Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

so macht er sich großen Kummer:
melden werde. Denn ich fand ihn nach zweyen
Jahren noch lebend zu einer Zeit, da ich nicht
ruhen konte, bis ich wuste, ob er noch leben-
dig, oder todt, und da mein Zustand noch be-
kümmerter, als der damahlige, und der gegen-
wärtige war.

Anno 1703.
§. 50.

Diese Sache hinderte mich in diesem 1702.
Jahre gar sehr, daß ich nicht recht fleißig und
attent in meinem Cursu Philosophico seyn
konte, den ich ietzt erst, da ich schon ein Jahr
Magister gewesen war, bey dem Herrn Oleario
hörte, obwol meine Aufmercksamkeit noch zu-
länglich war. Denn weil ich schon die Ari-
stoteli
sche Philosophie gelernet, auch über sol-
che bey Lic. Friderici, und D. Schmidt disputi-
ret hatte, so war ich ietzt desto geschickter, die
Philosophiam recentiorem mit Nutzen zu hö-
ren, und leichter zu fassen, als wenn ich solche
nach Gewohnheit der Studiosorum gleich das
erste Jahr gehöret hätte. Bey allen den
Verdrüßlichkeiten, so mein Gemüthe beunruhi-
get, so hatte ich mich in derselben dermaßen feste
gesetzet, daß ich auch fähig war, dieselbe wie-
derum andere zu lehren. Jch that solches das
folgende 1703te Jahr, und machte darinnen mit

den-
N 5

ſo macht er ſich großen Kummer:
melden werde. Denn ich fand ihn nach zweyen
Jahren noch lebend zu einer Zeit, da ich nicht
ruhen konte, bis ich wuſte, ob er noch leben-
dig, oder todt, und da mein Zuſtand noch be-
kuͤmmerter, als der damahlige, und der gegen-
waͤrtige war.

Anno 1703.
§. 50.

Dieſe Sache hinderte mich in dieſem 1702.
Jahre gar ſehr, daß ich nicht recht fleißig und
attent in meinem Curſu Philoſophico ſeyn
konte, den ich ietzt erſt, da ich ſchon ein Jahr
Magiſter geweſen war, bey dem Herrn Oleario
hoͤrte, obwol meine Aufmerckſamkeit noch zu-
laͤnglich war. Denn weil ich ſchon die Ari-
ſtoteli
ſche Philoſophie gelernet, auch uͤber ſol-
che bey Lic. Friderici, und D. Schmidt diſputi-
ret hatte, ſo war ich ietzt deſto geſchickter, die
Philoſophiam recentiorem mit Nutzen zu hoͤ-
ren, und leichter zu faſſen, als wenn ich ſolche
nach Gewohnheit der Studioſorum gleich das
erſte Jahr gehoͤret haͤtte. Bey allen den
Verdruͤßlichkeiten, ſo mein Gemuͤthe beunruhi-
get, ſo hatte ich mich in derſelben dermaßen feſte
geſetzet, daß ich auch faͤhig war, dieſelbe wie-
derum andere zu lehren. Jch that ſolches das
folgende 1703te Jahr, und machte darinnen mit

den-
N 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0247" n="201"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">&#x017F;o macht er &#x017F;ich großen Kummer:</hi></fw><lb/>
melden werde. Denn ich fand ihn nach zweyen<lb/>
Jahren noch lebend zu einer Zeit, da ich nicht<lb/>
ruhen konte, bis ich wu&#x017F;te, ob er noch leben-<lb/>
dig, oder todt, und da mein Zu&#x017F;tand noch be-<lb/>
ku&#x0364;mmerter, als der damahlige, und der gegen-<lb/>
wa&#x0364;rtige war.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Anno</hi></hi> 1703.<lb/>
§. 50.</head><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Sache hinderte mich in die&#x017F;em 1702.<lb/>
Jahre gar &#x017F;ehr, daß ich nicht recht fleißig und<lb/><hi rendition="#aq">attent</hi> in meinem <hi rendition="#aq">Cur&#x017F;u Philo&#x017F;ophico</hi> &#x017F;eyn<lb/>
konte, den ich ietzt er&#x017F;t, da ich &#x017F;chon ein Jahr<lb/><hi rendition="#aq">Magi&#x017F;ter</hi> gewe&#x017F;en war, bey dem Herrn <hi rendition="#aq">Oleario</hi><lb/>
ho&#x0364;rte, obwol meine Aufmerck&#x017F;amkeit noch zu-<lb/>
la&#x0364;nglich war. Denn weil ich &#x017F;chon die <hi rendition="#aq">Ari-<lb/>
&#x017F;toteli</hi>&#x017F;che <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophie</hi> gelernet, auch u&#x0364;ber &#x017F;ol-<lb/>
che bey <hi rendition="#aq">Lic. Friderici,</hi> und <hi rendition="#aq">D. Schmidt di&#x017F;puti-</hi><lb/>
ret hatte, &#x017F;o war ich ietzt de&#x017F;to ge&#x017F;chickter, die<lb/><hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophiam recentiorem</hi> mit Nutzen zu ho&#x0364;-<lb/>
ren, und leichter zu fa&#x017F;&#x017F;en, als wenn ich &#x017F;olche<lb/>
nach Gewohnheit der <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;orum</hi> gleich das<lb/>
er&#x017F;te Jahr geho&#x0364;ret ha&#x0364;tte. Bey allen den<lb/>
Verdru&#x0364;ßlichkeiten, &#x017F;o mein Gemu&#x0364;the beunruhi-<lb/>
get, &#x017F;o hatte ich mich in der&#x017F;elben dermaßen fe&#x017F;te<lb/>
ge&#x017F;etzet, daß ich auch fa&#x0364;hig war, die&#x017F;elbe wie-<lb/>
derum andere zu lehren. Jch that &#x017F;olches das<lb/>
folgende 1703te Jahr, und machte darinnen mit<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 5</fw><fw place="bottom" type="catch">den-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0247] ſo macht er ſich großen Kummer: melden werde. Denn ich fand ihn nach zweyen Jahren noch lebend zu einer Zeit, da ich nicht ruhen konte, bis ich wuſte, ob er noch leben- dig, oder todt, und da mein Zuſtand noch be- kuͤmmerter, als der damahlige, und der gegen- waͤrtige war. Anno 1703. §. 50. Dieſe Sache hinderte mich in dieſem 1702. Jahre gar ſehr, daß ich nicht recht fleißig und attent in meinem Curſu Philoſophico ſeyn konte, den ich ietzt erſt, da ich ſchon ein Jahr Magiſter geweſen war, bey dem Herrn Oleario hoͤrte, obwol meine Aufmerckſamkeit noch zu- laͤnglich war. Denn weil ich ſchon die Ari- ſtoteliſche Philoſophie gelernet, auch uͤber ſol- che bey Lic. Friderici, und D. Schmidt diſputi- ret hatte, ſo war ich ietzt deſto geſchickter, die Philoſophiam recentiorem mit Nutzen zu hoͤ- ren, und leichter zu faſſen, als wenn ich ſolche nach Gewohnheit der Studioſorum gleich das erſte Jahr gehoͤret haͤtte. Bey allen den Verdruͤßlichkeiten, ſo mein Gemuͤthe beunruhi- get, ſo hatte ich mich in derſelben dermaßen feſte geſetzet, daß ich auch faͤhig war, dieſelbe wie- derum andere zu lehren. Jch that ſolches das folgende 1703te Jahr, und machte darinnen mit den- N 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/247
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/247>, abgerufen am 18.12.2024.