mir verächtlich vorüber gehen werden, so bald sie meine Striemen, und Beulen, meine Fehler, Gebrechen, Mängel, und Schwachheiten, welche sie bisher nicht einmahl geglaubet, mit Augen sehen, und gantz einen andern Menschen an mir finden werden, als ich iederzeit von aussen gegen sie ge- schienen.
Zwar gereichte es einem vor Zei- ten zu besonderm Ruhme, wenn man von ihm wuste, daß er viel hohe geist- liche Anfechtungen in seinem Leben ausgestanden; und man maaß die Größe der Lehrer nach der Größe der Versuchungen, welche über sie gekom- men waren, weil man mit Luthero glaubte, daß die Tentationes und Ver- suchungen einen GOttes-Gelehrten machten. Die des alten Welleri Le-
ben
Vorrede.
mir veraͤchtlich voruͤber gehen werden, ſo bald ſie meine Striemen, und Beulen, meine Fehler, Gebrechen, Maͤngel, und Schwachheiten, welche ſie bisher nicht einmahl geglaubet, mit Augen ſehen, und gantz einen andern Menſchen an mir finden werden, als ich iederzeit von auſſen gegen ſie ge- ſchienen.
Zwar gereichte es einem vor Zei- ten zu beſonderm Ruhme, wenn man von ihm wuſte, daß er viel hohe geiſt- liche Anfechtungen in ſeinem Leben ausgeſtanden; und man maaß die Groͤße der Lehrer nach der Groͤße der Verſuchungen, welche uͤber ſie gekom- men waren, weil man mit Luthero glaubte, daß die Tentationes und Ver- ſuchungen einen GOttes-Gelehrten machten. Die des alten Welleri Le-
ben
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0014"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">mir veraͤchtlich voruͤber gehen</hi><lb/>
werden, ſo bald ſie meine Striemen,<lb/>
und Beulen, meine Fehler, Gebrechen,<lb/>
Maͤngel, und Schwachheiten, welche<lb/>ſie bisher nicht einmahl geglaubet, mit<lb/>
Augen ſehen, und gantz einen andern<lb/>
Menſchen an mir finden werden, als<lb/>
ich iederzeit von auſſen gegen ſie ge-<lb/>ſchienen.</p><lb/><p>Zwar gereichte es einem vor Zei-<lb/>
ten zu beſonderm Ruhme, wenn man<lb/>
von ihm wuſte, daß er viel hohe geiſt-<lb/>
liche Anfechtungen in ſeinem Leben<lb/>
ausgeſtanden; und man maaß die<lb/>
Groͤße der Lehrer nach der Groͤße der<lb/>
Verſuchungen, welche uͤber ſie gekom-<lb/>
men waren, weil man mit Luthero<lb/>
glaubte, daß die <hirendition="#aq">Tentationes</hi> und Ver-<lb/>ſuchungen einen GOttes-Gelehrten<lb/>
machten. Die des alten <hirendition="#aq">Welleri</hi> Le-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ben</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[0014]
Vorrede.
mir veraͤchtlich voruͤber gehen
werden, ſo bald ſie meine Striemen,
und Beulen, meine Fehler, Gebrechen,
Maͤngel, und Schwachheiten, welche
ſie bisher nicht einmahl geglaubet, mit
Augen ſehen, und gantz einen andern
Menſchen an mir finden werden, als
ich iederzeit von auſſen gegen ſie ge-
ſchienen.
Zwar gereichte es einem vor Zei-
ten zu beſonderm Ruhme, wenn man
von ihm wuſte, daß er viel hohe geiſt-
liche Anfechtungen in ſeinem Leben
ausgeſtanden; und man maaß die
Groͤße der Lehrer nach der Groͤße der
Verſuchungen, welche uͤber ſie gekom-
men waren, weil man mit Luthero
glaubte, daß die Tentationes und Ver-
ſuchungen einen GOttes-Gelehrten
machten. Die des alten Welleri Le-
ben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/14>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.