haußen im Atrio mit den jungen Juristen, und andern Anwesenden, daß es ein Greuel zu hö- ren und zu sehen war, und ich beynahe aus ih- rer Aufführung ein Argument wider sie zu mei- ner Defension vor dem Richter hätte machen können. Jch erzehlte in des Predigers Hause der andern Domestiquen, was ich von ihr ge- höret. Die Sache kam vor den Herr Magi- ster. Dieser ließ mich bald vor sich kommen, und muste ich ihm alles sagen, was ich von ihr gehöret hatte. Jch sagte es ihm in Vertrauen und Meynung, er würde etwan schon ein Mit- tel zu erfinden wissen, bono modo ihr den Dienst wieder aufzusagen. Aber das that er nicht, sondern sagte seiner Mutter: Das Mensch, so sie ihm zuweisen wolte, und ihm gemiethet hätte, wäre eine Hure, da und da wäre sie in der That ergriffen worden, und sein Famulus wüste Specialia von ihr. Die Mut- ter höchst entrüstet, daß sie die Schande haben soll, ihm eine solche berüchtichte Magd gemie- thet zu haben, krieget das Mensch vor sich, und sagt ihr den Dienst wieder auf, animirt sie aber, sie solle solchen Schimpff nicht auf ihr sitzen laßen, sondern ihren ehrlichen Namen zu retten suchen. Was geschicht? Jn kurtzem läst sie mich vor den Stadt-Voigt citiren, nachdem sie erst zwey Männer an mich abgeschickt, und
hören
in einen verdruͤßlichen
haußen im Atrio mit den jungen Juriſten, und andern Anweſenden, daß es ein Greuel zu hoͤ- ren und zu ſehen war, und ich beynahe aus ih- rer Auffuͤhrung ein Argument wider ſie zu mei- ner Defenſion vor dem Richter haͤtte machen koͤnnen. Jch erzehlte in des Predigers Hauſe der andern Domeſtiquen, was ich von ihr ge- hoͤret. Die Sache kam vor den Herr Magi- ſter. Dieſer ließ mich bald vor ſich kommen, und muſte ich ihm alles ſagen, was ich von ihr gehoͤret hatte. Jch ſagte es ihm in Vertrauen und Meynung, er wuͤrde etwan ſchon ein Mit- tel zu erfinden wiſſen, bono modo ihr den Dienſt wieder aufzuſagen. Aber das that er nicht, ſondern ſagte ſeiner Mutter: Das Menſch, ſo ſie ihm zuweiſen wolte, und ihm gemiethet haͤtte, waͤre eine Hure, da und da waͤre ſie in der That ergriffen worden, und ſein Famulus wuͤſte Specialia von ihr. Die Mut- ter hoͤchſt entruͤſtet, daß ſie die Schande haben ſoll, ihm eine ſolche beruͤchtichte Magd gemie- thet zu haben, krieget das Menſch vor ſich, und ſagt ihr den Dienſt wieder auf, animirt ſie aber, ſie ſolle ſolchen Schimpff nicht auf ihr ſitzen laßen, ſondern ihren ehrlichen Namen zu retten ſuchen. Was geſchicht? Jn kurtzem laͤſt ſie mich vor den Stadt-Voigt citiren, nachdem ſie erſt zwey Maͤnner an mich abgeſchickt, und
hoͤren
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0122"n="76"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">in einen verdruͤßlichen</hi></fw><lb/>
haußen im <hirendition="#aq">Atrio</hi> mit den jungen <hirendition="#aq">Juriſt</hi>en, und<lb/>
andern Anweſenden, daß es ein Greuel zu hoͤ-<lb/>
ren und zu ſehen war, und ich beynahe aus ih-<lb/>
rer Auffuͤhrung ein <hirendition="#aq">Argument</hi> wider ſie zu mei-<lb/>
ner <hirendition="#aq">Defenſion</hi> vor dem Richter haͤtte machen<lb/>
koͤnnen. Jch erzehlte in des Predigers Hauſe<lb/>
der andern <hirendition="#aq">Domeſtiqu</hi>en, was ich von ihr ge-<lb/>
hoͤret. Die Sache kam vor den Herr <hirendition="#aq">Magi-<lb/>ſter.</hi> Dieſer ließ mich bald vor ſich kommen,<lb/>
und muſte ich ihm alles ſagen, was ich von ihr<lb/>
gehoͤret hatte. Jch ſagte es ihm in Vertrauen<lb/>
und Meynung, er wuͤrde etwan ſchon ein Mit-<lb/>
tel zu erfinden wiſſen, <hirendition="#aq">bono modo</hi> ihr den<lb/>
Dienſt wieder aufzuſagen. Aber das that er<lb/>
nicht, ſondern ſagte ſeiner Mutter: Das<lb/>
Menſch, ſo ſie ihm zuweiſen wolte, und ihm<lb/>
gemiethet haͤtte, waͤre eine Hure, da und da<lb/>
waͤre ſie in der That ergriffen worden, und ſein<lb/><hirendition="#aq">Famulus</hi> wuͤſte <hirendition="#aq">Specialia</hi> von ihr. Die Mut-<lb/>
ter hoͤchſt entruͤſtet, daß ſie die Schande haben<lb/>ſoll, ihm eine ſolche beruͤchtichte Magd gemie-<lb/>
thet zu haben, krieget das Menſch vor ſich, und<lb/>ſagt ihr den Dienſt wieder auf, <hirendition="#aq">animi</hi>rt ſie aber,<lb/>ſie ſolle ſolchen Schimpff nicht auf ihr ſitzen<lb/>
laßen, ſondern ihren ehrlichen Namen zu retten<lb/>ſuchen. Was geſchicht? Jn kurtzem laͤſt ſie<lb/>
mich vor den Stadt-Voigt <hirendition="#aq">citi</hi>ren, nachdem<lb/>ſie erſt zwey Maͤnner an mich abgeſchickt, und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">hoͤren</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[76/0122]
in einen verdruͤßlichen
haußen im Atrio mit den jungen Juriſten, und
andern Anweſenden, daß es ein Greuel zu hoͤ-
ren und zu ſehen war, und ich beynahe aus ih-
rer Auffuͤhrung ein Argument wider ſie zu mei-
ner Defenſion vor dem Richter haͤtte machen
koͤnnen. Jch erzehlte in des Predigers Hauſe
der andern Domeſtiquen, was ich von ihr ge-
hoͤret. Die Sache kam vor den Herr Magi-
ſter. Dieſer ließ mich bald vor ſich kommen,
und muſte ich ihm alles ſagen, was ich von ihr
gehoͤret hatte. Jch ſagte es ihm in Vertrauen
und Meynung, er wuͤrde etwan ſchon ein Mit-
tel zu erfinden wiſſen, bono modo ihr den
Dienſt wieder aufzuſagen. Aber das that er
nicht, ſondern ſagte ſeiner Mutter: Das
Menſch, ſo ſie ihm zuweiſen wolte, und ihm
gemiethet haͤtte, waͤre eine Hure, da und da
waͤre ſie in der That ergriffen worden, und ſein
Famulus wuͤſte Specialia von ihr. Die Mut-
ter hoͤchſt entruͤſtet, daß ſie die Schande haben
ſoll, ihm eine ſolche beruͤchtichte Magd gemie-
thet zu haben, krieget das Menſch vor ſich, und
ſagt ihr den Dienſt wieder auf, animirt ſie aber,
ſie ſolle ſolchen Schimpff nicht auf ihr ſitzen
laßen, ſondern ihren ehrlichen Namen zu retten
ſuchen. Was geſchicht? Jn kurtzem laͤſt ſie
mich vor den Stadt-Voigt citiren, nachdem
ſie erſt zwey Maͤnner an mich abgeſchickt, und
hoͤren
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/122>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.