Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.Vertheilung und Verwandtschaft der Landschnecken. H. adspersa entsprechend, scheinen zu fehlen. Die kleine, an dendürren Südabhängen am Boden häufige, zierliche Helix polymorpha erinnert zugleich an unsere europäische H. rotundata und lapicida, ihr Vorkommen gleicht dem der H. rotundata. Die halbbedeckten, viel Feuchtigkeit verlangenden Vitrinen (V. nitida Gould und Rui- vensis Couthouy) sind in den höheren Waldgegenden zu Hause, beide sind grösser, als die europäischen Arten. Nacktschnecken sind auch nicht selten, ich sah kleine hellbraune Arion (ater L.?), unseren deutschen Limax agrestis, dann die südwesteuropäischen L. gagates Dr. und (wahrscheinlich) L. Sowerbyi Fer. Neben diesen sind noch einige kleine Mulmschnecken, wie Hyalina cellaria, mit Europa gemeinsam; ferner Stenogyra decollata L., die aber hier so wenig wie dort verwandte Arten findet; ich habe die letztere nur in der nächsten Umgebung Funchals gesehen und werde dadurch in der Meinung bestärkt, dass sie eingeschleppt sei; sie ist hier viel dünnschaliger, mehr glänzend, durchscheinend und gelb, als gewöhnlich in Italien, offenbar fehlt es ihr an Kalk. Die Cyclostomen sind nur durch zwei Arten einer kleinen, Europa fremden Gruppe, Craspedopoma, repräsentirt, deren dritte Art auf den canarischen Inseln lebt. Es sind dieses übrigens kleine Erdschnecken, in der Lebensart unserem Cyclostoma ähnlich, in Humusboden zu finden. Die Gattung Pomatias, früher für rein europäisch gehalten, bis in der neuesten Zeit Eine Art auf den canarischen Inseln gefunden wurde, wird auf Madeira (bis jetzt) vermisst; dieses scheint sich daraus zu erklären, dass es kalkliebende Felsschnecken, und unsere Insel keine Kalkfelsen hat, daher überhaupt die specifischen Fels- schnecken sehr zurücktreten, so ist z. B. die Gattung Pupa zwar zahlreich vertreten, aber durch lauter kleine Mulmschnecken; Analoga unserer Pupa avena und frumentum scheinen ganz zu fehlen. Clausilien sind jedoch mehrere vorhanden, darunter fand ich eine mit sehr dickem Mundsaum, Cl. Lowei, in der Waldregion. Die zwei Hauptregionen Madeira's treten auch in dem Vor- Vertheilung und Verwandtschaft der Landschnecken. H. adspersa entsprechend, scheinen zu fehlen. Die kleine, an dendürren Südabhängen am Boden häufige, zierliche Helix polymorpha erinnert zugleich an unsere europäische H. rotundata und lapicida, ihr Vorkommen gleicht dem der H. rotundata. Die halbbedeckten, viel Feuchtigkeit verlangenden Vitrinen (V. nitida Gould und Rui- vensis Couthouy) sind in den höheren Waldgegenden zu Hause, beide sind grösser, als die europäischen Arten. Nacktschnecken sind auch nicht selten, ich sah kleine hellbraune Arion (ater L.?), unseren deutschen Limax agrestis, dann die südwesteuropäischen L. gagates Dr. und (wahrscheinlich) L. Sowerbyi Fer. Neben diesen sind noch einige kleine Mulmschnecken, wie Hyalina cellaria, mit Europa gemeinsam; ferner Stenogyra decollata L., die aber hier so wenig wie dort verwandte Arten findet; ich habe die letztere nur in der nächsten Umgebung Funchals gesehen und werde dadurch in der Meinung bestärkt, dass sie eingeschleppt sei; sie ist hier viel dünnschaliger, mehr glänzend, durchscheinend und gelb, als gewöhnlich in Italien, offenbar fehlt es ihr an Kalk. Die Cyclostomen sind nur durch zwei Arten einer kleinen, Europa fremden Gruppe, Craspedopoma, repräsentirt, deren dritte Art auf den canarischen Inseln lebt. Es sind dieses übrigens kleine Erdschnecken, in der Lebensart unserem Cyclostoma ähnlich, in Humusboden zu finden. Die Gattung Pomatias, früher für rein europäisch gehalten, bis in der neuesten Zeit Eine Art auf den canarischen Inseln gefunden wurde, wird auf Madeira (bis jetzt) vermisst; dieses scheint sich daraus zu erklären, dass es kalkliebende Felsschnecken, und unsere Insel keine Kalkfelsen hat, daher überhaupt die specifischen Fels- schnecken sehr zurücktreten, so ist z. B. die Gattung Pupa zwar zahlreich vertreten, aber durch lauter kleine Mulmschnecken; Analoga unserer Pupa avena und frumentum scheinen ganz zu fehlen. Clausilien sind jedoch mehrere vorhanden, darunter fand ich eine mit sehr dickem Mundsaum, Cl. Lowei, in der Waldregion. Die zwei Hauptregionen Madeira’s treten auch in dem Vor- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0028" n="10"/><fw place="top" type="header">Vertheilung und Verwandtschaft der Landschnecken.</fw><lb/> H. adspersa entsprechend, scheinen zu fehlen. Die kleine, an den<lb/> dürren Südabhängen am Boden häufige, zierliche Helix polymorpha<lb/> erinnert zugleich an unsere europäische H. rotundata und lapicida,<lb/> ihr Vorkommen gleicht dem der H. rotundata. Die halbbedeckten,<lb/> viel Feuchtigkeit verlangenden Vitrinen (V. nitida Gould und Rui-<lb/> vensis Couthouy) sind in den höheren Waldgegenden zu Hause,<lb/> beide sind grösser, als die europäischen Arten. Nacktschnecken<lb/> sind auch nicht selten, ich sah kleine hellbraune Arion (ater L.?),<lb/> unseren deutschen Limax agrestis, dann die südwesteuropäischen<lb/> L. gagates Dr. und (wahrscheinlich) L. Sowerbyi Fer. Neben diesen<lb/> sind noch einige kleine Mulmschnecken, wie Hyalina cellaria, mit<lb/> Europa gemeinsam; ferner Stenogyra decollata L., die aber hier so<lb/> wenig wie dort verwandte Arten findet; ich habe die letztere nur<lb/> in der nächsten Umgebung Funchals gesehen und werde dadurch<lb/> in der Meinung bestärkt, dass sie eingeschleppt sei; sie ist hier<lb/> viel dünnschaliger, mehr glänzend, durchscheinend und gelb, als<lb/> gewöhnlich in Italien, offenbar fehlt es ihr an Kalk. Die Cyclostomen<lb/> sind nur durch zwei Arten einer kleinen, Europa fremden Gruppe,<lb/> Craspedopoma, repräsentirt, deren dritte Art auf den canarischen<lb/> Inseln lebt. Es sind dieses übrigens kleine Erdschnecken, in der<lb/> Lebensart unserem Cyclostoma ähnlich, in Humusboden zu finden.<lb/> Die Gattung Pomatias, früher für rein europäisch gehalten, bis in<lb/> der neuesten Zeit Eine Art auf den canarischen Inseln gefunden<lb/> wurde, wird auf <hi rendition="#k">Madeira</hi> (bis jetzt) vermisst; dieses scheint sich<lb/> daraus zu erklären, dass es kalkliebende Felsschnecken, und unsere<lb/> Insel keine Kalkfelsen hat, daher überhaupt die specifischen Fels-<lb/> schnecken sehr zurücktreten, so ist z. B. die Gattung Pupa zwar<lb/> zahlreich vertreten, aber durch lauter kleine Mulmschnecken;<lb/> Analoga unserer Pupa avena und frumentum scheinen ganz zu<lb/> fehlen. Clausilien sind jedoch mehrere vorhanden, darunter fand<lb/> ich eine mit sehr dickem Mundsaum, Cl. Lowei, in der Waldregion.</p><lb/> <p>Die zwei Hauptregionen <hi rendition="#k">Madeira</hi>’s treten auch in dem Vor-<lb/> kommen der Landschnecken deutlich aus einander: der unteren<lb/> warmen und trockenen des bebauten Landes und der dürren steinigen<lb/> opuntienreichen Abhänge gehören die mehr eigenthümlichen H. un-<lb/> data, nitidiuscula, polymorpha; der höheren feuchten Waldregion<lb/> die Nacktschnecken, Vitrinen und Hyalinen, Craspedopoma, Pupa<lb/> und Clausilia, also grossentheils den europäischen ähnliche oder<lb/> gleiche Formen. Von eigenen Strandschnecken konnte ich nichts<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0028]
Vertheilung und Verwandtschaft der Landschnecken.
H. adspersa entsprechend, scheinen zu fehlen. Die kleine, an den
dürren Südabhängen am Boden häufige, zierliche Helix polymorpha
erinnert zugleich an unsere europäische H. rotundata und lapicida,
ihr Vorkommen gleicht dem der H. rotundata. Die halbbedeckten,
viel Feuchtigkeit verlangenden Vitrinen (V. nitida Gould und Rui-
vensis Couthouy) sind in den höheren Waldgegenden zu Hause,
beide sind grösser, als die europäischen Arten. Nacktschnecken
sind auch nicht selten, ich sah kleine hellbraune Arion (ater L.?),
unseren deutschen Limax agrestis, dann die südwesteuropäischen
L. gagates Dr. und (wahrscheinlich) L. Sowerbyi Fer. Neben diesen
sind noch einige kleine Mulmschnecken, wie Hyalina cellaria, mit
Europa gemeinsam; ferner Stenogyra decollata L., die aber hier so
wenig wie dort verwandte Arten findet; ich habe die letztere nur
in der nächsten Umgebung Funchals gesehen und werde dadurch
in der Meinung bestärkt, dass sie eingeschleppt sei; sie ist hier
viel dünnschaliger, mehr glänzend, durchscheinend und gelb, als
gewöhnlich in Italien, offenbar fehlt es ihr an Kalk. Die Cyclostomen
sind nur durch zwei Arten einer kleinen, Europa fremden Gruppe,
Craspedopoma, repräsentirt, deren dritte Art auf den canarischen
Inseln lebt. Es sind dieses übrigens kleine Erdschnecken, in der
Lebensart unserem Cyclostoma ähnlich, in Humusboden zu finden.
Die Gattung Pomatias, früher für rein europäisch gehalten, bis in
der neuesten Zeit Eine Art auf den canarischen Inseln gefunden
wurde, wird auf Madeira (bis jetzt) vermisst; dieses scheint sich
daraus zu erklären, dass es kalkliebende Felsschnecken, und unsere
Insel keine Kalkfelsen hat, daher überhaupt die specifischen Fels-
schnecken sehr zurücktreten, so ist z. B. die Gattung Pupa zwar
zahlreich vertreten, aber durch lauter kleine Mulmschnecken;
Analoga unserer Pupa avena und frumentum scheinen ganz zu
fehlen. Clausilien sind jedoch mehrere vorhanden, darunter fand
ich eine mit sehr dickem Mundsaum, Cl. Lowei, in der Waldregion.
Die zwei Hauptregionen Madeira’s treten auch in dem Vor-
kommen der Landschnecken deutlich aus einander: der unteren
warmen und trockenen des bebauten Landes und der dürren steinigen
opuntienreichen Abhänge gehören die mehr eigenthümlichen H. un-
data, nitidiuscula, polymorpha; der höheren feuchten Waldregion
die Nacktschnecken, Vitrinen und Hyalinen, Craspedopoma, Pupa
und Clausilia, also grossentheils den europäischen ähnliche oder
gleiche Formen. Von eigenen Strandschnecken konnte ich nichts
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |