Der Gesandte. Das hat ja doch mit dem den Reisenden zu gewährenden Schutz nichts zu thun. Wird ein Reisender an einem Orte betroffen, wohin zu gehn er kein Recht hat, so können die chinesischen Behörden ihn zwar zurückführen, dürfen ihm aber ihren Schutz nicht entziehen.
Tsun-luen. Lässt sich ein Deutscher an einem unerlaubten Orte betreffen, so mag er sich selbst schützen; den einzigen Fall ausgenommen, dass er schiffbrüchig dahin verschlagen wäre.
Der Gesandte. Das wäre ein sonderbarer Freundschafts- vertrag; Schutz für die beiderseitigen Unterthanen ist ja die erste und einfachste Bedingung eines solchen.
Tsun-luen. Die Reisenden müssen doch immer Pässe haben.
Der Gesandte. Allerdings. Es ist aber in allen Verträgen durch einen besonderen Artikel ausgemacht, dass Reisende, selbst wenn sie irgendwo ohne Pass getroffen würden, nicht schlecht be- handelt, sondern höflich zum nächsten Consulat geführt werden, also auch dann noch Schutz geniessen sollen.
Tsun-luen. Reisen im Innern müssen immer mit einem be- stimmten Handelszwecke unternommen werden, und dieser muss aus- drücklich im Passe angegeben sein.
Der Gesandte. Zu dem Artikel über die Pässe kommen wir später. Hier handelt es sich nur um den Schutz, der jedem Unter- than einer mit China befreundeten Nation eo ipso und überall zu- steht. Der russische Vertrag, der doch nicht die Folge einer Pression ist, enthält diesen Artikel eben so klar.
Tsun-luen. Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen China und Russland sind aber auch uralt.
Der Gesandte. Ich erkläre positiv, dass der Artikel so stehen bleiben muss, wie ich ihn vorschlug. Wenn Sie fortfahren, mir bei jedem einzelnen Artikel Zumuthungen zu machen, die sich mit der Würde meines Landes nicht vertragen, so breche ich überhaupt die Verhandlungen ab. Mein aus den anderen Verträgen zusammen- gestellter Entwurf muss die Grundlage der Verhandlungen bleiben, wenn sie zum Ziele führen sollen. Ihre Art zu verhandeln ist auch ganz gegen die wohlwollenden Absichten des Prinzen von Kun, der mir, wovon Sie garnichts zu wissen scheinen, seine Bedenken gegen meinen Vertrags-Entwurf auf anderem Wege zukommen liess; sie waren der Art, dass ich fast in allen Puncten nachgeben konnte.
XVI. Conferenz.
Der Gesandte. Das hat ja doch mit dem den Reisenden zu gewährenden Schutz nichts zu thun. Wird ein Reisender an einem Orte betroffen, wohin zu gehn er kein Recht hat, so können die chinesischen Behörden ihn zwar zurückführen, dürfen ihm aber ihren Schutz nicht entziehen.
Tsuṅ-luen. Lässt sich ein Deutscher an einem unerlaubten Orte betreffen, so mag er sich selbst schützen; den einzigen Fall ausgenommen, dass er schiffbrüchig dahin verschlagen wäre.
Der Gesandte. Das wäre ein sonderbarer Freundschafts- vertrag; Schutz für die beiderseitigen Unterthanen ist ja die erste und einfachste Bedingung eines solchen.
Tsuṅ-luen. Die Reisenden müssen doch immer Pässe haben.
Der Gesandte. Allerdings. Es ist aber in allen Verträgen durch einen besonderen Artikel ausgemacht, dass Reisende, selbst wenn sie irgendwo ohne Pass getroffen würden, nicht schlecht be- handelt, sondern höflich zum nächsten Consulat geführt werden, also auch dann noch Schutz geniessen sollen.
Tsuṅ-luen. Reisen im Innern müssen immer mit einem be- stimmten Handelszwecke unternommen werden, und dieser muss aus- drücklich im Passe angegeben sein.
Der Gesandte. Zu dem Artikel über die Pässe kommen wir später. Hier handelt es sich nur um den Schutz, der jedem Unter- than einer mit China befreundeten Nation eo ipso und überall zu- steht. Der russische Vertrag, der doch nicht die Folge einer Pression ist, enthält diesen Artikel eben so klar.
Tsuṅ-luen. Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen China und Russland sind aber auch uralt.
Der Gesandte. Ich erkläre positiv, dass der Artikel so stehen bleiben muss, wie ich ihn vorschlug. Wenn Sie fortfahren, mir bei jedem einzelnen Artikel Zumuthungen zu machen, die sich mit der Würde meines Landes nicht vertragen, so breche ich überhaupt die Verhandlungen ab. Mein aus den anderen Verträgen zusammen- gestellter Entwurf muss die Grundlage der Verhandlungen bleiben, wenn sie zum Ziele führen sollen. Ihre Art zu verhandeln ist auch ganz gegen die wohlwollenden Absichten des Prinzen von Kuṅ, der mir, wovon Sie garnichts zu wissen scheinen, seine Bedenken gegen meinen Vertrags-Entwurf auf anderem Wege zukommen liess; sie waren der Art, dass ich fast in allen Puncten nachgeben konnte.
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Der Gesandte. Das hat ja doch mit dem den Reisenden zu
gewährenden Schutz nichts zu thun. Wird ein Reisender an einem
Orte betroffen, wohin zu gehn er kein Recht hat, so können die
chinesischen Behörden ihn zwar zurückführen, dürfen ihm aber ihren
Schutz nicht entziehen.
Tsuṅ-luen. Lässt sich ein Deutscher an einem unerlaubten
Orte betreffen, so mag er sich selbst schützen; den einzigen Fall
ausgenommen, dass er schiffbrüchig dahin verschlagen wäre.
Der Gesandte. Das wäre ein sonderbarer Freundschafts-
vertrag; Schutz für die beiderseitigen Unterthanen ist ja die erste
und einfachste Bedingung eines solchen.
Tsuṅ-luen. Die Reisenden müssen doch immer Pässe
haben.
Der Gesandte. Allerdings. Es ist aber in allen Verträgen
durch einen besonderen Artikel ausgemacht, dass Reisende, selbst
wenn sie irgendwo ohne Pass getroffen würden, nicht schlecht be-
handelt, sondern höflich zum nächsten Consulat geführt werden,
also auch dann noch Schutz geniessen sollen.
Tsuṅ-luen. Reisen im Innern müssen immer mit einem be-
stimmten Handelszwecke unternommen werden, und dieser muss aus-
drücklich im Passe angegeben sein.
Der Gesandte. Zu dem Artikel über die Pässe kommen wir
später. Hier handelt es sich nur um den Schutz, der jedem Unter-
than einer mit China befreundeten Nation eo ipso und überall zu-
steht. Der russische Vertrag, der doch nicht die Folge einer Pression
ist, enthält diesen Artikel eben so klar.
Tsuṅ-luen. Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen
China und Russland sind aber auch uralt.
Der Gesandte. Ich erkläre positiv, dass der Artikel so stehen
bleiben muss, wie ich ihn vorschlug. Wenn Sie fortfahren, mir bei
jedem einzelnen Artikel Zumuthungen zu machen, die sich mit der
Würde meines Landes nicht vertragen, so breche ich überhaupt die
Verhandlungen ab. Mein aus den anderen Verträgen zusammen-
gestellter Entwurf muss die Grundlage der Verhandlungen bleiben,
wenn sie zum Ziele führen sollen. Ihre Art zu verhandeln ist auch
ganz gegen die wohlwollenden Absichten des Prinzen von Kuṅ,
der mir, wovon Sie garnichts zu wissen scheinen, seine Bedenken
gegen meinen Vertrags-Entwurf auf anderem Wege zukommen liess;
sie waren der Art, dass ich fast in allen Puncten nachgeben konnte.
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/93>, abgerufen am 23.11.2024.
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