Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871.Sennenleben in den Alpen. s' Halböhrli, s' Möhrli; s' E-äugli, die erst Gel ond die Alt,der Großbuch ond die Ruch; d' Langbeneri, d' Haglehneri, -- trib iha wohl zuha, da zuha, bas zuha. Lo -- ba. -- Sit das i g'wibet ha, ha -- n -- i ke Brod me k'ha, sit das i g'wibet (ge¬ weibet, geheirathet) ha, ha -- n -- i ke Glöck me k'ha! Loba! -- Wenns asa wohl god ond niena still stod, so iß jo grotha, (wenns also wohl geht und nirgends still steht, so ists ja gerathen), -- s'iß kena Lüta bas, as ösera Chüeha; sie trinkid os -- sem Bach, ond mögid trüeha (S'ist keinen Leuten besser als unseren Kühen, sie trinken aus dem Bach und mögen gedeihen)". -- So wenig Poesie im Ganzen ist, so muß man doch die große Gemüthlichkeit anerkennen, die darin liegt, wenn der Hirt, seine Kühe beim Namen aufrufend, anfragt, ob sie herein wollen, und in Mitte dieser alpinen Harmlosigkeit plötzlich an die Mißhelligkeiten seines Ehestandes er¬ innert wird, sich jedoch rasch zu trösten weiß. Die waatländer Aelpler im Ormonds-Thal haben einen ähn¬ [Beginn Spaltensatz]
[Ende Spaltensatz]
Les armailles de Colombetta [Spaltenumbruch]
De bon matin se son leva, Ah! ah! lioba, lioba, por t' aria. Venide tote, petite, grozze, Et bliantz' e nere, d'zouven e autre, Dezo stou tzano, yo yie ario, Dezo stou trimblio, yo yie trinzo! Lioba! lioba! por t' aria. etc. etc. Die Hirten der Colombetta Sind früh aufgestanden! Ho! Ho! Kühe, Kühe! zum Melken. Kommt alle, kleine und große Und weiße und schwarze, junge und alte Unter diese Eiche, wo ich Euch melke, Unter diese Espe, wo ich (die Milch) gerinnen lasse! Kühe! Kühe! zum Melken u. s. w. Der Eindruck, den solche Aelpler-Gesänge auf das Thier ma¬ Sennenleben in den Alpen. s' Halböhrli, s' Möhrli; s' E-äugli, die erſt Gel ond die Alt,der Großbuch ond die Ruch; d' Langbeneri, d' Haglehneri, — trib iha wohl zuha, da zuha, bas zuha. Lo — ba. — Sit das i g'wibet ha, ha — n — i ke Brod me k'ha, ſit das i g'wibet (ge¬ weibet, geheirathet) ha, ha — n — i ke Glöck me k'ha! Loba! — Wenns aſa wohl god ond niena ſtill ſtod, ſo iß jo grotha, (wenns alſo wohl geht und nirgends ſtill ſteht, ſo iſts ja gerathen), — s'iß kena Lüta bas, as öſera Chüeha; ſie trinkid oſ — ſem Bach, ond mögid trüeha (S'iſt keinen Leuten beſſer als unſeren Kühen, ſie trinken aus dem Bach und mögen gedeihen)“. — So wenig Poeſie im Ganzen iſt, ſo muß man doch die große Gemüthlichkeit anerkennen, die darin liegt, wenn der Hirt, ſeine Kühe beim Namen aufrufend, anfragt, ob ſie herein wollen, und in Mitte dieſer alpinen Harmloſigkeit plötzlich an die Mißhelligkeiten ſeines Eheſtandes er¬ innert wird, ſich jedoch raſch zu tröſten weiß. Die waatländer Aelpler im Ormonds-Thal haben einen ähn¬ [Beginn Spaltensatz]
[Ende Spaltensatz]
Les armailles dé Colombetta [Spaltenumbruch]
Dé bon matin sé son lévâ, Ah! ah! lioba, lioba, por t' aria. Venidé toté, petité, grozzé, Et bliantz' é néré, d'zouven é autre, Dézo stou tzano, yo yié ario, Dézo stou trimblio, yo yié trinzo! Lioba! lioba! por t' aria. etc. etc. Die Hirten der Colombetta Sind früh aufgeſtanden! Ho! Ho! Kühe, Kühe! zum Melken. Kommt alle, kleine und große Und weiße und ſchwarze, junge und alte Unter dieſe Eiche, wo ich Euch melke, Unter dieſe Espe, wo ich (die Milch) gerinnen laſſe! Kühe! Kühe! zum Melken u. ſ. w. Der Eindruck, den ſolche Aelpler-Geſänge auf das Thier ma¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0387" n="349"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr #g">Sennenleben in den Alpen</hi>.<lb/></fw>s' Halböhrli, s' Möhrli; s' E-äugli, die erſt Gel ond die Alt,<lb/> der Großbuch ond die Ruch; d' Langbeneri, d' Haglehneri, — trib<lb/> iha wohl zuha, da zuha, bas zuha. Lo — ba. — Sit das i<lb/> g'wibet ha, ha — n — i ke Brod me k'ha, ſit das i g'wibet (ge¬<lb/> weibet, geheirathet) ha, ha — n — i ke Glöck me k'ha! Loba! —<lb/> Wenns aſa wohl god ond niena ſtill ſtod, ſo iß jo grotha, (wenns<lb/> alſo wohl geht und nirgends ſtill ſteht, ſo iſts ja gerathen), —<lb/> s'iß kena Lüta bas, as öſera Chüeha; ſie trinkid oſ — ſem Bach,<lb/> ond mögid trüeha (S'iſt keinen Leuten beſſer als unſeren Kühen,<lb/> ſie trinken aus dem Bach und mögen gedeihen)“. — So wenig<lb/> Poeſie im Ganzen iſt, ſo muß man doch die große Gemüthlichkeit<lb/> anerkennen, die darin liegt, wenn der Hirt, ſeine Kühe beim Namen<lb/> aufrufend, anfragt, ob ſie herein wollen, und in Mitte dieſer alpinen<lb/> Harmloſigkeit plötzlich an die Mißhelligkeiten ſeines Eheſtandes er¬<lb/> innert wird, ſich jedoch raſch zu tröſten weiß.</p><lb/> <p>Die waatländer Aelpler im Ormonds-Thal haben einen ähn¬<lb/> lichen Kuhreigen (<hi rendition="#aq">Ranz-des-Vaches</hi>), nur daß er bei Weitem<lb/> mehr poetiſchen Schwung hat. Der Anfang deſſelben lautet:</p><lb/> <lg type="poem"> <cb type="start"/> <lg n="1"> <l> <hi rendition="#aq">Les armailles dé Colombetta</hi> </l><lb/> <l><hi rendition="#aq">Dé bon matin sé son lévâ</hi>,</l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Ah! ah! lioba, lioba, por t' aria.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Venidé toté, petité, grozzé,</hi> </l><lb/> <l><hi rendition="#aq">Et bliantz' é néré, d</hi>'<hi rendition="#aq">zouven é autre</hi>,</l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Dézo stou tzano, yo yié ario,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Dézo stou trimblio, yo yié trinzo!</hi> </l><lb/> <space dim="vertical"/> <l> <hi rendition="#aq">Lioba! lioba! por t' aria. etc. etc.</hi> </l><lb/> </lg> <cb/> <lg n="2"> <l>Die Hirten der Colombetta</l><lb/> <l>Sind früh aufgeſtanden!</l><lb/> <l>Ho! Ho! Kühe, Kühe! zum Melken.</l><lb/> <l>Kommt alle, kleine und große</l><lb/> <l>Und weiße und ſchwarze, junge und alte</l><lb/> <l>Unter dieſe Eiche, wo ich Euch melke,</l><lb/> <l>Unter dieſe Espe, wo ich (die Milch)<lb/><hi rendition="#right">gerinnen laſſe!</hi></l><lb/> <l>Kühe! Kühe! zum Melken u. ſ. w.</l><lb/> </lg> </lg> <cb type="end"/> <p>Der Eindruck, den ſolche Aelpler-Geſänge auf das Thier ma¬<lb/> chen, iſt unauslöſchlich. Denn wenn Kühe von Alpenzucht aus<lb/> dem Geburtslande entfernt werden und ſpäter durch Zufall den<lb/> Refrain wieder hören, ſo ſcheinen alle Erinnerungen an ihre frühe¬<lb/> ren Bergweiden wieder in ihnen wach zu werden; ſie ſchlagen aus,<lb/> thun völlig ungeberdig, rennen umher und durchbrechen in ihrer<lb/> Raſerei die Zäune. Ueberhaupt äußert das Vieh, welches auf den<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [349/0387]
Sennenleben in den Alpen.
s' Halböhrli, s' Möhrli; s' E-äugli, die erſt Gel ond die Alt,
der Großbuch ond die Ruch; d' Langbeneri, d' Haglehneri, — trib
iha wohl zuha, da zuha, bas zuha. Lo — ba. — Sit das i
g'wibet ha, ha — n — i ke Brod me k'ha, ſit das i g'wibet (ge¬
weibet, geheirathet) ha, ha — n — i ke Glöck me k'ha! Loba! —
Wenns aſa wohl god ond niena ſtill ſtod, ſo iß jo grotha, (wenns
alſo wohl geht und nirgends ſtill ſteht, ſo iſts ja gerathen), —
s'iß kena Lüta bas, as öſera Chüeha; ſie trinkid oſ — ſem Bach,
ond mögid trüeha (S'iſt keinen Leuten beſſer als unſeren Kühen,
ſie trinken aus dem Bach und mögen gedeihen)“. — So wenig
Poeſie im Ganzen iſt, ſo muß man doch die große Gemüthlichkeit
anerkennen, die darin liegt, wenn der Hirt, ſeine Kühe beim Namen
aufrufend, anfragt, ob ſie herein wollen, und in Mitte dieſer alpinen
Harmloſigkeit plötzlich an die Mißhelligkeiten ſeines Eheſtandes er¬
innert wird, ſich jedoch raſch zu tröſten weiß.
Die waatländer Aelpler im Ormonds-Thal haben einen ähn¬
lichen Kuhreigen (Ranz-des-Vaches), nur daß er bei Weitem
mehr poetiſchen Schwung hat. Der Anfang deſſelben lautet:
Les armailles dé Colombetta
Dé bon matin sé son lévâ,
Ah! ah! lioba, lioba, por t' aria.
Venidé toté, petité, grozzé,
Et bliantz' é néré, d'zouven é autre,
Dézo stou tzano, yo yié ario,
Dézo stou trimblio, yo yié trinzo!
Lioba! lioba! por t' aria. etc. etc.
Die Hirten der Colombetta
Sind früh aufgeſtanden!
Ho! Ho! Kühe, Kühe! zum Melken.
Kommt alle, kleine und große
Und weiße und ſchwarze, junge und alte
Unter dieſe Eiche, wo ich Euch melke,
Unter dieſe Espe, wo ich (die Milch)
gerinnen laſſe!
Kühe! Kühe! zum Melken u. ſ. w.
Der Eindruck, den ſolche Aelpler-Geſänge auf das Thier ma¬
chen, iſt unauslöſchlich. Denn wenn Kühe von Alpenzucht aus
dem Geburtslande entfernt werden und ſpäter durch Zufall den
Refrain wieder hören, ſo ſcheinen alle Erinnerungen an ihre frühe¬
ren Bergweiden wieder in ihnen wach zu werden; ſie ſchlagen aus,
thun völlig ungeberdig, rennen umher und durchbrechen in ihrer
Raſerei die Zäune. Ueberhaupt äußert das Vieh, welches auf den
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