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Berlin, Rudolf: Eine besondere Art der Wortblindheit (Dyslexie). Wiesbaden, 1887.

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nämlich im Laufe des Monats Juli, das letzte Mal am
24., mehrere heftige Schlaganfälle erlitten, welche ihn für
längere Zeit, einmal für 3 bis 4 Tage bewusstlos gemacht
und ein Pelzigsein, sowie eine vorübergehende motorische
Lähmung der rechten oberen und unteren Extremität
hervorgerufen hatten. Derartige Anfälle wiederholten sich
im Laufe des Herbstes 1882 häufiger, das letzte Mal Ende
November mit Zuckungen im rechten Arm und Aphasie.
Ich übergehe die Details dieser Anfälle und will nur er-
wähnen, dass Herr Dr. Faber einmal ein Abweichen der
hervorgestreckten Zunge nach rechts constatirte, während
die Moula nach links abgelenkt war. Derselbe stellte,
laut einem mir unterm 1. März 1883 gefälligst zugesandten
schriftlichen Krankenbericht, damals die Diagnose auf
Endarteritis syphilitica und leitete dementsprechend
eine antisyphilitische Therapie ein, bestehend in wieder-
holten Inunctionen mit nachfolgender Jodkaliumbehand-
lung. Diese Cur erzielte eine wesentliche Besserung aller
Symptome, auch der inzwischen hochgradig gesteigerten
entzündlichen Hornhauttrübung des linken Auges. Nur
blieben häufige Schwindelanfälle, öfteres äusserst heftiges
Kopfweh, welches meistentheils den Hinterkopf einnahm,
Pelzigsein und muskuläre Schwäche der rechten oberen
und unteren Extremität zurück, sowie ein leichter Grad
von Aphasie, welchen Patient selbst treffend als "Armuth
der Sprache" bezeichnete.

In diesem Zustande also bekam ich den Kranken
Mitte Januar 1883 von Neuem wegen beiderseitiger diffuser
Keratitis in Behandlung. Das Sehvermögen war um diese
Zeit sehr beeinträchtigt, Patient konnte mittelst Convex
5 D mit dem besseren, linken Auge nur Jäger Nr. 14
lesen; aber bei diesem Versuche stellte sich heraus, dass
keine Spur von Dyslexie mehr vorhanden war; er las den
ganzen Absatz ohne Unterbrechung hintereinander laut
vor, wobei höchstens ein noch bestehender Rest von

nämlich im Laufe des Monats Juli, das letzte Mal am
24., mehrere heftige Schlaganfälle erlitten, welche ihn für
längere Zeit, einmal für 3 bis 4 Tage bewusstlos gemacht
und ein Pelzigsein, sowie eine vorübergehende motorische
Lähmung der rechten oberen und unteren Extremität
hervorgerufen hatten. Derartige Anfälle wiederholten sich
im Laufe des Herbstes 1882 häufiger, das letzte Mal Ende
November mit Zuckungen im rechten Arm und Aphasie.
Ich übergehe die Détails dieser Anfälle und will nur er-
wähnen, dass Herr Dr. Faber einmal ein Abweichen der
hervorgestreckten Zunge nach rechts constatirte, während
die Moula nach links abgelenkt war. Derselbe stellte,
laut einem mir unterm 1. März 1883 gefälligst zugesandten
schriftlichen Krankenbericht, damals die Diagnose auf
Endarteritis syphilitica und leitete dementsprechend
eine antisyphilitische Therapie ein, bestehend in wieder-
holten Inunctionen mit nachfolgender Jodkaliumbehand-
lung. Diese Cur erzielte eine wesentliche Besserung aller
Symptome, auch der inzwischen hochgradig gesteigerten
entzündlichen Hornhauttrübung des linken Auges. Nur
blieben häufige Schwindelanfälle, öfteres äusserst heftiges
Kopfweh, welches meistentheils den Hinterkopf einnahm,
Pelzigsein und muskuläre Schwäche der rechten oberen
und unteren Extremität zurück, sowie ein leichter Grad
von Aphasie, welchen Patient selbst treffend als „Armuth
der Sprache“ bezeichnete.

In diesem Zustande also bekam ich den Kranken
Mitte Januar 1883 von Neuem wegen beiderseitiger diffuser
Keratitis in Behandlung. Das Sehvermögen war um diese
Zeit sehr beeinträchtigt, Patient konnte mittelst Convex
5 D mit dem besseren, linken Auge nur Jäger Nr. 14
lesen; aber bei diesem Versuche stellte sich heraus, dass
keine Spur von Dyslexie mehr vorhanden war; er las den
ganzen Absatz ohne Unterbrechung hintereinander laut
vor, wobei höchstens ein noch bestehender Rest von

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[24/0028] nämlich im Laufe des Monats Juli, das letzte Mal am 24., mehrere heftige Schlaganfälle erlitten, welche ihn für längere Zeit, einmal für 3 bis 4 Tage bewusstlos gemacht und ein Pelzigsein, sowie eine vorübergehende motorische Lähmung der rechten oberen und unteren Extremität hervorgerufen hatten. Derartige Anfälle wiederholten sich im Laufe des Herbstes 1882 häufiger, das letzte Mal Ende November mit Zuckungen im rechten Arm und Aphasie. Ich übergehe die Détails dieser Anfälle und will nur er- wähnen, dass Herr Dr. Faber einmal ein Abweichen der hervorgestreckten Zunge nach rechts constatirte, während die Moula nach links abgelenkt war. Derselbe stellte, laut einem mir unterm 1. März 1883 gefälligst zugesandten schriftlichen Krankenbericht, damals die Diagnose auf Endarteritis syphilitica und leitete dementsprechend eine antisyphilitische Therapie ein, bestehend in wieder- holten Inunctionen mit nachfolgender Jodkaliumbehand- lung. Diese Cur erzielte eine wesentliche Besserung aller Symptome, auch der inzwischen hochgradig gesteigerten entzündlichen Hornhauttrübung des linken Auges. Nur blieben häufige Schwindelanfälle, öfteres äusserst heftiges Kopfweh, welches meistentheils den Hinterkopf einnahm, Pelzigsein und muskuläre Schwäche der rechten oberen und unteren Extremität zurück, sowie ein leichter Grad von Aphasie, welchen Patient selbst treffend als „Armuth der Sprache“ bezeichnete. In diesem Zustande also bekam ich den Kranken Mitte Januar 1883 von Neuem wegen beiderseitiger diffuser Keratitis in Behandlung. Das Sehvermögen war um diese Zeit sehr beeinträchtigt, Patient konnte mittelst Convex 5 D mit dem besseren, linken Auge nur Jäger Nr. 14 lesen; aber bei diesem Versuche stellte sich heraus, dass keine Spur von Dyslexie mehr vorhanden war; er las den ganzen Absatz ohne Unterbrechung hintereinander laut vor, wobei höchstens ein noch bestehender Rest von

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Zitationshilfe: Berlin, Rudolf: Eine besondere Art der Wortblindheit (Dyslexie). Wiesbaden, 1887, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlin_wortblindheit_1887/28>, abgerufen am 23.11.2024.