Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.Affen und Eichhörnchen. Gebirgsland der Lampongs). Auf die gelinde Morgenbrise wargegen Mittag wieder Windstille gefolgt; vom Lande kamen mehrere schmale, spitzige Boote mit lateinischen Segeln zu uns heran, von kupferbraunen Malaien bemannt; frische Esswaaren und lebende Thiere, Reis und spanischen Pfeffer und auch ein paar grosse Conchylien (Pterocera, Hippopus, Cypraea tigris) zum Verkaufe bringend. Sofort ging nun ein lebhafter Handel an, der zur Folge hatte, dass Ananas, Bananen und Cocosnüsse auf unserem Mittags- tische prangten und Käfige zur Unterbringung der gekauften Thiere ein allgemein gesuchter Artikel wurden. Die Anzahl der Arten von Unterhaltungsthieren, die an Bord gekommen, betrug in der That ein volles Dutzend. Die interessantesten davon für den Natur- forscher waren drei schwarze Schlankaffen, Semnopithecus Maurus L. sp., von den Malaien lutung genannt, mit aufstehendem Kopf- haar und tiefem Haarscheitel längs des Rückens, ernst und schwer zu halten, wie die meisten ihrer Gattung. Fast immer sassen sie un- beweglich bei einander auf dem ihnen angewiesenen Platz im vorderen Theil des Decks, sie frassen wenig, litten bald an Diarrhöe, und in 14 Tagen war keiner mehr am Leben. Vielleicht dass unpassende Nahrung daran schuld war: sie erhielten, wie fast alle zahmen Thiere, von den Malaien Reis in Hülsen (Paddi), von uns daneben Alles, was sie von den Bestandtheilen unserer Mahlzeiten annehmen wollten. Besser zu halten, aber auch in der Folge noch viel Aerger durch ihre Streiche verursachend, waren zwei sogenannte Makako's, die gewöhnlichsten Affen der europäischen Menagerieen, Macacus cynamolgos L. sp., der eigentliche Monjet der Malaien, woraus die Spanier und Portugiesen mono, die Engländer monkey gemacht haben, passend von den Holländern Javaner-Affe genannt, und der aus Sumatra stammende Macacus (oder Inuus) nemestrinus L. sp., kurzschwänzig, mit nackten Ohren und dunkelbraunem Scheitel- streifen, bruh der Malaien. Mein Liebling wurde ein Eichhörnchen, Sciurus bicolor Sparrm., oben schwarz mit einzelnen helleren Haaren, unten gelblichweiss, beide Farben von der Kehle bis an den Schwanz scharf von einander getrennt. Seine Bewegungen waren langsamer und ruhiger, als diejenigen der europäischen Art; es hatte verhältnissmässig grosse Augen, aber doch ein schwaches Gesicht, und schlief bei Tage viel, was Alles auf ein mehr nächt- liches Leben zu deuten scheint. Das Thierchen war noch jung, gewöhnte sich bald an mich und versuchte nie, mich zu beissen; Affen und Eichhörnchen. Gebirgsland der Lampongs). Auf die gelinde Morgenbrise wargegen Mittag wieder Windstille gefolgt; vom Lande kamen mehrere schmale, spitzige Boote mit lateinischen Segeln zu uns heran, von kupferbraunen Malaien bemannt; frische Esswaaren und lebende Thiere, Reis und spanischen Pfeffer und auch ein paar grosse Conchylien (Pterocera, Hippopus, Cypraea tigris) zum Verkaufe bringend. Sofort ging nun ein lebhafter Handel an, der zur Folge hatte, dass Ananas, Bananen und Cocosnüsse auf unserem Mittags- tische prangten und Käfige zur Unterbringung der gekauften Thiere ein allgemein gesuchter Artikel wurden. Die Anzahl der Arten von Unterhaltungsthieren, die an Bord gekommen, betrug in der That ein volles Dutzend. Die interessantesten davon für den Natur- forscher waren drei schwarze Schlankaffen, Semnopithecus Maurus L. sp., von den Malaien lutung genannt, mit aufstehendem Kopf- haar und tiefem Haarscheitel längs des Rückens, ernst und schwer zu halten, wie die meisten ihrer Gattung. Fast immer sassen sie un- beweglich bei einander auf dem ihnen angewiesenen Platz im vorderen Theil des Decks, sie frassen wenig, litten bald an Diarrhöe, und in 14 Tagen war keiner mehr am Leben. Vielleicht dass unpassende Nahrung daran schuld war: sie erhielten, wie fast alle zahmen Thiere, von den Malaien Reis in Hülsen (Paddi), von uns daneben Alles, was sie von den Bestandtheilen unserer Mahlzeiten annehmen wollten. Besser zu halten, aber auch in der Folge noch viel Aerger durch ihre Streiche verursachend, waren zwei sogenannte Makako’s, die gewöhnlichsten Affen der europäischen Menagerieen, Macacus cynamolgos L. sp., der eigentliche Monjet der Malaien, woraus die Spanier und Portugiesen mono, die Engländer monkey gemacht haben, passend von den Holländern Javaner-Affe genannt, und der aus Sumatra stammende Macacus (oder Inuus) nemestrinus L. sp., kurzschwänzig, mit nackten Ohren und dunkelbraunem Scheitel- streifen, bruh der Malaien. Mein Liebling wurde ein Eichhörnchen, Sciurus bicolor Sparrm., oben schwarz mit einzelnen helleren Haaren, unten gelblichweiss, beide Farben von der Kehle bis an den Schwanz scharf von einander getrennt. Seine Bewegungen waren langsamer und ruhiger, als diejenigen der europäischen Art; es hatte verhältnissmässig grosse Augen, aber doch ein schwaches Gesicht, und schlief bei Tage viel, was Alles auf ein mehr nächt- liches Leben zu deuten scheint. 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Affen und Eichhörnchen.
Gebirgsland der Lampongs). Auf die gelinde Morgenbrise war
gegen Mittag wieder Windstille gefolgt; vom Lande kamen mehrere
schmale, spitzige Boote mit lateinischen Segeln zu uns heran, von
kupferbraunen Malaien bemannt; frische Esswaaren und lebende
Thiere, Reis und spanischen Pfeffer und auch ein paar grosse
Conchylien (Pterocera, Hippopus, Cypraea tigris) zum Verkaufe
bringend. Sofort ging nun ein lebhafter Handel an, der zur Folge
hatte, dass Ananas, Bananen und Cocosnüsse auf unserem Mittags-
tische prangten und Käfige zur Unterbringung der gekauften Thiere
ein allgemein gesuchter Artikel wurden. Die Anzahl der Arten
von Unterhaltungsthieren, die an Bord gekommen, betrug in der
That ein volles Dutzend. Die interessantesten davon für den Natur-
forscher waren drei schwarze Schlankaffen, Semnopithecus Maurus
L. sp., von den Malaien lutung genannt, mit aufstehendem Kopf-
haar und tiefem Haarscheitel längs des Rückens, ernst und schwer
zu halten, wie die meisten ihrer Gattung. Fast immer sassen sie un-
beweglich bei einander auf dem ihnen angewiesenen Platz im vorderen
Theil des Decks, sie frassen wenig, litten bald an Diarrhöe, und in
14 Tagen war keiner mehr am Leben. Vielleicht dass unpassende
Nahrung daran schuld war: sie erhielten, wie fast alle zahmen
Thiere, von den Malaien Reis in Hülsen (Paddi), von uns daneben
Alles, was sie von den Bestandtheilen unserer Mahlzeiten annehmen
wollten. Besser zu halten, aber auch in der Folge noch viel Aerger
durch ihre Streiche verursachend, waren zwei sogenannte Makako’s,
die gewöhnlichsten Affen der europäischen Menagerieen, Macacus
cynamolgos L. sp., der eigentliche Monjet der Malaien, woraus die
Spanier und Portugiesen mono, die Engländer monkey gemacht
haben, passend von den Holländern Javaner-Affe genannt, und der
aus Sumatra stammende Macacus (oder Inuus) nemestrinus L. sp.,
kurzschwänzig, mit nackten Ohren und dunkelbraunem Scheitel-
streifen, bruh der Malaien. Mein Liebling wurde ein Eichhörnchen,
Sciurus bicolor Sparrm., oben schwarz mit einzelnen helleren
Haaren, unten gelblichweiss, beide Farben von der Kehle bis an
den Schwanz scharf von einander getrennt. Seine Bewegungen
waren langsamer und ruhiger, als diejenigen der europäischen Art;
es hatte verhältnissmässig grosse Augen, aber doch ein schwaches
Gesicht, und schlief bei Tage viel, was Alles auf ein mehr nächt-
liches Leben zu deuten scheint. Das Thierchen war noch jung,
gewöhnte sich bald an mich und versuchte nie, mich zu beissen;
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