demselben Sommer. Es würde solche Pre- digt mir noch besser vom Munde gegangen seyn, als die erste, wenn mich nicht die Edelleute in der Capelle mit ihrem plaudern auf eine gute Zeit aus dem Concept gebracht hätten; wiewol ich hernach vernahm, daß meine Fertigkeit, und Natur-Gaben, und ihre Approbation, so sie darüber gehabt, dasjenige gewesen, was sie zum discuriren unter der Predigt veranlasset. Es gieng mir also bey dieser Predigt, wie mir die Nacht zuvor geträumet. Mich deuchte im Traume, als ob ich nach Schönau führe, und als ob der Kutscher in einem Loche mit dem Wa- gen stecken bliebe, so daß wir alle Noth und Mühe hatten heraus zu kommen. Das, was mir auf der Cantzel begegnete, sahe einem solchem Zufalle gantz ähnlich. Nach der Zeit habe ich alle Jahre, oder alle halbe Jahre nur einmahl, oder doch in den ersten 4. Jahren iedesmahl mit der Bedingung geprediget, daß mir die Predigt 3. Wochen, oder 14. Tage, oder auf das kürtzeste 8. Tage zuvor muste aufgetragen werden, damit ich das Thema recht ausarbeiten, Bücher dar- über lesen, concipiren, und fertig auswendig ler- nen könte, und nicht genöthiget würde, die im studiren gemachte Ordnung und circulos studio- rum meorum zu turbiren, und Collegia auszu- setzen; worinnen es viel Studiosi versehen, die
nicht
im Predigen macht:
demſelben Sommer. Es wuͤrde ſolche Pre- digt mir noch beſſer vom Munde gegangen ſeyn, als die erſte, wenn mich nicht die Edelleute in der Capelle mit ihrem plaudern auf eine gute Zeit aus dem Concept gebracht haͤtten; wiewol ich hernach vernahm, daß meine Fertigkeit, und Natur-Gaben, und ihre Approbation, ſo ſie daruͤber gehabt, dasjenige geweſen, was ſie zum diſcuriren unter der Predigt veranlaſſet. Es gieng mir alſo bey dieſer Predigt, wie mir die Nacht zuvor getraͤumet. Mich deuchte im Traume, als ob ich nach Schoͤnau fuͤhre, und als ob der Kutſcher in einem Loche mit dem Wa- gen ſtecken bliebe, ſo daß wir alle Noth und Muͤhe hatten heraus zu kommen. Das, was mir auf der Cantzel begegnete, ſahe einem ſolchem Zufalle gantz aͤhnlich. Nach der Zeit habe ich alle Jahre, oder alle halbe Jahre nur einmahl, oder doch in den erſten 4. Jahren iedesmahl mit der Bedingung geprediget, daß mir die Predigt 3. Wochen, oder 14. Tage, oder auf das kuͤrtzeſte 8. Tage zuvor muſte aufgetragen werden, damit ich das Thema recht ausarbeiten, Buͤcher dar- uͤber leſen, concipiren, und fertig auswendig ler- nen koͤnte, und nicht genoͤthiget wuͤrde, die im ſtudiren gemachte Ordnung und circulos ſtudio- rum meorum zu turbiren, und Collegia auszu- ſetzen; worinnen es viel Studioſi verſehen, die
nicht
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0202"n="156"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">im Predigen macht:</hi></fw><lb/>
demſelben Sommer. Es wuͤrde ſolche Pre-<lb/>
digt mir noch beſſer vom Munde gegangen ſeyn,<lb/>
als die erſte, wenn mich nicht die Edelleute in<lb/>
der Capelle mit ihrem plaudern auf eine gute Zeit<lb/>
aus dem <hirendition="#aq">Concept</hi> gebracht haͤtten; wiewol ich<lb/>
hernach vernahm, daß meine Fertigkeit, und<lb/>
Natur-Gaben, und ihre <hirendition="#aq">Approbation,</hi>ſo ſie<lb/>
daruͤber gehabt, dasjenige geweſen, was ſie zum<lb/><hirendition="#aq">diſcuri</hi>ren unter der Predigt veranlaſſet. Es<lb/>
gieng mir alſo bey dieſer Predigt, wie mir die<lb/>
Nacht zuvor getraͤumet. Mich deuchte im<lb/>
Traume, als ob ich nach Schoͤnau fuͤhre, und<lb/>
als ob der Kutſcher in einem Loche mit dem Wa-<lb/>
gen ſtecken bliebe, ſo daß wir alle Noth und<lb/>
Muͤhe hatten heraus zu kommen. Das, was<lb/>
mir auf der Cantzel begegnete, ſahe einem ſolchem<lb/>
Zufalle gantz aͤhnlich. Nach der Zeit habe<lb/>
ich alle Jahre, oder alle halbe Jahre nur einmahl,<lb/>
oder doch in den erſten 4. Jahren iedesmahl mit<lb/>
der Bedingung geprediget, daß mir die Predigt<lb/>
3. Wochen, oder 14. Tage, oder auf das kuͤrtzeſte<lb/>
8. Tage zuvor muſte aufgetragen werden, damit<lb/>
ich das <hirendition="#aq">Thema</hi> recht ausarbeiten, Buͤcher dar-<lb/>
uͤber leſen, <hirendition="#aq">concipi</hi>ren, und fertig auswendig ler-<lb/>
nen koͤnte, und nicht genoͤthiget wuͤrde, die im<lb/><hirendition="#aq">ſtudi</hi>ren gemachte Ordnung und <hirendition="#aq">circulos ſtudio-<lb/>
rum meorum</hi> zu <hirendition="#aq">turbi</hi>ren, und <hirendition="#aq">Collegia</hi> auszu-<lb/>ſetzen; worinnen es viel <hirendition="#aq">Studioſi</hi> verſehen, die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nicht</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[156/0202]
im Predigen macht:
demſelben Sommer. Es wuͤrde ſolche Pre-
digt mir noch beſſer vom Munde gegangen ſeyn,
als die erſte, wenn mich nicht die Edelleute in
der Capelle mit ihrem plaudern auf eine gute Zeit
aus dem Concept gebracht haͤtten; wiewol ich
hernach vernahm, daß meine Fertigkeit, und
Natur-Gaben, und ihre Approbation, ſo ſie
daruͤber gehabt, dasjenige geweſen, was ſie zum
diſcuriren unter der Predigt veranlaſſet. Es
gieng mir alſo bey dieſer Predigt, wie mir die
Nacht zuvor getraͤumet. Mich deuchte im
Traume, als ob ich nach Schoͤnau fuͤhre, und
als ob der Kutſcher in einem Loche mit dem Wa-
gen ſtecken bliebe, ſo daß wir alle Noth und
Muͤhe hatten heraus zu kommen. Das, was
mir auf der Cantzel begegnete, ſahe einem ſolchem
Zufalle gantz aͤhnlich. Nach der Zeit habe
ich alle Jahre, oder alle halbe Jahre nur einmahl,
oder doch in den erſten 4. Jahren iedesmahl mit
der Bedingung geprediget, daß mir die Predigt
3. Wochen, oder 14. Tage, oder auf das kuͤrtzeſte
8. Tage zuvor muſte aufgetragen werden, damit
ich das Thema recht ausarbeiten, Buͤcher dar-
uͤber leſen, concipiren, und fertig auswendig ler-
nen koͤnte, und nicht genoͤthiget wuͤrde, die im
ſtudiren gemachte Ordnung und circulos ſtudio-
rum meorum zu turbiren, und Collegia auszu-
ſetzen; worinnen es viel Studioſi verſehen, die
nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/202>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.