Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

begehet darbey eine große Einfalt,
wie der andere. Wie wir 3. Stunden gebraucht
hatten hinauf, so musten wir auch 3. Stunden
haben wieder herunter zu kommen. Das ge-
schah auch. Ohngefehr in der 8. Stunde ka-
men wir in ein eben Feld, so unten am Berge
lag, und nicht weit vom Fahrwege war, der
aber nach der Stadt Schweinitz gieng, welche
wir auf dem Berge deutlich hatten liegen sehen.
Wir traffen einen Bauer auf dem Felde an,
den fragten wir, auf welcher Seite des Berges
wir am geschwindesten wieder in die Stadt Zo-
ten
kommen könten. Der Bauer lächelte und
sprach: Heunte werdet ihr wol nicht nach
Zoten kommen. Wir erschracken nicht we-
nig, da wir merckten, daß es des Bauern sein
gantzer Ernst war; denn wir einfältige Tropf-
fen hatten nicht an den großen Umfang, den
ein großer Berg unten hat, gedacht; gleich
als obs nur so wäre, als wie, wenn man im
Schieß-Werder auf den Schieß-Berg hinauf,
und die andere Seite wieder herunter, und
leicht hernach um den Berg herum gehen kan.
Wir armen Thiere musten beynahe 4. Stun-
den haben, ehe wir wiederum in das Städtlein
kommen konten. Wir waren so entkräfftet,
daß wir hätten mögen auf dem Maule liegen
bleiben, und resolvirten schon, auf dem Felde
unter freyem Himmel zu schlafen, weil es nicht

kalt

begehet darbey eine große Einfalt,
wie der andere. Wie wir 3. Stunden gebraucht
hatten hinauf, ſo muſten wir auch 3. Stunden
haben wieder herunter zu kommen. Das ge-
ſchah auch. Ohngefehr in der 8. Stunde ka-
men wir in ein eben Feld, ſo unten am Berge
lag, und nicht weit vom Fahrwege war, der
aber nach der Stadt Schweinitz gieng, welche
wir auf dem Berge deutlich hatten liegen ſehen.
Wir traffen einen Bauer auf dem Felde an,
den fragten wir, auf welcher Seite des Berges
wir am geſchwindeſten wieder in die Stadt Zo-
ten
kommen koͤnten. Der Bauer laͤchelte und
ſprach: Heunte werdet ihr wol nicht nach
Zoten kommen. Wir erſchracken nicht we-
nig, da wir merckten, daß es des Bauern ſein
gantzer Ernſt war; denn wir einfaͤltige Tropf-
fen hatten nicht an den großen Umfang, den
ein großer Berg unten hat, gedacht; gleich
als obs nur ſo waͤre, als wie, wenn man im
Schieß-Werder auf den Schieß-Berg hinauf,
und die andere Seite wieder herunter, und
leicht hernach um den Berg herum gehen kan.
Wir armen Thiere muſten beynahe 4. Stun-
den haben, ehe wir wiederum in das Staͤdtlein
kommen konten. Wir waren ſo entkraͤfftet,
daß wir haͤtten moͤgen auf dem Maule liegen
bleiben, und reſolvirten ſchon, auf dem Felde
unter freyem Himmel zu ſchlafen, weil es nicht

kalt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0184" n="138"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">begehet darbey eine große Einfalt,</hi></fw><lb/>
wie der andere. Wie wir 3. Stunden gebraucht<lb/>
hatten hinauf, &#x017F;o mu&#x017F;ten wir auch 3. Stunden<lb/>
haben wieder herunter zu kommen. Das ge-<lb/>
&#x017F;chah auch. Ohngefehr in der 8. Stunde ka-<lb/>
men wir in ein eben Feld, &#x017F;o unten am Berge<lb/>
lag, und nicht weit vom Fahrwege war, der<lb/>
aber nach der Stadt Schweinitz gieng, welche<lb/>
wir auf dem Berge deutlich hatten liegen &#x017F;ehen.<lb/>
Wir traffen einen Bauer auf dem Felde an,<lb/>
den fragten wir, auf welcher Seite des Berges<lb/>
wir am ge&#x017F;chwinde&#x017F;ten wieder in die Stadt <hi rendition="#fr">Zo-<lb/>
ten</hi> kommen ko&#x0364;nten. Der Bauer la&#x0364;chelte und<lb/>
&#x017F;prach: Heunte werdet ihr wol nicht nach<lb/><hi rendition="#fr">Zoten</hi> kommen. Wir er&#x017F;chracken nicht we-<lb/>
nig, da wir merckten, daß es des Bauern &#x017F;ein<lb/>
gantzer Ern&#x017F;t war; denn wir einfa&#x0364;ltige Tropf-<lb/>
fen hatten nicht an den großen Umfang, den<lb/>
ein großer Berg unten hat, gedacht; gleich<lb/>
als obs nur &#x017F;o wa&#x0364;re, als wie, wenn man im<lb/>
Schieß-Werder auf den Schieß-Berg hinauf,<lb/>
und die andere Seite wieder herunter, und<lb/>
leicht hernach um den Berg herum gehen kan.<lb/>
Wir armen Thiere mu&#x017F;ten beynahe 4. Stun-<lb/>
den haben, ehe wir wiederum in das Sta&#x0364;dtlein<lb/>
kommen konten. Wir waren &#x017F;o entkra&#x0364;fftet,<lb/>
daß wir ha&#x0364;tten mo&#x0364;gen auf dem Maule liegen<lb/>
bleiben, und <hi rendition="#aq">re&#x017F;olvi</hi>rten &#x017F;chon, auf dem Felde<lb/>
unter freyem Himmel zu &#x017F;chlafen, weil es nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kalt</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0184] begehet darbey eine große Einfalt, wie der andere. Wie wir 3. Stunden gebraucht hatten hinauf, ſo muſten wir auch 3. Stunden haben wieder herunter zu kommen. Das ge- ſchah auch. Ohngefehr in der 8. Stunde ka- men wir in ein eben Feld, ſo unten am Berge lag, und nicht weit vom Fahrwege war, der aber nach der Stadt Schweinitz gieng, welche wir auf dem Berge deutlich hatten liegen ſehen. Wir traffen einen Bauer auf dem Felde an, den fragten wir, auf welcher Seite des Berges wir am geſchwindeſten wieder in die Stadt Zo- ten kommen koͤnten. Der Bauer laͤchelte und ſprach: Heunte werdet ihr wol nicht nach Zoten kommen. Wir erſchracken nicht we- nig, da wir merckten, daß es des Bauern ſein gantzer Ernſt war; denn wir einfaͤltige Tropf- fen hatten nicht an den großen Umfang, den ein großer Berg unten hat, gedacht; gleich als obs nur ſo waͤre, als wie, wenn man im Schieß-Werder auf den Schieß-Berg hinauf, und die andere Seite wieder herunter, und leicht hernach um den Berg herum gehen kan. Wir armen Thiere muſten beynahe 4. Stun- den haben, ehe wir wiederum in das Staͤdtlein kommen konten. Wir waren ſo entkraͤfftet, daß wir haͤtten moͤgen auf dem Maule liegen bleiben, und reſolvirten ſchon, auf dem Felde unter freyem Himmel zu ſchlafen, weil es nicht kalt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/184
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/184>, abgerufen am 18.05.2024.