Die bis jetzt erwähnten Familien der karpfen- und wels- artigen, sowie der Labyrinthfische bilden etwa 5/7 der Süsswasser- fische des indischen Archipels (unter den 94 Arten, die ich in Borneo sammelte, sind 38 Cyprinoiden, 17 Siluroiden, 11 mit laby- rinthförmigen Kiemen); es sind zugleich solche, die ausschliesslich oder doch nur mit geringen Ausnahmen (Plotosus unter den Silu- roiden) nur im Süsswasser vorkommen und dem Meere fremd sind.
Zu den genannten gesellen sich noch einige andere Süss- wassergattungen, welche nur wenige Arten enthalten, aber so eigen- thümlich sind, dass sie im System gegenwärtig als eigene Familien betrachtet werden, welche ebenfalls dem Meere ganz fremd sind; es sind das die Gattungen Mastacemblus, Notopterus, Osteoglossum, Sym- branchus und Monopterus. Die Rüsselfische, Mastacemblus (eigent- lich Mastac-embolus, Oberlippenschnabel) sind langgestreckte, fast aalförmige Fische, schleimig, mit sehr kleinen Schuppen, mit vielen freien Stacheln vor der niedrigen Rückenflosse und mit verhältniss- mässig kleinem Kopf, dessen Oberlippe in einem weichen beweglichen Rüssel verlängert ist; ihre Färbung ist trüb braun oder grünlich, öfters mit einer bestimmten Zeichnung, Längsstreifen oder rund- lichen Flecken. Am Danau Sriang erhielt ich den kastanienbraunen Mastacemblus erythrotaenia, bei Seminis den marmorirten hell grünlich- braunen M. maculatus, dieser wurde mir daselbst luntjing oder lin- ding genannt. Ihrer Färbung gemäss scheinen sie am Grunde der Gewässer, auf Schlammboden oder zwischen Wasserpflanzen zu leben. Notopterus, auf Java kapirat oder lopis, am obern Kapuas blida genannt, gehört zu den grössten Süsswasserfischen des Archi- pels; zu Sintang erhielt ich ein Exemplar des N. chitala Ham. Buch. (hypselonotus Blkr.) von 0,668 Met. Länge; die Fischer stechen ihn daselbst mittelst eines Dreizacks, ganz ähnlich demjenigen, welchen die Künstler dem Gotte Neptun als Attribut zu geben pflegen. Die sehr charakteristische Gestalt dieser Gattung war schon den ältern Naturforschern des Archipels, Renard und Bontius, aufgefallen: schmal zusammengedrückt, mit konkavem Scheitel, kurzer aber ziemlich hoher Rückenflosse, verkümmerten Bauchflossen und sehr langer Afterflosse, welche mit der kleinen Schwanzflosse zusammen- hängt. Die Farbe ist auf dem Rücken grünschwärzlich, an den Seiten silbern, die Flossen mehr oder weniger dunkelgrau. Osteo- glossum ist der schönste Süsswasserfisch Borneo's, 0,62 Met. lang, mit grossen, am freien Rande goldglänzenden Schuppen; die kurze
Mastacemblus, Notopterus, Osteoglossum.
Die bis jetzt erwähnten Familien der karpfen- und wels- artigen, sowie der Labyrinthfische bilden etwa 5/7 der Süsswasser- fische des indischen Archipels (unter den 94 Arten, die ich in Borneo sammelte, sind 38 Cyprinoiden, 17 Siluroiden, 11 mit laby- rinthförmigen Kiemen); es sind zugleich solche, die ausschliesslich oder doch nur mit geringen Ausnahmen (Plotosus unter den Silu- roiden) nur im Süsswasser vorkommen und dem Meere fremd sind.
Zu den genannten gesellen sich noch einige andere Süss- wassergattungen, welche nur wenige Arten enthalten, aber so eigen- thümlich sind, dass sie im System gegenwärtig als eigene Familien betrachtet werden, welche ebenfalls dem Meere ganz fremd sind; es sind das die Gattungen Mastacemblus, Notopterus, Osteoglossum, Sym- branchus und Monopterus. Die Rüsselfische, Mastacemblus (eigent- lich Mastac-embolus, Oberlippenschnabel) sind langgestreckte, fast aalförmige Fische, schleimig, mit sehr kleinen Schuppen, mit vielen freien Stacheln vor der niedrigen Rückenflosse und mit verhältniss- mässig kleinem Kopf, dessen Oberlippe in einem weichen beweglichen Rüssel verlängert ist; ihre Färbung ist trüb braun oder grünlich, öfters mit einer bestimmten Zeichnung, Längsstreifen oder rund- lichen Flecken. Am Danau Sriang erhielt ich den kastanienbraunen Mastacemblus erythrotaenia, bei Seminis den marmorirten hell grünlich- braunen M. maculatus, dieser wurde mir daselbst luntjing oder lin- ding genannt. Ihrer Färbung gemäss scheinen sie am Grunde der Gewässer, auf Schlammboden oder zwischen Wasserpflanzen zu leben. Notopterus, auf Java kapirat oder lopis, am obern Kapuas blida genannt, gehört zu den grössten Süsswasserfischen des Archi- pels; zu Sintang erhielt ich ein Exemplar des N. chitala Ham. Buch. (hypselonotus Blkr.) von 0,668 Met. Länge; die Fischer stechen ihn daselbst mittelst eines Dreizacks, ganz ähnlich demjenigen, welchen die Künstler dem Gotte Neptun als Attribut zu geben pflegen. Die sehr charakteristische Gestalt dieser Gattung war schon den ältern Naturforschern des Archipels, Renard und Bontius, aufgefallen: schmal zusammengedrückt, mit konkavem Scheitel, kurzer aber ziemlich hoher Rückenflosse, verkümmerten Bauchflossen und sehr langer Afterflosse, welche mit der kleinen Schwanzflosse zusammen- hängt. Die Farbe ist auf dem Rücken grünschwärzlich, an den Seiten silbern, die Flossen mehr oder weniger dunkelgrau. Osteo- glossum ist der schönste Süsswasserfisch Borneo’s, 0,62 Met. lang, mit grossen, am freien Rande goldglänzenden Schuppen; die kurze
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Mastacemblus, Notopterus, Osteoglossum.
Die bis jetzt erwähnten Familien der karpfen- und wels-
artigen, sowie der Labyrinthfische bilden etwa 5/7 der Süsswasser-
fische des indischen Archipels (unter den 94 Arten, die ich in
Borneo sammelte, sind 38 Cyprinoiden, 17 Siluroiden, 11 mit laby-
rinthförmigen Kiemen); es sind zugleich solche, die ausschliesslich
oder doch nur mit geringen Ausnahmen (Plotosus unter den Silu-
roiden) nur im Süsswasser vorkommen und dem Meere fremd sind.
Zu den genannten gesellen sich noch einige andere Süss-
wassergattungen, welche nur wenige Arten enthalten, aber so eigen-
thümlich sind, dass sie im System gegenwärtig als eigene Familien
betrachtet werden, welche ebenfalls dem Meere ganz fremd sind; es
sind das die Gattungen Mastacemblus, Notopterus, Osteoglossum, Sym-
branchus und Monopterus. Die Rüsselfische, Mastacemblus (eigent-
lich Mastac-embolus, Oberlippenschnabel) sind langgestreckte, fast
aalförmige Fische, schleimig, mit sehr kleinen Schuppen, mit vielen
freien Stacheln vor der niedrigen Rückenflosse und mit verhältniss-
mässig kleinem Kopf, dessen Oberlippe in einem weichen beweglichen
Rüssel verlängert ist; ihre Färbung ist trüb braun oder grünlich,
öfters mit einer bestimmten Zeichnung, Längsstreifen oder rund-
lichen Flecken. Am Danau Sriang erhielt ich den kastanienbraunen
Mastacemblus erythrotaenia, bei Seminis den marmorirten hell grünlich-
braunen M. maculatus, dieser wurde mir daselbst luntjing oder lin-
ding genannt. Ihrer Färbung gemäss scheinen sie am Grunde der
Gewässer, auf Schlammboden oder zwischen Wasserpflanzen zu
leben. Notopterus, auf Java kapirat oder lopis, am obern Kapuas
blida genannt, gehört zu den grössten Süsswasserfischen des Archi-
pels; zu Sintang erhielt ich ein Exemplar des N. chitala Ham. Buch.
(hypselonotus Blkr.) von 0,668 Met. Länge; die Fischer stechen ihn
daselbst mittelst eines Dreizacks, ganz ähnlich demjenigen, welchen
die Künstler dem Gotte Neptun als Attribut zu geben pflegen. Die
sehr charakteristische Gestalt dieser Gattung war schon den ältern
Naturforschern des Archipels, Renard und Bontius, aufgefallen:
schmal zusammengedrückt, mit konkavem Scheitel, kurzer aber
ziemlich hoher Rückenflosse, verkümmerten Bauchflossen und sehr
langer Afterflosse, welche mit der kleinen Schwanzflosse zusammen-
hängt. Die Farbe ist auf dem Rücken grünschwärzlich, an den
Seiten silbern, die Flossen mehr oder weniger dunkelgrau. Osteo-
glossum ist der schönste Süsswasserfisch Borneo’s, 0,62 Met. lang,
mit grossen, am freien Rande goldglänzenden Schuppen; die kurze
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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/322>, abgerufen am 26.11.2024.
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