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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Baumschlangen, Wasserschlangen u. s. w.
dunkel bronze-braun, mit hellgelbem Streifen an der Seite, ist mir
am häufigsten vorgekommen, überall von Sumatra bis Ceram wieder-
kehrend, etwas weniger oft der schönere Dendrophis (Chrysopelea)
ornatus Shaw, mit goldenen oder röthlichen Querbändern auf dem
Kopf, auf Siam, Sumatra und Banka (auch Java nach Schlegel),
welchem auf Borneo und den Philippinen D. rubescens Gray, auf
Amboina D. rhodopleurus Reinw. entspricht, letztere vermuthlich
Valentyn's ular tsjinde, Seidenzeugschlange. Durch die Sunda-
Inseln und Molukken zugleich verbreitet dürften noch einige wenige
andere seit lange in den europäischen Sammlungen bekannte Colu-
brinen sein, so Brachyorrhos albus (auf Amboina mir fälschlich als
ular mata-buta, Blindschlange, bezeichnet), und Lycodon aulicus
(bis Timor), dagegen den drei grossen Sunda-Inseln (oft auch Ce-
lebes) gemeinsam, aber den Molukken fremd, viele Arten, welche
in den dort von Liebhabern zusammengebrachten Reptiliensamm-
lungen bis zum Ueberdrusse wiederkehren, so Simotes octolineatus
und purpurascens, Ablabes balioderus, Coluber korros, fuscus und
(Spilotes) melanurus, Tropidonotus quincunciatus, vittatus, (Am-
phiesma) rhodomelas, subminiatus, Herpetodryas (Gonyosoma) oxy-
cephala, Psammophis pulverulentus, Dryiophis prasinus, mycterizans
und Dipsas dendrophila. Umgekehrt gehört die lang bekannte Dipsas
irregularis Merr. den Molukken an.

Die aus dem Typus der Colubrinen bereits heraustretenden
Süsswasserschlangen, Homalopsis und Verwandte, sind wie viele
andere Süsswasserthiere auf den Molukken weniger zahlreich als
auf den grossen Sunda-Inseln; am weitesten verbreitet scheint H.
(Cerberus) cinerea Daud. = boaeformis Schneid. zu sein, wir kennen
sie von Malakka bis Timor; H. (Hypsircina) aer Boie von Java,
Borneo und Sumatra hat ihren Namen nicht etwa von aer, Luft,
sondern aus dem malaiischen ular ayer, Wasserschlange überhaupt,
erhalten und ist daher richtiger ayer oder ajer zu schreiben. Xeno-
dermus Javanicus Reinh. und Acrochordus Javanicus Hornstedt sind
bis jetzt in der That, wie ihr Name verlangt, nur auf Java gefun-
den worden.

Auch im indischen Archipel, wie überall auf Erden, gelten
bei den Ungebildeten und Halbgebildeten alle Schlangen für giftig;
in der That ist das aber nur bei einem Bruchtheil der Fall, etwa 1/5
der von den grossen Sunda-Inseln, 1/8 der von den Molukken und
Timor bis jetzt bekannt gewordenen Arten. Aber die für Europa

Baumschlangen, Wasserschlangen u. s. w.
dunkel bronze-braun, mit hellgelbem Streifen an der Seite, ist mir
am häufigsten vorgekommen, überall von Sumatra bis Ceram wieder-
kehrend, etwas weniger oft der schönere Dendrophis (Chrysopelea)
ornatus Shaw, mit goldenen oder röthlichen Querbändern auf dem
Kopf, auf Siam, Sumatra und Banka (auch Java nach Schlegel),
welchem auf Borneo und den Philippinen D. rubescens Gray, auf
Amboina D. rhodopleurus Reinw. entspricht, letztere vermuthlich
Valentyn’s ular tsjinde, Seidenzeugschlange. Durch die Sunda-
Inseln und Molukken zugleich verbreitet dürften noch einige wenige
andere seit lange in den europäischen Sammlungen bekannte Colu-
brinen sein, so Brachyorrhos albus (auf Amboina mir fälschlich als
ular mata-buta, Blindschlange, bezeichnet), und Lycodon aulicus
(bis Timor), dagegen den drei grossen Sunda-Inseln (oft auch Ce-
lebes) gemeinsam, aber den Molukken fremd, viele Arten, welche
in den dort von Liebhabern zusammengebrachten Reptiliensamm-
lungen bis zum Ueberdrusse wiederkehren, so Simotes octolineatus
und purpurascens, Ablabes balioderus, Coluber korros, fuscus und
(Spilotes) melanurus, Tropidonotus quincunciatus, vittatus, (Am-
phiesma) rhodomelas, subminiatus, Herpetodryas (Gonyosoma) oxy-
cephala, Psammophis pulverulentus, Dryiophis prasinus, mycterizans
und Dipsas dendrophila. Umgekehrt gehört die lang bekannte Dipsas
irregularis Merr. den Molukken an.

Die aus dem Typus der Colubrinen bereits heraustretenden
Süsswasserschlangen, Homalopsis und Verwandte, sind wie viele
andere Süsswasserthiere auf den Molukken weniger zahlreich als
auf den grossen Sunda-Inseln; am weitesten verbreitet scheint H.
(Cerberus) cinerea Daud. = boaeformis Schneid. zu sein, wir kennen
sie von Malakka bis Timor; H. (Hypsircina) aër Boie von Java,
Borneo und Sumatra hat ihren Namen nicht etwa von aër, Luft,
sondern aus dem malaiischen ular ayer, Wasserschlange überhaupt,
erhalten und ist daher richtiger ayer oder ajer zu schreiben. Xeno-
dermus Javanicus Reinh. und Acrochordus Javanicus Hornstedt sind
bis jetzt in der That, wie ihr Name verlangt, nur auf Java gefun-
den worden.

Auch im indischen Archipel, wie überall auf Erden, gelten
bei den Ungebildeten und Halbgebildeten alle Schlangen für giftig;
in der That ist das aber nur bei einem Bruchtheil der Fall, etwa ⅕
der von den grossen Sunda-Inseln, ⅛ der von den Molukken und
Timor bis jetzt bekannt gewordenen Arten. Aber die für Europa

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[285/0303] Baumschlangen, Wasserschlangen u. s. w. dunkel bronze-braun, mit hellgelbem Streifen an der Seite, ist mir am häufigsten vorgekommen, überall von Sumatra bis Ceram wieder- kehrend, etwas weniger oft der schönere Dendrophis (Chrysopelea) ornatus Shaw, mit goldenen oder röthlichen Querbändern auf dem Kopf, auf Siam, Sumatra und Banka (auch Java nach Schlegel), welchem auf Borneo und den Philippinen D. rubescens Gray, auf Amboina D. rhodopleurus Reinw. entspricht, letztere vermuthlich Valentyn’s ular tsjinde, Seidenzeugschlange. Durch die Sunda- Inseln und Molukken zugleich verbreitet dürften noch einige wenige andere seit lange in den europäischen Sammlungen bekannte Colu- brinen sein, so Brachyorrhos albus (auf Amboina mir fälschlich als ular mata-buta, Blindschlange, bezeichnet), und Lycodon aulicus (bis Timor), dagegen den drei grossen Sunda-Inseln (oft auch Ce- lebes) gemeinsam, aber den Molukken fremd, viele Arten, welche in den dort von Liebhabern zusammengebrachten Reptiliensamm- lungen bis zum Ueberdrusse wiederkehren, so Simotes octolineatus und purpurascens, Ablabes balioderus, Coluber korros, fuscus und (Spilotes) melanurus, Tropidonotus quincunciatus, vittatus, (Am- phiesma) rhodomelas, subminiatus, Herpetodryas (Gonyosoma) oxy- cephala, Psammophis pulverulentus, Dryiophis prasinus, mycterizans und Dipsas dendrophila. Umgekehrt gehört die lang bekannte Dipsas irregularis Merr. den Molukken an. Die aus dem Typus der Colubrinen bereits heraustretenden Süsswasserschlangen, Homalopsis und Verwandte, sind wie viele andere Süsswasserthiere auf den Molukken weniger zahlreich als auf den grossen Sunda-Inseln; am weitesten verbreitet scheint H. (Cerberus) cinerea Daud. = boaeformis Schneid. zu sein, wir kennen sie von Malakka bis Timor; H. (Hypsircina) aër Boie von Java, Borneo und Sumatra hat ihren Namen nicht etwa von aër, Luft, sondern aus dem malaiischen ular ayer, Wasserschlange überhaupt, erhalten und ist daher richtiger ayer oder ajer zu schreiben. Xeno- dermus Javanicus Reinh. und Acrochordus Javanicus Hornstedt sind bis jetzt in der That, wie ihr Name verlangt, nur auf Java gefun- den worden. Auch im indischen Archipel, wie überall auf Erden, gelten bei den Ungebildeten und Halbgebildeten alle Schlangen für giftig; in der That ist das aber nur bei einem Bruchtheil der Fall, etwa ⅕ der von den grossen Sunda-Inseln, ⅛ der von den Molukken und Timor bis jetzt bekannt gewordenen Arten. Aber die für Europa

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/303>, abgerufen am 24.11.2024.