Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.Argonauta, Nautilus, Spirula. Interesse der Liebhaber und Naturforscher erregt, der weisse dünnesogenannte Papiernautilus (Argonauta), der perlmutterartige gekam- merte ächte Nautilus und das kleine lose gewundene, ebenfalls ge- kammerte Posthörnchen (Spirula). Von der ersten Gattung kommen im indischen Ocean alle drei bekannten Hauptarten vor, die schmale einfach gestreifte A. Argo, die gekörnte A. tuberculosa und die kleinere breite bräunliche A. hians. Da sie nur bei ruhigem Wetter an der Oberfläche des Meeres sich sehen lassen, gelten sie als Glückszeichen und werden als solche auf den Molukken bei Fest- lichkeiten zur Schau getragen und auch zu Geschenken benutzt, so habe ich zwei kleine Exemplare von A. hians von einem eingebornen "Prinzen" auf Batjan erhalten. Sie werden öfters schwimmend an- getroffen und es ist längst ausgemacht, dass ihnen die zwei breiten Arme zum Umfassen der Schale dienen, nicht als Segel, wie man früher dichtete. Nautilus pompilius L. oder das Perlmutterboot ist der Schale nach häufig und wird bekanntlich seines schönen Perl- mutters wegen häufig ausgeschnitten oder bemalt als Zierstück ver- wandt; die vollständigen Thiere sind auch wiederholt nach Europa gekommen und dort anatomisch untersucht worden, dennoch wissen wir über ihr Vorkommen und Leben nicht mehr, als was schon der alte Rumph berichtet hat, dass sie meist auf dem Grunde leben und hier die zahlreichen Fühler sowohl zum Kriechen als Greifen benutzen, aber auch zuweilen schwimmen, angeblich durch Stürme aufgetrieben, aber nicht auf lange Zeit. Auf Amboina erhielt ich zwei lebende Exemplare, die einige Tage in einem grossen Gefäss mit Meerwasser lebend blieben, sie hielten sich aber ruhig am Grunde desselben und ich konnte keine andere Bewegung an ihnen wahrnehmen, als dass die sogenannte Kappe bald etwas mehr, bald etwas weniger weit einwärts vom Schalenrande sich befand. Diese Kappe, welche die ganze Mündung verschliesst, war im Leben fast so dunkel rothbraun gefärbt, wie die Flammenzeichnung der Schale, mit grösseren und kleineren runden weissen Flecken, welche in Reihen von innen nach aussen geordnet sind. Noch weniger wissen wir von der kleinen Spirula Peronii, deren Schalen an allen Küsten, nicht nur des indischen Archipels, sondern auch sonst in der wär- meren Zone, nicht selten an den Strand getrieben werden, während das vollständige Thier noch jetzt zu den grössten Seltenheiten ge- hört; die Angabe desselben Rumph, dass es mittelst eines dünnen Dorns an Klippen festsitze, ist von Niemand seitdem bestätigt wor- Argonauta, Nautilus, Spirula. Interesse der Liebhaber und Naturforscher erregt, der weisse dünnesogenannte Papiernautilus (Argonauta), der perlmutterartige gekam- merte ächte Nautilus und das kleine lose gewundene, ebenfalls ge- kammerte Posthörnchen (Spirula). Von der ersten Gattung kommen im indischen Ocean alle drei bekannten Hauptarten vor, die schmale einfach gestreifte A. Argo, die gekörnte A. tuberculosa und die kleinere breite bräunliche A. hians. Da sie nur bei ruhigem Wetter an der Oberfläche des Meeres sich sehen lassen, gelten sie als Glückszeichen und werden als solche auf den Molukken bei Fest- lichkeiten zur Schau getragen und auch zu Geschenken benutzt, so habe ich zwei kleine Exemplare von A. hians von einem eingebornen »Prinzen« auf Batjan erhalten. Sie werden öfters schwimmend an- getroffen und es ist längst ausgemacht, dass ihnen die zwei breiten Arme zum Umfassen der Schale dienen, nicht als Segel, wie man früher dichtete. Nautilus pompilius L. oder das Perlmutterboot ist der Schale nach häufig und wird bekanntlich seines schönen Perl- mutters wegen häufig ausgeschnitten oder bemalt als Zierstück ver- wandt; die vollständigen Thiere sind auch wiederholt nach Europa gekommen und dort anatomisch untersucht worden, dennoch wissen wir über ihr Vorkommen und Leben nicht mehr, als was schon der alte Rumph berichtet hat, dass sie meist auf dem Grunde leben und hier die zahlreichen Fühler sowohl zum Kriechen als Greifen benutzen, aber auch zuweilen schwimmen, angeblich durch Stürme aufgetrieben, aber nicht auf lange Zeit. Auf Amboina erhielt ich zwei lebende Exemplare, die einige Tage in einem grossen Gefäss mit Meerwasser lebend blieben, sie hielten sich aber ruhig am Grunde desselben und ich konnte keine andere Bewegung an ihnen wahrnehmen, als dass die sogenannte Kappe bald etwas mehr, bald etwas weniger weit einwärts vom Schalenrande sich befand. Diese Kappe, welche die ganze Mündung verschliesst, war im Leben fast so dunkel rothbraun gefärbt, wie die Flammenzeichnung der Schale, mit grösseren und kleineren runden weissen Flecken, welche in Reihen von innen nach aussen geordnet sind. Noch weniger wissen wir von der kleinen Spirula Peronii, deren Schalen an allen Küsten, nicht nur des indischen Archipels, sondern auch sonst in der wär- meren Zone, nicht selten an den Strand getrieben werden, während das vollständige Thier noch jetzt zu den grössten Seltenheiten ge- hört; die Angabe desselben Rumph, dass es mittelst eines dünnen Dorns an Klippen festsitze, ist von Niemand seitdem bestätigt wor- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0356" n="338"/><fw place="top" type="header">Argonauta, Nautilus, Spirula.</fw><lb/> Interesse der Liebhaber und Naturforscher erregt, der weisse dünne<lb/> sogenannte Papiernautilus (Argonauta), der perlmutterartige gekam-<lb/> merte ächte Nautilus und das kleine lose gewundene, ebenfalls ge-<lb/> kammerte Posthörnchen (Spirula). Von der ersten Gattung kommen<lb/> im indischen Ocean alle drei bekannten Hauptarten vor, die schmale<lb/> einfach gestreifte A. Argo, die gekörnte A. tuberculosa und die<lb/> kleinere breite bräunliche A. hians. Da sie nur bei ruhigem Wetter<lb/> an der Oberfläche des Meeres sich sehen lassen, gelten sie als<lb/> Glückszeichen und werden als solche auf den Molukken bei Fest-<lb/> lichkeiten zur Schau getragen und auch zu Geschenken benutzt, so<lb/> habe ich zwei kleine Exemplare von A. hians von einem eingebornen<lb/> »Prinzen« auf Batjan erhalten. Sie werden öfters schwimmend an-<lb/> getroffen und es ist längst ausgemacht, dass ihnen die zwei breiten<lb/> Arme zum Umfassen der Schale dienen, nicht als Segel, wie man<lb/> früher dichtete. Nautilus pompilius L. oder das Perlmutterboot ist<lb/> der Schale nach häufig und wird bekanntlich seines schönen Perl-<lb/> mutters wegen häufig ausgeschnitten oder bemalt als Zierstück ver-<lb/> wandt; die vollständigen Thiere sind auch wiederholt nach Europa<lb/> gekommen und dort anatomisch untersucht worden, dennoch wissen<lb/> wir über ihr Vorkommen und Leben nicht mehr, als was schon der<lb/> alte Rumph berichtet hat, dass sie meist auf dem Grunde leben<lb/> und hier die zahlreichen Fühler sowohl zum Kriechen als Greifen<lb/> benutzen, aber auch zuweilen schwimmen, angeblich durch Stürme<lb/> aufgetrieben, aber nicht auf lange Zeit. Auf Amboina erhielt ich<lb/> zwei lebende Exemplare, die einige Tage in einem grossen Gefäss<lb/> mit Meerwasser lebend blieben, sie hielten sich aber ruhig am<lb/> Grunde desselben und ich konnte keine andere Bewegung an ihnen<lb/> wahrnehmen, als dass die sogenannte Kappe bald etwas mehr, bald<lb/> etwas weniger weit einwärts vom Schalenrande sich befand. Diese<lb/> Kappe, welche die ganze Mündung verschliesst, war im Leben fast<lb/> so dunkel rothbraun gefärbt, wie die Flammenzeichnung der Schale,<lb/> mit grösseren und kleineren runden weissen Flecken, welche in<lb/> Reihen von innen nach aussen geordnet sind. Noch weniger wissen<lb/> wir von der kleinen Spirula Peronii, deren Schalen an allen Küsten,<lb/> nicht nur des indischen Archipels, sondern auch sonst in der wär-<lb/> meren Zone, nicht selten an den Strand getrieben werden, während<lb/> das vollständige Thier noch jetzt zu den grössten Seltenheiten ge-<lb/> hört; die Angabe desselben Rumph, dass es mittelst eines dünnen<lb/> Dorns an Klippen festsitze, ist von Niemand seitdem bestätigt wor-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [338/0356]
Argonauta, Nautilus, Spirula.
Interesse der Liebhaber und Naturforscher erregt, der weisse dünne
sogenannte Papiernautilus (Argonauta), der perlmutterartige gekam-
merte ächte Nautilus und das kleine lose gewundene, ebenfalls ge-
kammerte Posthörnchen (Spirula). Von der ersten Gattung kommen
im indischen Ocean alle drei bekannten Hauptarten vor, die schmale
einfach gestreifte A. Argo, die gekörnte A. tuberculosa und die
kleinere breite bräunliche A. hians. Da sie nur bei ruhigem Wetter
an der Oberfläche des Meeres sich sehen lassen, gelten sie als
Glückszeichen und werden als solche auf den Molukken bei Fest-
lichkeiten zur Schau getragen und auch zu Geschenken benutzt, so
habe ich zwei kleine Exemplare von A. hians von einem eingebornen
»Prinzen« auf Batjan erhalten. Sie werden öfters schwimmend an-
getroffen und es ist längst ausgemacht, dass ihnen die zwei breiten
Arme zum Umfassen der Schale dienen, nicht als Segel, wie man
früher dichtete. Nautilus pompilius L. oder das Perlmutterboot ist
der Schale nach häufig und wird bekanntlich seines schönen Perl-
mutters wegen häufig ausgeschnitten oder bemalt als Zierstück ver-
wandt; die vollständigen Thiere sind auch wiederholt nach Europa
gekommen und dort anatomisch untersucht worden, dennoch wissen
wir über ihr Vorkommen und Leben nicht mehr, als was schon der
alte Rumph berichtet hat, dass sie meist auf dem Grunde leben
und hier die zahlreichen Fühler sowohl zum Kriechen als Greifen
benutzen, aber auch zuweilen schwimmen, angeblich durch Stürme
aufgetrieben, aber nicht auf lange Zeit. Auf Amboina erhielt ich
zwei lebende Exemplare, die einige Tage in einem grossen Gefäss
mit Meerwasser lebend blieben, sie hielten sich aber ruhig am
Grunde desselben und ich konnte keine andere Bewegung an ihnen
wahrnehmen, als dass die sogenannte Kappe bald etwas mehr, bald
etwas weniger weit einwärts vom Schalenrande sich befand. Diese
Kappe, welche die ganze Mündung verschliesst, war im Leben fast
so dunkel rothbraun gefärbt, wie die Flammenzeichnung der Schale,
mit grösseren und kleineren runden weissen Flecken, welche in
Reihen von innen nach aussen geordnet sind. Noch weniger wissen
wir von der kleinen Spirula Peronii, deren Schalen an allen Küsten,
nicht nur des indischen Archipels, sondern auch sonst in der wär-
meren Zone, nicht selten an den Strand getrieben werden, während
das vollständige Thier noch jetzt zu den grössten Seltenheiten ge-
hört; die Angabe desselben Rumph, dass es mittelst eines dünnen
Dorns an Klippen festsitze, ist von Niemand seitdem bestätigt wor-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |