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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Langarmige Affen und Schlankaffen.
dernd, öfters wie Enterhaken, zu benutzen. Der Name Orang-utan
ist malaiisch und bezeichnet Waldmensch (nicht Orang-utang, was
verschuldeter Mensch bedeuten würde), kann aber nicht als einhei-
mischer Name des Thieres gelten, denn wo er lebt, wenigstens in
Borneo, ist die einheimische Sprache nicht die malaiische, und der
Malaie denkt sich unter jenem Ausdruck nicht gerade diesen Affen,
sondern wirkliche, in Wäldern lebende, d. h. uncivilisirte Menschen,
etwa das, was bei uns der gemeine Mann unter dem Ausdruck
"Wilde" sich denkt. Die Eingeborenen im Innern von Borneo haben
eigene Namen für ihn, je die verschiedenen Stämme verschiedene,
so mias, mawe etc.

Die drei Gattungen der langarmigen Affen, Schlankaffen und
sogenannten Makako (Macacus Cuv., Inuus Wagn.) sind den grossen
Sunda-Inseln mit dem indischen Festland gemein, die Arten öfters
den einzelnen Inseln eigenthümlich oder Sumatra und Borneo ge-
meinschaftlich (Macacus nemestrinus), die javanischen aber den
sumatranischen öfters sehr ähnlich (Semnopithecus Maurus dem
pruinosus). Die langarmigen Affen hörte ich öfters des Morgens
während der Landreise durch Sumatra in den Wäldern, es war ein
vielstimmiges, lustiges, helltönendes Gebell, das der betreffenden
Art (Hylobates variegatus) hier die Benennung ungko, ungka, im
westlichen Borneo (H. concolor) kalampiauw, auf Java die von
"Wauwau" eigentlich uwa-uwa verschafft hat. Die grösste Art, den
schwarzen Siamang, H. syndactylus Raffl., sah ich nur einmal auf
Sumatra und zwar einen allein, hoch oben quer über meinen Weg
von einem Baum zum andern, ungefähr 20 Fuss weit, sich schwin-
gend. Unter den langgeschwänzten Schlankaffen oder ernsten Affen
(Semnopithecus Fr. Cuv.), die im ernsten Wesen dem Orang-
utan sich nähern, ist auf Java der häufigste der schwarze lutung,
Semnopithecus Maurus L. sp. (vgl. oben S. 52); auf Sumatra sah
ich als Gefangenen den ähnlichen etwas helleren S. pruinosus Desm.
(cristatus Raffl.) ebenfalls lutung, aber auch tshing-kau genannt,
und den schwarzschopfigen simpai, S. melalophos Raffl., letzterer
schon ein mehr aufgeweckter, lustiger Spielkamerad. Der eigen-
thümlichste ist der Nasenaffe, S. nasica Schreb., der in den Ufer-
waldungen des Kapuasstromes auf Borneo nicht selten sein soll,
also Gesellschafter des Orang-utan, dem er auch in der rothbraunen
Haarfarbe und der für seine Gattung bedeutenden Grösse etwas
ähnelt; auch er verräth sich oft von ferne durch seine laute Stimme,

Langarmige Affen und Schlankaffen.
dernd, öfters wie Enterhaken, zu benutzen. Der Name Orang-utan
ist malaiisch und bezeichnet Waldmensch (nicht Orang-utang, was
verschuldeter Mensch bedeuten würde), kann aber nicht als einhei-
mischer Name des Thieres gelten, denn wo er lebt, wenigstens in
Borneo, ist die einheimische Sprache nicht die malaiische, und der
Malaie denkt sich unter jenem Ausdruck nicht gerade diesen Affen,
sondern wirkliche, in Wäldern lebende, d. h. uncivilisirte Menschen,
etwa das, was bei uns der gemeine Mann unter dem Ausdruck
»Wilde« sich denkt. Die Eingeborenen im Innern von Borneo haben
eigene Namen für ihn, je die verschiedenen Stämme verschiedene,
so mias, mawe etc.

Die drei Gattungen der langarmigen Affen, Schlankaffen und
sogenannten Makako (Macacus Cuv., Inuus Wagn.) sind den grossen
Sunda-Inseln mit dem indischen Festland gemein, die Arten öfters
den einzelnen Inseln eigenthümlich oder Sumatra und Borneo ge-
meinschaftlich (Macacus nemestrinus), die javanischen aber den
sumatranischen öfters sehr ähnlich (Semnopithecus Maurus dem
pruinosus). Die langarmigen Affen hörte ich öfters des Morgens
während der Landreise durch Sumatra in den Wäldern, es war ein
vielstimmiges, lustiges, helltönendes Gebell, das der betreffenden
Art (Hylobates variegatus) hier die Benennung ungko, ungka, im
westlichen Borneo (H. concolor) kalampiauw, auf Java die von
»Wauwau« eigentlich uwa-uwa verschafft hat. Die grösste Art, den
schwarzen Siāmang, H. syndactylus Raffl., sah ich nur einmal auf
Sumatra und zwar einen allein, hoch oben quer über meinen Weg
von einem Baum zum andern, ungefähr 20 Fuss weit, sich schwin-
gend. Unter den langgeschwänzten Schlankaffen oder ernsten Affen
(Semnopithecus Fr. Cuv.), die im ernsten Wesen dem Orang-
utan sich nähern, ist auf Java der häufigste der schwarze lutung,
Semnopithecus Maurus L. sp. (vgl. oben S. 52); auf Sumatra sah
ich als Gefangenen den ähnlichen etwas helleren S. pruinosus Desm.
(cristatus Raffl.) ebenfalls lutung, aber auch tshing-kau genannt,
und den schwarzschopfigen simpai, S. melalophos Raffl., letzterer
schon ein mehr aufgeweckter, lustiger Spielkamerad. Der eigen-
thümlichste ist der Nasenaffe, S. nasica Schreb., der in den Ufer-
waldungen des Kapuasstromes auf Borneo nicht selten sein soll,
also Gesellschafter des Orang-utan, dem er auch in der rothbraunen
Haarfarbe und der für seine Gattung bedeutenden Grösse etwas
ähnelt; auch er verräth sich oft von ferne durch seine laute Stimme,

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[249/0267] Langarmige Affen und Schlankaffen. dernd, öfters wie Enterhaken, zu benutzen. Der Name Orang-utan ist malaiisch und bezeichnet Waldmensch (nicht Orang-utang, was verschuldeter Mensch bedeuten würde), kann aber nicht als einhei- mischer Name des Thieres gelten, denn wo er lebt, wenigstens in Borneo, ist die einheimische Sprache nicht die malaiische, und der Malaie denkt sich unter jenem Ausdruck nicht gerade diesen Affen, sondern wirkliche, in Wäldern lebende, d. h. uncivilisirte Menschen, etwa das, was bei uns der gemeine Mann unter dem Ausdruck »Wilde« sich denkt. Die Eingeborenen im Innern von Borneo haben eigene Namen für ihn, je die verschiedenen Stämme verschiedene, so mias, mawe etc. Die drei Gattungen der langarmigen Affen, Schlankaffen und sogenannten Makako (Macacus Cuv., Inuus Wagn.) sind den grossen Sunda-Inseln mit dem indischen Festland gemein, die Arten öfters den einzelnen Inseln eigenthümlich oder Sumatra und Borneo ge- meinschaftlich (Macacus nemestrinus), die javanischen aber den sumatranischen öfters sehr ähnlich (Semnopithecus Maurus dem pruinosus). Die langarmigen Affen hörte ich öfters des Morgens während der Landreise durch Sumatra in den Wäldern, es war ein vielstimmiges, lustiges, helltönendes Gebell, das der betreffenden Art (Hylobates variegatus) hier die Benennung ungko, ungka, im westlichen Borneo (H. concolor) kalampiauw, auf Java die von »Wauwau« eigentlich uwa-uwa verschafft hat. Die grösste Art, den schwarzen Siāmang, H. syndactylus Raffl., sah ich nur einmal auf Sumatra und zwar einen allein, hoch oben quer über meinen Weg von einem Baum zum andern, ungefähr 20 Fuss weit, sich schwin- gend. Unter den langgeschwänzten Schlankaffen oder ernsten Affen (Semnopithecus Fr. Cuv.), die im ernsten Wesen dem Orang- utan sich nähern, ist auf Java der häufigste der schwarze lutung, Semnopithecus Maurus L. sp. (vgl. oben S. 52); auf Sumatra sah ich als Gefangenen den ähnlichen etwas helleren S. pruinosus Desm. (cristatus Raffl.) ebenfalls lutung, aber auch tshing-kau genannt, und den schwarzschopfigen simpai, S. melalophos Raffl., letzterer schon ein mehr aufgeweckter, lustiger Spielkamerad. Der eigen- thümlichste ist der Nasenaffe, S. nasica Schreb., der in den Ufer- waldungen des Kapuasstromes auf Borneo nicht selten sein soll, also Gesellschafter des Orang-utan, dem er auch in der rothbraunen Haarfarbe und der für seine Gattung bedeutenden Grösse etwas ähnelt; auch er verräth sich oft von ferne durch seine laute Stimme,

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/267>, abgerufen am 24.11.2024.