pfindung zu, daß ich nicht wuste, wie mir ge- schahe, noch was ich gedencken solte. Jch überlegte, was ich etwan gegessen hätte: ich forschte bey meinem Bruder nach, wer mir den Tabac geholet, und bey wem er wäre geholet worden; ich konte aber nichts entdecken, was ich als eine Ursache solcher delicieusen Empfin- dung hätte ansehen mögen. Mein Lebetage hat mein Maul keine solche Freude und Wol- lust gehabt, als dieses mahl, was ich auch ge- gessen und getruncken. Jch habe in der Ju- gend ein und das andere mahl Tabac ore vinoso geraucht, welches auch annehmlich schmecket; doch diß ist so was schlechtes, daß ich mich är- gere, daß ich eine Vergleichung damit anstellen will. Jch legte die Pfeiffe weg, ich nahm sie wieder, der scharffe durchdringende Ge- schmack blieb einmahl wie das andere. Jch bin versichert, wenn dergleichen alle Tabacs- Brüder bey ihrem Tabac-rauchen empfänden, was ich damahls empfand, sie söffen sich daran zu schanden, oder stächen und hieben sich dar- über zu Tode, wie über der viehischen und veneri- schen Wollust. Bey der folgenden Pseiffe aber, die ich ansteckte, hatte die Herrlichkeit ein Ende: dieselbe schmeckte wie Numer 7. davon die Elle einen Dreyer kommt, und dergleichen ich noch zu rauchen pflege.
Jch
nach einer merckwuͤrdigen
pfindung zu, daß ich nicht wuſte, wie mir ge- ſchahe, noch was ich gedencken ſolte. Jch uͤberlegte, was ich etwan gegeſſen haͤtte: ich forſchte bey meinem Bruder nach, wer mir den Tabac geholet, und bey wem er waͤre geholet worden; ich konte aber nichts entdecken, was ich als eine Urſache ſolcher delicieuſen Empfin- dung haͤtte anſehen moͤgen. Mein Lebetage hat mein Maul keine ſolche Freude und Wol- luſt gehabt, als dieſes mahl, was ich auch ge- geſſen und getruncken. Jch habe in der Ju- gend ein und das andere mahl Tabac ore vinoſo geraucht, welches auch annehmlich ſchmecket; doch diß iſt ſo was ſchlechtes, daß ich mich aͤr- gere, daß ich eine Vergleichung damit anſtellen will. Jch legte die Pfeiffe weg, ich nahm ſie wieder, der ſcharffe durchdringende Ge- ſchmack blieb einmahl wie das andere. Jch bin verſichert, wenn dergleichen alle Tabacs- Bruͤder bey ihrem Tabac-rauchen empfaͤnden, was ich damahls empfand, ſie ſoͤffen ſich daran zu ſchanden, oder ſtaͤchen und hieben ſich dar- uͤber zu Tode, wie uͤber der viehiſchen und veneri- ſchen Wolluſt. Bey der folgenden Pſeiffe aber, die ich anſteckte, hatte die Herrlichkeit ein Ende: dieſelbe ſchmeckte wie Numer 7. davon die Elle einen Dreyer kommt, und dergleichen ich noch zu rauchen pflege.
Jch
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0474"n="428"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">nach einer merckwuͤrdigen</hi></fw><lb/>
pfindung zu, daß ich nicht wuſte, wie mir ge-<lb/>ſchahe, noch was ich gedencken ſolte. Jch<lb/>
uͤberlegte, was ich etwan gegeſſen haͤtte: ich<lb/>
forſchte bey meinem Bruder nach, wer mir den<lb/>
Tabac geholet, und bey wem er waͤre geholet<lb/>
worden; ich konte aber nichts entdecken, was<lb/>
ich als eine Urſache ſolcher <hirendition="#aq">delicieuſ</hi>en Empfin-<lb/>
dung haͤtte anſehen moͤgen. Mein Lebetage<lb/>
hat mein Maul keine ſolche Freude und Wol-<lb/>
luſt gehabt, als dieſes mahl, was ich auch ge-<lb/>
geſſen und getruncken. Jch habe in der Ju-<lb/>
gend ein und das andere mahl Tabac <hirendition="#aq">ore vinoſo</hi><lb/>
geraucht, welches auch annehmlich ſchmecket;<lb/>
doch diß iſt ſo was ſchlechtes, daß ich mich aͤr-<lb/>
gere, daß ich eine Vergleichung damit anſtellen<lb/>
will. Jch legte die Pfeiffe weg, ich nahm<lb/>ſie wieder, der ſcharffe durchdringende Ge-<lb/>ſchmack blieb einmahl wie das andere. Jch<lb/>
bin verſichert, wenn dergleichen alle Tabacs-<lb/>
Bruͤder bey ihrem Tabac-rauchen empfaͤnden,<lb/>
was ich damahls empfand, ſie ſoͤffen ſich daran<lb/>
zu ſchanden, oder ſtaͤchen und hieben ſich dar-<lb/>
uͤber zu Tode, wie uͤber der viehiſchen und <hirendition="#aq">veneri-</hi><lb/>ſchen Wolluſt. Bey der folgenden Pſeiffe<lb/>
aber, die ich anſteckte, hatte die Herrlichkeit ein<lb/>
Ende: dieſelbe ſchmeckte wie <hirendition="#aq">Numer</hi> 7. davon<lb/>
die Elle einen Dreyer kommt, und dergleichen<lb/>
ich noch zu rauchen pflege.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Jch</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[428/0474]
nach einer merckwuͤrdigen
pfindung zu, daß ich nicht wuſte, wie mir ge-
ſchahe, noch was ich gedencken ſolte. Jch
uͤberlegte, was ich etwan gegeſſen haͤtte: ich
forſchte bey meinem Bruder nach, wer mir den
Tabac geholet, und bey wem er waͤre geholet
worden; ich konte aber nichts entdecken, was
ich als eine Urſache ſolcher delicieuſen Empfin-
dung haͤtte anſehen moͤgen. Mein Lebetage
hat mein Maul keine ſolche Freude und Wol-
luſt gehabt, als dieſes mahl, was ich auch ge-
geſſen und getruncken. Jch habe in der Ju-
gend ein und das andere mahl Tabac ore vinoſo
geraucht, welches auch annehmlich ſchmecket;
doch diß iſt ſo was ſchlechtes, daß ich mich aͤr-
gere, daß ich eine Vergleichung damit anſtellen
will. Jch legte die Pfeiffe weg, ich nahm
ſie wieder, der ſcharffe durchdringende Ge-
ſchmack blieb einmahl wie das andere. Jch
bin verſichert, wenn dergleichen alle Tabacs-
Bruͤder bey ihrem Tabac-rauchen empfaͤnden,
was ich damahls empfand, ſie ſoͤffen ſich daran
zu ſchanden, oder ſtaͤchen und hieben ſich dar-
uͤber zu Tode, wie uͤber der viehiſchen und veneri-
ſchen Wolluſt. Bey der folgenden Pſeiffe
aber, die ich anſteckte, hatte die Herrlichkeit ein
Ende: dieſelbe ſchmeckte wie Numer 7. davon
die Elle einen Dreyer kommt, und dergleichen
ich noch zu rauchen pflege.
Jch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/474>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.