Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

M. Adam Bernds
bendig gemacht: sich bald in die Hölle schwerer
Anfechtungen selbst hineingeführet, bald durch
GOttes Erbarmen wieder heraus geführet wor-
den: der bald dem Tode in Rachen, und dem
Satan in seine Klauen sich gestürtzet, bald aber
durch die mächtige Hand GOttes davon wieder
erlöset, und heraus gerissen worden: dem die
Sünde sein gantzes Leben, wie Lutherus redet, zu
Schanden gemacht: der iederzeit die Sünde, und
derselben nicht nach Wunsche los werden zu kön-
nen, vor das gröste Creutz der Christen auf Erden
gehalten: der sich über der Sünde, und bey dem
Göttlichen Trost, womit er wieder aufgerichtet
worden, die Augen schier aus dem Kopffe gewei-
net: der in dem Ofen des Elendes unter seltsa-
men Leibes- und Gemüths-Plagen, ja unter den
schrecklichsten Versuchungen, die nur iemals ei-
nem Menschen begegnet, oder in Büchern auf-
geschrieben zu finden, bey nahe Geist und Blut
ausgeschwitzet. Meine guten Freunde und Be-
kannten, welche iederzeit mit mir umgegangen, wer-
den sich darüber verwundern, und kaum solches
glauben können; indem ich gewohnet gewesen,
oder die Gnade von GOtt gehabt, meine grösten
Seelen-Leiden zu verbergen, oder nicht das Hertze
gehabt, andern zu entdecken, auch manchmal mein
Zustand, und die Umstände, in denen ich mich be-
funden, es nicht gelitten, andern meine heimliche

Anlie-

M. Adam Bernds
bendig gemacht: ſich bald in die Hoͤlle ſchwerer
Anfechtungen ſelbſt hineingefuͤhret, bald durch
GOttes Erbarmen wieder heraus gefuͤhret wor-
den: der bald dem Tode in Rachen, und dem
Satan in ſeine Klauen ſich geſtuͤrtzet, bald aber
durch die maͤchtige Hand GOttes davon wieder
erloͤſet, und heraus geriſſen worden: dem die
Suͤnde ſein gantzes Leben, wie Lutherus redet, zu
Schanden gemacht: der iederzeit die Suͤnde, und
derſelben nicht nach Wunſche los werden zu koͤn-
nen, vor das groͤſte Creutz der Chriſten auf Erden
gehalten: der ſich uͤber der Suͤnde, und bey dem
Goͤttlichen Troſt, womit er wieder aufgerichtet
worden, die Augen ſchier aus dem Kopffe gewei-
net: der in dem Ofen des Elendes unter ſeltſa-
men Leibes- und Gemuͤths-Plagen, ja unter den
ſchrecklichſten Verſuchungen, die nur iemals ei-
nem Menſchen begegnet, oder in Buͤchern auf-
geſchrieben zu finden, bey nahe Geiſt und Blut
ausgeſchwitzet. Meine guten Freunde und Be-
kannten, welche iederzeit mit mir umgegangen, wer-
den ſich daruͤber verwundern, und kaum ſolches
glauben koͤnnen; indem ich gewohnet geweſen,
oder die Gnade von GOtt gehabt, meine groͤſten
Seelen-Leiden zu verbergen, oder nicht das Hertze
gehabt, andern zu entdecken, auch manchmal mein
Zuſtand, und die Umſtaͤnde, in denen ich mich be-
funden, es nicht gelitten, andern meine heimliche

Anlie-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="2"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">M.</hi> Adam Bernds</hi></fw><lb/>
bendig gemacht: &#x017F;ich bald in die Ho&#x0364;lle &#x017F;chwerer<lb/>
Anfechtungen &#x017F;elb&#x017F;t hineingefu&#x0364;hret, bald durch<lb/>
GOttes Erbarmen wieder heraus gefu&#x0364;hret wor-<lb/>
den: der bald dem Tode in Rachen, und dem<lb/>
Satan in &#x017F;eine Klauen &#x017F;ich ge&#x017F;tu&#x0364;rtzet, bald aber<lb/>
durch die ma&#x0364;chtige Hand GOttes davon wieder<lb/>
erlo&#x0364;&#x017F;et, und heraus geri&#x017F;&#x017F;en worden: dem die<lb/>
Su&#x0364;nde &#x017F;ein gantzes Leben, wie Lutherus redet, zu<lb/>
Schanden gemacht: der iederzeit die Su&#x0364;nde, und<lb/>
der&#x017F;elben nicht nach Wun&#x017F;che los werden zu ko&#x0364;n-<lb/>
nen, vor das gro&#x0364;&#x017F;te Creutz der Chri&#x017F;ten auf Erden<lb/>
gehalten: der &#x017F;ich u&#x0364;ber der Su&#x0364;nde, und bey dem<lb/>
Go&#x0364;ttlichen Tro&#x017F;t, womit er wieder aufgerichtet<lb/>
worden, die Augen &#x017F;chier aus dem Kopffe gewei-<lb/>
net: der in dem Ofen des Elendes unter &#x017F;elt&#x017F;a-<lb/>
men Leibes- und Gemu&#x0364;ths-Plagen, ja unter den<lb/>
&#x017F;chrecklich&#x017F;ten Ver&#x017F;uchungen, die nur iemals ei-<lb/>
nem Men&#x017F;chen begegnet, oder in Bu&#x0364;chern auf-<lb/>
ge&#x017F;chrieben zu finden, bey nahe Gei&#x017F;t und Blut<lb/>
ausge&#x017F;chwitzet. Meine guten Freunde und Be-<lb/>
kannten, welche iederzeit mit mir umgegangen, wer-<lb/>
den &#x017F;ich daru&#x0364;ber verwundern, und kaum &#x017F;olches<lb/>
glauben ko&#x0364;nnen; indem ich gewohnet gewe&#x017F;en,<lb/>
oder die Gnade von GOtt gehabt, meine gro&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
Seelen-Leiden zu verbergen, oder nicht das Hertze<lb/>
gehabt, andern zu entdecken, auch manchmal mein<lb/>
Zu&#x017F;tand, und die Um&#x017F;ta&#x0364;nde, in denen ich mich be-<lb/>
funden, es nicht gelitten, andern meine heimliche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Anlie-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0048] M. Adam Bernds bendig gemacht: ſich bald in die Hoͤlle ſchwerer Anfechtungen ſelbſt hineingefuͤhret, bald durch GOttes Erbarmen wieder heraus gefuͤhret wor- den: der bald dem Tode in Rachen, und dem Satan in ſeine Klauen ſich geſtuͤrtzet, bald aber durch die maͤchtige Hand GOttes davon wieder erloͤſet, und heraus geriſſen worden: dem die Suͤnde ſein gantzes Leben, wie Lutherus redet, zu Schanden gemacht: der iederzeit die Suͤnde, und derſelben nicht nach Wunſche los werden zu koͤn- nen, vor das groͤſte Creutz der Chriſten auf Erden gehalten: der ſich uͤber der Suͤnde, und bey dem Goͤttlichen Troſt, womit er wieder aufgerichtet worden, die Augen ſchier aus dem Kopffe gewei- net: der in dem Ofen des Elendes unter ſeltſa- men Leibes- und Gemuͤths-Plagen, ja unter den ſchrecklichſten Verſuchungen, die nur iemals ei- nem Menſchen begegnet, oder in Buͤchern auf- geſchrieben zu finden, bey nahe Geiſt und Blut ausgeſchwitzet. Meine guten Freunde und Be- kannten, welche iederzeit mit mir umgegangen, wer- den ſich daruͤber verwundern, und kaum ſolches glauben koͤnnen; indem ich gewohnet geweſen, oder die Gnade von GOtt gehabt, meine groͤſten Seelen-Leiden zu verbergen, oder nicht das Hertze gehabt, andern zu entdecken, auch manchmal mein Zuſtand, und die Umſtaͤnde, in denen ich mich be- funden, es nicht gelitten, andern meine heimliche Anlie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/48
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/48>, abgerufen am 03.12.2024.