI. Rennpreis der Gesandtschaft.
der Südmauer von Tien-tsin gelegene Theil der Ebene blieb kahl;
hier fanden jeden Sonnabend die Pferderennen der Džim-kana
statt, denen wir regelmässig beiwohnten. In Erwiederung der ge-
nossenen Gastfreundschaft verehrten Graf Eulenburg und seine Be-
gleiter dem Club einen silbernen Humpen, den sie in Tien-tsin
fertigen liessen. Die Vorderseite schmückte der preussische Garde-
Adler, nach dem Modell auf dem Helm des Attaché Grafen zu
Eulenburg in Silber getrieben, von vorzüglicher Arbeit. Ringsum
waren auf mattem Grunde Lotos und Bambus als glückbringende
Embleme in halb erhabener und gravirter Arbeit, und der vom chine-
sischen Silberschmiede sonderbar gewählte Sinnspruch angebracht:
»Der Hauch des Weisen gleicht dem süssesten Blumenduft.« Den
Henkel bildete ein massiv gearbeiteter Drachen; innen war der
Humpen stark vergoldet. Die Engländer veranstalteten dafür ein
glänzendes Rennen, das am 31. August stattfand: eine englische
Meile, einfacher Sieg. Die besten Pferde waren dafür trainirt;
rege Theilnahme bewies die Höhe der Wetten. Acht Pferde liefen
in lebhafter Gangart vom Pfosten, und der Kampf steigerte sich
bis zuletzt. Moonraker, ein Pferd des Lieutenant Upperton, der
in Capitän Fane’s Abwesenheit dessen Regiment commandirte, blieb
Sieger. Nachdem die Stewards demselben den Preis zugesprochen,
übergab ihm Graf Eulenburg mit herzlichen Worten den Humpen,
der, mit drei Flaschen Champagner gefüllt, die Runde machte.
Nach dem Schreiben des Gesandten vom 27. Juni mit dem
Entwurf des Separat-Artikels wurden die Verhandlungen ohne
weiteres wieder aufgenommen. Die Commissare besuchten ihn am
30. Juni in eleganter Sommerkleidung: Tsuṅ-luen trug einen langen
blauen Rock von durchsichtigem Crêpe, Tsuṅ-hau ein gelbes Gewand,
über weissen Unterkleidern; um den Leib hatten sie Gürtel, vorn
mit Edelsteinen besetzt, auf dem Kopf den kleinen spitzen Stroh-
hut, den im Sommer alle Chinesen tragen. Tsuṅ-luen schien sehr
vergnügt über Erledigung des verfänglichen Zwischenfalles und
sprach begeistert von den Festen, welche die Bevollmächtigten
einander nach Abschluss des Vertrages geben wollten, wurde aber
schwierig, als Geschäfte zur Sprache kamen: Preussen müsse ver-
sprechen, auf zehn Jahre keinen Vertreter nach Pe-kiṅ zu schicken.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |