Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
nen haben, dürffen auch nicht alle-
mahl offenbare Laster und wahrhaff-
tige Sünden bey iemanden antreffen:
was auch nur einen Schein einer herr-
schenden und unordentlichen Neigung
hat, ist schon fähig ihre Hertzen und
Angesicht gegen uns zu verändern.
Der Eigen-Ruhm ist etwas, das die
Menschen insgemein weder an ihrem
Feinde, noch Freunde vertragen kön-
nen. Er ist nicht allemahl sündlich.
So lange ein Mensch sich nicht zum
Haupt-Urheber macht der guten Tha-
ten, so er gethan, noch zum absoluten
Herrn der Güther, so er besitzt, und
sich nicht selbst zuschreibet, was GOtte
beyzulegen, so kan er ohne Sünde das
Gute erzehlen, was GOtt in ihm ge-
würcket, und die Güther zeigen, so er
ihm gegeben. So gar jener Phari-

säer

Vorrede.
nen haben, duͤrffen auch nicht alle-
mahl offenbare Laſter und wahrhaff-
tige Suͤnden bey iemanden antreffen:
was auch nur einen Schein einer herr-
ſchenden und unordentlichen Neigung
hat, iſt ſchon faͤhig ihre Hertzen und
Angeſicht gegen uns zu veraͤndern.
Der Eigen-Ruhm iſt etwas, das die
Menſchen insgemein weder an ihrem
Feinde, noch Freunde vertragen koͤn-
nen. Er iſt nicht allemahl ſuͤndlich.
So lange ein Menſch ſich nicht zum
Haupt-Urheber macht der guten Tha-
ten, ſo er gethan, noch zum abſoluten
Herrn der Guͤther, ſo er beſitzt, und
ſich nicht ſelbſt zuſchreibet, was GOtte
beyzulegen, ſo kan er ohne Suͤnde das
Gute erzehlen, was GOtt in ihm ge-
wuͤrcket, und die Guͤther zeigen, ſo er
ihm gegeben. So gar jener Phari-

ſaͤer
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
nen haben, du&#x0364;rffen auch nicht alle-<lb/>
mahl offenbare La&#x017F;ter und wahrhaff-<lb/>
tige Su&#x0364;nden bey iemanden antreffen:<lb/>
was auch nur einen Schein einer herr-<lb/>
&#x017F;chenden und unordentlichen Neigung<lb/>
hat, i&#x017F;t &#x017F;chon fa&#x0364;hig ihre Hertzen und<lb/>
Ange&#x017F;icht gegen uns zu vera&#x0364;ndern.<lb/>
Der Eigen-Ruhm i&#x017F;t etwas, das die<lb/>
Men&#x017F;chen insgemein weder an ihrem<lb/>
Feinde, noch Freunde vertragen ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Er i&#x017F;t nicht allemahl &#x017F;u&#x0364;ndlich.<lb/>
So lange ein Men&#x017F;ch &#x017F;ich nicht zum<lb/>
Haupt-Urheber macht der guten Tha-<lb/>
ten, &#x017F;o er gethan, noch zum <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olut</hi>en<lb/>
Herrn der Gu&#x0364;ther, &#x017F;o er be&#x017F;itzt, und<lb/>
&#x017F;ich nicht &#x017F;elb&#x017F;t zu&#x017F;chreibet, was GOtte<lb/>
beyzulegen, &#x017F;o kan er ohne Su&#x0364;nde das<lb/>
Gute erzehlen, was GOtt in ihm ge-<lb/>
wu&#x0364;rcket, und die Gu&#x0364;ther zeigen, &#x017F;o er<lb/>
ihm gegeben. So gar jener Phari-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;a&#x0364;er</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0022] Vorrede. nen haben, duͤrffen auch nicht alle- mahl offenbare Laſter und wahrhaff- tige Suͤnden bey iemanden antreffen: was auch nur einen Schein einer herr- ſchenden und unordentlichen Neigung hat, iſt ſchon faͤhig ihre Hertzen und Angeſicht gegen uns zu veraͤndern. Der Eigen-Ruhm iſt etwas, das die Menſchen insgemein weder an ihrem Feinde, noch Freunde vertragen koͤn- nen. Er iſt nicht allemahl ſuͤndlich. So lange ein Menſch ſich nicht zum Haupt-Urheber macht der guten Tha- ten, ſo er gethan, noch zum abſoluten Herrn der Guͤther, ſo er beſitzt, und ſich nicht ſelbſt zuſchreibet, was GOtte beyzulegen, ſo kan er ohne Suͤnde das Gute erzehlen, was GOtt in ihm ge- wuͤrcket, und die Guͤther zeigen, ſo er ihm gegeben. So gar jener Phari- ſaͤer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/22
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/22>, abgerufen am 04.05.2024.