Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871.Die Hospitien. ist das Schicksal, welches bei diesen Rettungsversuchen einen dereifrigsten Helfer, den Rathsherrn Joseph Müller von Hospenthal ereilte. Auch er war mit ausgezogen, seinen Nachbarn beizustehen, wurde aber in der Gegend, welche "im Harnisch" heißt, mit noch zwei Anderen von einer neuen Lauine verschüttet und kam dabei um. Im gleichen Jahre, am 27. Oktober, wurde die von Airolo kommende Post beim Schirmhause Ponte Tremola gleichfalls von einer Lauine verschüttet; ein Reisender von Bergamo blieb todt, die anderen wurden gerettet. Die jüngsten Unfälle ereigneten sich am 2. November 1855, an welchem Tage drei Männer von einem unerwartet losbrechenden Schneeschild weit in die Tiefe hinabge¬ schleudert wurden, aber durch vereinte, angestrengte Kräfte gerettet werden konnten. Wesentlich anderen Charakters ist das, seiner Größe und Be¬ Die Hospitien. iſt das Schickſal, welches bei dieſen Rettungsverſuchen einen dereifrigſten Helfer, den Rathsherrn Joſeph Müller von Hospenthal ereilte. Auch er war mit ausgezogen, ſeinen Nachbarn beizuſtehen, wurde aber in der Gegend, welche „im Harniſch“ heißt, mit noch zwei Anderen von einer neuen Lauine verſchüttet und kam dabei um. Im gleichen Jahre, am 27. Oktober, wurde die von Airolo kommende Poſt beim Schirmhauſe Ponte Tremola gleichfalls von einer Lauine verſchüttet; ein Reiſender von Bergamo blieb todt, die anderen wurden gerettet. Die jüngſten Unfälle ereigneten ſich am 2. November 1855, an welchem Tage drei Männer von einem unerwartet losbrechenden Schneeſchild weit in die Tiefe hinabge¬ ſchleudert wurden, aber durch vereinte, angeſtrengte Kräfte gerettet werden konnten. Weſentlich anderen Charakters iſt das, ſeiner Größe und Be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0361" n="325"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr #g">Die Hospitien</hi>.<lb/></fw> iſt das Schickſal, welches bei dieſen Rettungsverſuchen einen der<lb/> eifrigſten Helfer, den Rathsherrn Joſeph Müller von Hospenthal<lb/> ereilte. Auch er war mit ausgezogen, ſeinen Nachbarn beizuſtehen,<lb/> wurde aber in der Gegend, welche „im Harniſch“ heißt, mit noch<lb/> zwei Anderen von einer neuen Lauine verſchüttet und kam dabei<lb/> um. Im gleichen Jahre, am 27. Oktober, wurde die von Airolo<lb/> kommende Poſt beim Schirmhauſe <hi rendition="#aq">Ponte Tremola</hi> gleichfalls von<lb/> einer Lauine verſchüttet; ein Reiſender von Bergamo blieb todt,<lb/> die anderen wurden gerettet. Die jüngſten Unfälle ereigneten ſich<lb/> am 2. November 1855, an welchem Tage drei Männer von einem<lb/> unerwartet losbrechenden Schneeſchild weit in die Tiefe hinabge¬<lb/> ſchleudert wurden, aber durch vereinte, angeſtrengte Kräfte gerettet<lb/> werden konnten.</p><lb/> <p>Weſentlich anderen Charakters iſt das, ſeiner Größe und Be¬<lb/> deutung nach hierher gehörige, berühmte <hi rendition="#g">Grimſel-Hoſpiz</hi>; es<lb/> trägt heutzutage weit mehr das Gepräge eines, der Spekulation<lb/> dienenden, offenen Bergwirthshauſes, in welchem für Geld Alles<lb/> zu haben iſt, was den Gaumen kitzelt, als den Charakter jener un¬<lb/> eigennützigen, gemeinwohlthätigen Anſtalten. Schon der Umſtand,<lb/> daß daſſelbe von der Landſchaft Oberhasli an den jeweiligen<lb/> Spittler <hi rendition="#g">verpachtet</hi> wird, weiſt ihm eine weſentlich andere Stel¬<lb/> lung an. Hierzu kam ehedem die Berechtigung des Spittlers, von<lb/> jedem Vorüberziehenden einen Zoll für ſeine Inſtandhaltung des<lb/> Weges zu verlangen und die ausgeſprochene Erlaubniß: fürs Geld<lb/> Wirthſchaft treiben zu dürfen. Wenn der Pächter nun zugleich<lb/> auch die Verpflichtung hatte, arme Reiſende übernachten und mit<lb/> einer einfachen Mahlzeit verpflegen zu müſſen, ſo ſtand ihm anderer¬<lb/> ſeits das Recht zu, innerhalb der ganzen Schweiz kollektiren laſſen<lb/> zu dürfen und ſich an dem Facit für ſeine vermeintlichen Wohl¬<lb/> thaten zu erholen. Rechnet man hinzu, daß die Grimſel-Paſſage<lb/> bei weitem nicht jener für den Handel und Völker-Verkehr ſo all¬<lb/> gemein gebräuchliche Weg iſt wie der über den Gotthard, daß ſo¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [325/0361]
Die Hospitien.
iſt das Schickſal, welches bei dieſen Rettungsverſuchen einen der
eifrigſten Helfer, den Rathsherrn Joſeph Müller von Hospenthal
ereilte. Auch er war mit ausgezogen, ſeinen Nachbarn beizuſtehen,
wurde aber in der Gegend, welche „im Harniſch“ heißt, mit noch
zwei Anderen von einer neuen Lauine verſchüttet und kam dabei
um. Im gleichen Jahre, am 27. Oktober, wurde die von Airolo
kommende Poſt beim Schirmhauſe Ponte Tremola gleichfalls von
einer Lauine verſchüttet; ein Reiſender von Bergamo blieb todt,
die anderen wurden gerettet. Die jüngſten Unfälle ereigneten ſich
am 2. November 1855, an welchem Tage drei Männer von einem
unerwartet losbrechenden Schneeſchild weit in die Tiefe hinabge¬
ſchleudert wurden, aber durch vereinte, angeſtrengte Kräfte gerettet
werden konnten.
Weſentlich anderen Charakters iſt das, ſeiner Größe und Be¬
deutung nach hierher gehörige, berühmte Grimſel-Hoſpiz; es
trägt heutzutage weit mehr das Gepräge eines, der Spekulation
dienenden, offenen Bergwirthshauſes, in welchem für Geld Alles
zu haben iſt, was den Gaumen kitzelt, als den Charakter jener un¬
eigennützigen, gemeinwohlthätigen Anſtalten. Schon der Umſtand,
daß daſſelbe von der Landſchaft Oberhasli an den jeweiligen
Spittler verpachtet wird, weiſt ihm eine weſentlich andere Stel¬
lung an. Hierzu kam ehedem die Berechtigung des Spittlers, von
jedem Vorüberziehenden einen Zoll für ſeine Inſtandhaltung des
Weges zu verlangen und die ausgeſprochene Erlaubniß: fürs Geld
Wirthſchaft treiben zu dürfen. Wenn der Pächter nun zugleich
auch die Verpflichtung hatte, arme Reiſende übernachten und mit
einer einfachen Mahlzeit verpflegen zu müſſen, ſo ſtand ihm anderer¬
ſeits das Recht zu, innerhalb der ganzen Schweiz kollektiren laſſen
zu dürfen und ſich an dem Facit für ſeine vermeintlichen Wohl¬
thaten zu erholen. Rechnet man hinzu, daß die Grimſel-Paſſage
bei weitem nicht jener für den Handel und Völker-Verkehr ſo all¬
gemein gebräuchliche Weg iſt wie der über den Gotthard, daß ſo¬
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