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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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und welches zu zeigen ihn
sche Dinge meinen Kopff geschwächet, und den
Grund zu meinen seltsamen Plagen geleget hätte,
die ich in meinem Leben erfahren müssen; wie
denn unterschiedene, wenn ich denselben etwas
von meinen Zufällen, denen ich in der Welt un-
terworffen gewesen, oder noch unterworffen bin,
entdecket, alle meine Ubel meinem unmäßigen
Studiren, das insonderheit auf philosophische,
abstracte, und moralische Dinge gerichtet gewe-
sen, zuschreiben wollen. Jch kan dich versi-
chern, daß, was auch etwan in meinen Bü-
chelgen, so ich heraus gegeben, speculativisches
und tieffsinniges zu finden seyn möchte, ich mich
niemahls etwas zu schreiben unterfangen, wo-
bey ich den Kopff sonderlich angreiffen müssen,
sondern lauter solche Dinge geschrieben, die
recht nach der Schwachheit meines Leibes und
Hauptes eingerichtet gewesen, und die ich in
numerato
gehabt, und so zu reden in Fingern
herzehlen können, und ohne groß Meditiren in
die Feder dictiren können, wie mir meine
Schreiber davon selbst werden Zeugniß geben.
Ein Erkänntniß von Dingen, die man selbst
erfahren, und auf welche man in der Jugend
sich appliciret und geleget, da die Natur noch
starck, und zu solchen Studiis vor andern ge-
schickt gewesen, kost einem Scribenten niemahls
große Mühe auf das Papier zu entwerffen, und

andern
A a 3

und welches zu zeigen ihn
ſche Dinge meinen Kopff geſchwaͤchet, und den
Grund zu meinen ſeltſamen Plagen geleget haͤtte,
die ich in meinem Leben erfahren muͤſſen; wie
denn unterſchiedene, wenn ich denſelben etwas
von meinen Zufaͤllen, denen ich in der Welt un-
terworffen geweſen, oder noch unterworffen bin,
entdecket, alle meine Ubel meinem unmaͤßigen
Studiren, das inſonderheit auf philoſophiſche,
abſtracte, und moraliſche Dinge gerichtet gewe-
ſen, zuſchreiben wollen. Jch kan dich verſi-
chern, daß, was auch etwan in meinen Buͤ-
chelgen, ſo ich heraus gegeben, ſpeculativiſches
und tieffſinniges zu finden ſeyn moͤchte, ich mich
niemahls etwas zu ſchreiben unterfangen, wo-
bey ich den Kopff ſonderlich angreiffen muͤſſen,
ſondern lauter ſolche Dinge geſchrieben, die
recht nach der Schwachheit meines Leibes und
Hauptes eingerichtet geweſen, und die ich in
numerato
gehabt, und ſo zu reden in Fingern
herzehlen koͤnnen, und ohne groß Meditiren in
die Feder dictiren koͤnnen, wie mir meine
Schreiber davon ſelbſt werden Zeugniß geben.
Ein Erkaͤnntniß von Dingen, die man ſelbſt
erfahren, und auf welche man in der Jugend
ſich appliciret und geleget, da die Natur noch
ſtarck, und zu ſolchen Studiis vor andern ge-
ſchickt geweſen, koſt einem Scribenten niemahls
große Muͤhe auf das Papier zu entwerffen, und

andern
A a 3
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[373/0419] und welches zu zeigen ihn ſche Dinge meinen Kopff geſchwaͤchet, und den Grund zu meinen ſeltſamen Plagen geleget haͤtte, die ich in meinem Leben erfahren muͤſſen; wie denn unterſchiedene, wenn ich denſelben etwas von meinen Zufaͤllen, denen ich in der Welt un- terworffen geweſen, oder noch unterworffen bin, entdecket, alle meine Ubel meinem unmaͤßigen Studiren, das inſonderheit auf philoſophiſche, abſtracte, und moraliſche Dinge gerichtet gewe- ſen, zuſchreiben wollen. Jch kan dich verſi- chern, daß, was auch etwan in meinen Buͤ- chelgen, ſo ich heraus gegeben, ſpeculativiſches und tieffſinniges zu finden ſeyn moͤchte, ich mich niemahls etwas zu ſchreiben unterfangen, wo- bey ich den Kopff ſonderlich angreiffen muͤſſen, ſondern lauter ſolche Dinge geſchrieben, die recht nach der Schwachheit meines Leibes und Hauptes eingerichtet geweſen, und die ich in numerato gehabt, und ſo zu reden in Fingern herzehlen koͤnnen, und ohne groß Meditiren in die Feder dictiren koͤnnen, wie mir meine Schreiber davon ſelbſt werden Zeugniß geben. Ein Erkaͤnntniß von Dingen, die man ſelbſt erfahren, und auf welche man in der Jugend ſich appliciret und geleget, da die Natur noch ſtarck, und zu ſolchen Studiis vor andern ge- ſchickt geweſen, koſt einem Scribenten niemahls große Muͤhe auf das Papier zu entwerffen, und andern A a 3

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/419>, abgerufen am 02.06.2024.