wenn ihm der Prediger eine Stunde lang vor prediget, und den ohnedem schon matten Kopff noch müder macht, so daß ein gutes, und mode- rates Gespräche alsdenn leicht mehr ausrichten dürffte. Aus Begierde die Grillen zu ver- treiben, wenn ich meine damahls so ängstliche Gedancken also nennen darff, gieng ich zur Rector- Wahl. D. Bohn, der Professor Medicinae, war ein scharffer, und beredter Mann, und von großer Autorität. Alß er dem vorigen Re- ctori zu Niederlegung seines Rectorats gratulirte, und seinen Consens, ut Secessus Nationum fieret, gab, hielt er eine bewegliche Rede, und ermahnte die Nationen, daß sie ein taugliches Subjectum, und kein Kind zum Rectore erweh- len wolten, applicirte noch dazu die Worte der Schrifft: Wehe dem Lande, dessen Fürst ein Kind ist. Jch wuste nicht, was das zu sa- gen hätte, worüber auch viel andere erstauneten, wurde es aber gar bald durch die drauf erfolgte Wahl gelehret. Jch kam in die erste Wahl; und so sehr ich mich sperrete wegen meines kränck- lichen Zustandes, den ich vorschützte, so muste ich doch drein willigen. Nach meinem Er- achten hatte der Professor Medicinae nicht Ur- sache durch seine scharffe Rede derjenigen Wahl, die er leicht vorher sahe, sich zu widersetzen; denn sie fiel auf den höchst berühmten Doctorem
Theo-
und wohnt der Rector Wahl bey,
wenn ihm der Prediger eine Stunde lang vor prediget, und den ohnedem ſchon matten Kopff noch muͤder macht, ſo daß ein gutes, und mode- rates Geſpraͤche alsdenn leicht mehr ausrichten duͤrffte. Aus Begierde die Grillen zu ver- treiben, wenn ich meine damahls ſo aͤngſtliche Gedancken alſo nennen darff, gieng ich zur Rector- Wahl. D. Bohn, der Profeſſor Medicinæ, war ein ſcharffer, und beredter Mann, und von großer Autoritaͤt. Alß er dem vorigen Re- ctori zu Niederlegung ſeines Rectorats gratulirte, und ſeinen Conſens, ut Seceſſus Nationum fieret, gab, hielt er eine bewegliche Rede, und ermahnte die Nationen, daß ſie ein taugliches Subjectum, und kein Kind zum Rectore erweh- len wolten, applicirte noch dazu die Worte der Schrifft: Wehe dem Lande, deſſen Fuͤrſt ein Kind iſt. Jch wuſte nicht, was das zu ſa- gen haͤtte, woruͤber auch viel andere erſtauneten, wurde es aber gar bald durch die drauf erfolgte Wahl gelehret. Jch kam in die erſte Wahl; und ſo ſehr ich mich ſperrete wegen meines kraͤnck- lichen Zuſtandes, den ich vorſchuͤtzte, ſo muſte ich doch drein willigen. Nach meinem Er- achten hatte der Profeſſor Medicinæ nicht Ur- ſache durch ſeine ſcharffe Rede derjenigen Wahl, die er leicht vorher ſahe, ſich zu widerſetzen; denn ſie fiel auf den hoͤchſt beruͤhmten Doctorem
Theo-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0278"n="232"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">und wohnt der <hirendition="#aq">Rector</hi> Wahl bey,</hi></fw><lb/>
wenn ihm der Prediger eine Stunde lang vor<lb/>
prediget, und den ohnedem ſchon matten Kopff<lb/>
noch muͤder macht, ſo daß ein gutes, und <hirendition="#aq">mode-<lb/>
rat</hi>es Geſpraͤche alsdenn leicht mehr ausrichten<lb/>
duͤrffte. Aus Begierde die Grillen zu ver-<lb/>
treiben, wenn ich meine damahls ſo aͤngſtliche<lb/>
Gedancken alſo nennen darff, gieng ich zur <hirendition="#aq">Rector-</hi><lb/>
Wahl. <hirendition="#aq">D.</hi> Bohn, der <hirendition="#aq">Profeſſor Medicinæ,</hi><lb/>
war ein ſcharffer, und beredter Mann, und von<lb/>
großer <hirendition="#aq">Autorit</hi>aͤt. Alß er dem vorigen <hirendition="#aq">Re-<lb/>
ctori</hi> zu Niederlegung ſeines <hirendition="#aq">Rectorats gratuli</hi>rte,<lb/>
und ſeinen <hirendition="#aq">Conſens, ut Seceſſus Nationum<lb/>
fieret,</hi> gab, hielt er eine bewegliche Rede, und<lb/>
ermahnte die <hirendition="#aq">Nation</hi>en, daß ſie ein taugliches<lb/><hirendition="#aq">Subjectum,</hi> und kein Kind zum <hirendition="#aq">Rectore</hi> erweh-<lb/>
len wolten, <hirendition="#aq">applici</hi>rte noch dazu die Worte der<lb/>
Schrifft: <hirendition="#fr">Wehe dem Lande, deſſen Fuͤrſt<lb/>
ein Kind iſt.</hi> Jch wuſte nicht, was das zu ſa-<lb/>
gen haͤtte, woruͤber auch viel andere erſtauneten,<lb/>
wurde es aber gar bald durch die drauf erfolgte<lb/>
Wahl gelehret. Jch kam in die erſte Wahl;<lb/>
und ſo ſehr ich mich ſperrete wegen meines kraͤnck-<lb/>
lichen Zuſtandes, den ich vorſchuͤtzte, ſo muſte<lb/>
ich doch drein willigen. Nach meinem Er-<lb/>
achten hatte der <hirendition="#aq">Profeſſor Medicinæ</hi> nicht Ur-<lb/>ſache durch ſeine ſcharffe Rede derjenigen Wahl,<lb/>
die er leicht vorher ſahe, ſich zu widerſetzen; denn<lb/>ſie fiel auf den hoͤchſt beruͤhmten <hirendition="#aq">Doctorem</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">Theo-</hi></fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[232/0278]
und wohnt der Rector Wahl bey,
wenn ihm der Prediger eine Stunde lang vor
prediget, und den ohnedem ſchon matten Kopff
noch muͤder macht, ſo daß ein gutes, und mode-
rates Geſpraͤche alsdenn leicht mehr ausrichten
duͤrffte. Aus Begierde die Grillen zu ver-
treiben, wenn ich meine damahls ſo aͤngſtliche
Gedancken alſo nennen darff, gieng ich zur Rector-
Wahl. D. Bohn, der Profeſſor Medicinæ,
war ein ſcharffer, und beredter Mann, und von
großer Autoritaͤt. Alß er dem vorigen Re-
ctori zu Niederlegung ſeines Rectorats gratulirte,
und ſeinen Conſens, ut Seceſſus Nationum
fieret, gab, hielt er eine bewegliche Rede, und
ermahnte die Nationen, daß ſie ein taugliches
Subjectum, und kein Kind zum Rectore erweh-
len wolten, applicirte noch dazu die Worte der
Schrifft: Wehe dem Lande, deſſen Fuͤrſt
ein Kind iſt. Jch wuſte nicht, was das zu ſa-
gen haͤtte, woruͤber auch viel andere erſtauneten,
wurde es aber gar bald durch die drauf erfolgte
Wahl gelehret. Jch kam in die erſte Wahl;
und ſo ſehr ich mich ſperrete wegen meines kraͤnck-
lichen Zuſtandes, den ich vorſchuͤtzte, ſo muſte
ich doch drein willigen. Nach meinem Er-
achten hatte der Profeſſor Medicinæ nicht Ur-
ſache durch ſeine ſcharffe Rede derjenigen Wahl,
die er leicht vorher ſahe, ſich zu widerſetzen; denn
ſie fiel auf den hoͤchſt beruͤhmten Doctorem
Theo-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/278>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.