eine Spitzbübin ansahe, und ich mich mit ihr balgete. Der Traum währete sehr lange, und ich rang, und wehrte mich aufs beste, so gut ich kunte. Endlich ward sie nach langem Rin- gen meiner doch mächtig, grieff mir mit Ge- walt nach dem Schübsack, und nahm mir das Geld heraus, so ich bey mir hatte. Der Traum hätte nicht besser eintreffen können, nur daß er mir wenig genutzet, und ich nicht sehen kan, wie ich dessen Erfüllung hätte hindern kön- nen. Die gantze Sache brach in der Stadt aus, wie zu geschehen pfleget, wenn in den Häusern der Prediger etwas vorgehet, und ge- reichte dem Prediger mehr, als mir, zur Schan- de, weil er nicht vorsichtiger und klüger in allem verfahren.
Doch muß ich bis diese Stunde diesem Prediger alles Gutes nachsagen, so viel übeln Nachreden er auch unterworffen war: und das vor geringe Fehler und Schwachheiten halten, was ihm andere hoch anrechnen wollen. Jn- zwischen kan ich doch nicht leugnen, daß mir viel in der Jugend an meinem Christenthum gescha- det, und nicht wenig zu meinem folgenden un- ordentlichen Leben beygetragen, daß ich in so früher Jugend zu einem Prediger ins Haus ge- kommen, und folgentlich, weil ich dessen Famu- lus gewesen, auch andere Prediger, an die er
mich
Traume vorgeſtellet worden;
eine Spitzbuͤbin anſahe, und ich mich mit ihr balgete. Der Traum waͤhrete ſehr lange, und ich rang, und wehrte mich aufs beſte, ſo gut ich kunte. Endlich ward ſie nach langem Rin- gen meiner doch maͤchtig, grieff mir mit Ge- walt nach dem Schuͤbſack, und nahm mir das Geld heraus, ſo ich bey mir hatte. Der Traum haͤtte nicht beſſer eintreffen koͤnnen, nur daß er mir wenig genutzet, und ich nicht ſehen kan, wie ich deſſen Erfuͤllung haͤtte hindern koͤn- nen. Die gantze Sache brach in der Stadt aus, wie zu geſchehen pfleget, wenn in den Haͤuſern der Prediger etwas vorgehet, und ge- reichte dem Prediger mehr, als mir, zur Schan- de, weil er nicht vorſichtiger und kluͤger in allem verfahren.
Doch muß ich bis dieſe Stunde dieſem Prediger alles Gutes nachſagen, ſo viel uͤbeln Nachreden er auch unterworffen war: und das vor geringe Fehler und Schwachheiten halten, was ihm andere hoch anrechnen wollen. Jn- zwiſchen kan ich doch nicht leugnen, daß mir viel in der Jugend an meinem Chriſtenthum geſcha- det, und nicht wenig zu meinem folgenden un- ordentlichen Leben beygetragen, daß ich in ſo fruͤher Jugend zu einem Prediger ins Haus ge- kommen, und folgentlich, weil ich deſſen Famu- lus geweſen, auch andere Prediger, an die er
mich
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Traume vorgeſtellet worden;
eine Spitzbuͤbin anſahe, und ich mich mit ihr
balgete. Der Traum waͤhrete ſehr lange, und
ich rang, und wehrte mich aufs beſte, ſo gut ich
kunte. Endlich ward ſie nach langem Rin-
gen meiner doch maͤchtig, grieff mir mit Ge-
walt nach dem Schuͤbſack, und nahm mir das
Geld heraus, ſo ich bey mir hatte. Der
Traum haͤtte nicht beſſer eintreffen koͤnnen, nur
daß er mir wenig genutzet, und ich nicht ſehen
kan, wie ich deſſen Erfuͤllung haͤtte hindern koͤn-
nen. Die gantze Sache brach in der Stadt
aus, wie zu geſchehen pfleget, wenn in den
Haͤuſern der Prediger etwas vorgehet, und ge-
reichte dem Prediger mehr, als mir, zur Schan-
de, weil er nicht vorſichtiger und kluͤger in allem
verfahren.
Doch muß ich bis dieſe Stunde dieſem
Prediger alles Gutes nachſagen, ſo viel uͤbeln
Nachreden er auch unterworffen war: und das
vor geringe Fehler und Schwachheiten halten,
was ihm andere hoch anrechnen wollen. Jn-
zwiſchen kan ich doch nicht leugnen, daß mir viel
in der Jugend an meinem Chriſtenthum geſcha-
det, und nicht wenig zu meinem folgenden un-
ordentlichen Leben beygetragen, daß ich in ſo
fruͤher Jugend zu einem Prediger ins Haus ge-
kommen, und folgentlich, weil ich deſſen Famu-
lus geweſen, auch andere Prediger, an die er
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/125>, abgerufen am 25.11.2024.
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