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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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da ihm wohl in der Seele:
Abends, ehe man das Licht anzündete, spatzierte
ich auf dem Vorsaal herum, und überlegte mein
gegenwärtiges Leben, jauchzete offters vor Freu-
den über meinen seligen und ruhigen Zustand, in
welchem ich durch die Befreyung von der Sünde
und durch wahre Bekehrung, wie ich glaubte,
war gesetzt worden. Deus, Deus nobis haec
otia (gaudia) fecit,
rieff ich manchmahl vor gu-
tem Muthe aus. Es starb zwar kurtz nach
Michael mein Vater, und im Decembr. meine
jüngste und liebste Schwester von 23. Jahren,
deren Tod mir sehr zu Hertzen gieng; es wur-
den aber durch die Thränen über derselben Tod,
denen ich zuweilen zu Hause im Hospitio Raum
gab, so viel andere gute Bewegungen, Gebete,
Seufzer und Flehen zu GOtt erwecket, so daß
ich mit Rechte sagen kan, daß diese zwey Todes-
Fälle in meinem Christenthum zu Befestigung
der neuen guten Gemüths-Art ein großes beyge-
tragen. War schon mein Vater gestorben, so
lebte doch ein anderer Vater, mein Bruder, noch,
der 15. Jahr älter als ich war. Ja dieser fieng
um diese Zeit erst recht an zu leben; denn er
wurde Herr, und ein Kretschmar, da er bisher
nur Schencke gewesen. Er miethete die soge-
nannte schöne Stube, die er auch nach der Zeit
vor 7000. Rthlr. an sich kauffte, und heyrathete
bald nach des Vaters Tode. Nun war er desto

geschick-

da ihm wohl in der Seele:
Abends, ehe man das Licht anzuͤndete, ſpatzierte
ich auf dem Vorſaal herum, und uͤberlegte mein
gegenwaͤrtiges Leben, jauchzete offters vor Freu-
den uͤber meinen ſeligen und ruhigen Zuſtand, in
welchem ich durch die Befreyung von der Suͤnde
und durch wahre Bekehrung, wie ich glaubte,
war geſetzt worden. Deus, Deus nobis hæc
otia (gaudia) fecit,
rieff ich manchmahl vor gu-
tem Muthe aus. Es ſtarb zwar kurtz nach
Michael mein Vater, und im Decembr. meine
juͤngſte und liebſte Schweſter von 23. Jahren,
deren Tod mir ſehr zu Hertzen gieng; es wur-
den aber durch die Thraͤnen uͤber derſelben Tod,
denen ich zuweilen zu Hauſe im Hoſpitio Raum
gab, ſo viel andere gute Bewegungen, Gebete,
Seufzer und Flehen zu GOtt erwecket, ſo daß
ich mit Rechte ſagen kan, daß dieſe zwey Todes-
Faͤlle in meinem Chriſtenthum zu Befeſtigung
der neuen guten Gemuͤths-Art ein großes beyge-
tragen. War ſchon mein Vater geſtorben, ſo
lebte doch ein anderer Vater, mein Bruder, noch,
der 15. Jahr aͤlter als ich war. Ja dieſer fieng
um dieſe Zeit erſt recht an zu leben; denn er
wurde Herr, und ein Kretſchmar, da er bisher
nur Schencke geweſen. Er miethete die ſoge-
nannte ſchoͤne Stube, die er auch nach der Zeit
vor 7000. Rthlr. an ſich kauffte, und heyrathete
bald nach des Vaters Tode. Nun war er deſto

geſchick-
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[125/0171] da ihm wohl in der Seele: Abends, ehe man das Licht anzuͤndete, ſpatzierte ich auf dem Vorſaal herum, und uͤberlegte mein gegenwaͤrtiges Leben, jauchzete offters vor Freu- den uͤber meinen ſeligen und ruhigen Zuſtand, in welchem ich durch die Befreyung von der Suͤnde und durch wahre Bekehrung, wie ich glaubte, war geſetzt worden. Deus, Deus nobis hæc otia (gaudia) fecit, rieff ich manchmahl vor gu- tem Muthe aus. Es ſtarb zwar kurtz nach Michael mein Vater, und im Decembr. meine juͤngſte und liebſte Schweſter von 23. Jahren, deren Tod mir ſehr zu Hertzen gieng; es wur- den aber durch die Thraͤnen uͤber derſelben Tod, denen ich zuweilen zu Hauſe im Hoſpitio Raum gab, ſo viel andere gute Bewegungen, Gebete, Seufzer und Flehen zu GOtt erwecket, ſo daß ich mit Rechte ſagen kan, daß dieſe zwey Todes- Faͤlle in meinem Chriſtenthum zu Befeſtigung der neuen guten Gemuͤths-Art ein großes beyge- tragen. War ſchon mein Vater geſtorben, ſo lebte doch ein anderer Vater, mein Bruder, noch, der 15. Jahr aͤlter als ich war. Ja dieſer fieng um dieſe Zeit erſt recht an zu leben; denn er wurde Herr, und ein Kretſchmar, da er bisher nur Schencke geweſen. Er miethete die ſoge- nannte ſchoͤne Stube, die er auch nach der Zeit vor 7000. Rthlr. an ſich kauffte, und heyrathete bald nach des Vaters Tode. Nun war er deſto geſchick-

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/171>, abgerufen am 21.11.2024.