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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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M. Adam Bernds
und das Gewissen aufwacht, so sind Furcht, Angst,
und Schrecken, Mißtrauen und Verzweiffelung
rechte Teufel, mit denen ein solcher Mensch we-
gen seines Temperamenti Melancholic kämpffen
und streiten muß. Sind ja da auch Würckun-
gen eines guten Geistes mit darunter, so wendet
der Satan doch alsdenn allen Fleiß an, wie er
dieselben verhindern möge, damit sie nicht den gu-
ten Endzweck erhalten, welchen der Geist GOttes
zu erhalten suchet. Von der Cholera habe das
wenigste gehabt; und würde gantz was anders
in der Welt worden seyn, wenn nach dem Lauffe
der Natur, und nach der Welt-Weisheit zu re-
den, mein Hochmuth, mit dem ich zu streiten ge-
habt, so groß, als die Freude, und die Furcht ge-
wesen; es müste denn meine Ambition durch die
Religion und Religions-Strupel von den End-
zwecken seyn abgehalten worden, welche sie sonst
würde haben erreichen können. Solte ich also
nach Thomasii Vorschlag die Mixtur und Ver-
mischung der Temperamente bey mir abmessen;
so müste ich sagen, daß ich ohngefehr im 30. Grade
Cholerisch und hochmüthig, im 50. Grade San-
guini
sch und wollüstig, und im 60. Grade Melan-
choli
sch oder furchtsam und traurig gewesen. Wie-
wol ich bey aller dieser Erkänntniß meiner Leibes-
Beschaffenheit noch immer den Scrupel und
Zweiffel behalten, warum ich, da ich so viel Merck-

male

M. Adam Bernds
und das Gewiſſen aufwacht, ſo ſind Furcht, Angſt,
und Schrecken, Mißtrauen und Verzweiffelung
rechte Teufel, mit denen ein ſolcher Menſch we-
gen ſeines Temperamenti Melancholic kaͤmpffen
und ſtreiten muß. Sind ja da auch Wuͤrckun-
gen eines guten Geiſtes mit darunter, ſo wendet
der Satan doch alsdenn allen Fleiß an, wie er
dieſelben verhindern moͤge, damit ſie nicht den gu-
ten Endzweck erhalten, welchen der Geiſt GOttes
zu erhalten ſuchet. Von der Cholera habe das
wenigſte gehabt; und wuͤrde gantz was anders
in der Welt worden ſeyn, wenn nach dem Lauffe
der Natur, und nach der Welt-Weisheit zu re-
den, mein Hochmuth, mit dem ich zu ſtreiten ge-
habt, ſo groß, als die Freude, und die Furcht ge-
weſen; es muͤſte denn meine Ambition durch die
Religion und Religions-Strupel von den End-
zwecken ſeyn abgehalten worden, welche ſie ſonſt
wuͤrde haben erreichen koͤnnen. Solte ich alſo
nach Thomaſii Vorſchlag die Mixtur und Ver-
miſchung der Temperamente bey mir abmeſſen;
ſo muͤſte ich ſagen, daß ich ohngefehr im 30. Grade
Choleriſch und hochmuͤthig, im 50. Grade San-
guini
ſch und wolluͤſtig, und im 60. Grade Melan-
choli
ſch oder furchtſam und traurig geweſen. Wie-
wol ich bey aller dieſer Erkaͤnntniß meiner Leibes-
Beſchaffenheit noch immer den Scrupel und
Zweiffel behalten, warum ich, da ich ſo viel Merck-

male
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[4/0050] M. Adam Bernds und das Gewiſſen aufwacht, ſo ſind Furcht, Angſt, und Schrecken, Mißtrauen und Verzweiffelung rechte Teufel, mit denen ein ſolcher Menſch we- gen ſeines Temperamenti Melancholic kaͤmpffen und ſtreiten muß. Sind ja da auch Wuͤrckun- gen eines guten Geiſtes mit darunter, ſo wendet der Satan doch alsdenn allen Fleiß an, wie er dieſelben verhindern moͤge, damit ſie nicht den gu- ten Endzweck erhalten, welchen der Geiſt GOttes zu erhalten ſuchet. Von der Cholera habe das wenigſte gehabt; und wuͤrde gantz was anders in der Welt worden ſeyn, wenn nach dem Lauffe der Natur, und nach der Welt-Weisheit zu re- den, mein Hochmuth, mit dem ich zu ſtreiten ge- habt, ſo groß, als die Freude, und die Furcht ge- weſen; es muͤſte denn meine Ambition durch die Religion und Religions-Strupel von den End- zwecken ſeyn abgehalten worden, welche ſie ſonſt wuͤrde haben erreichen koͤnnen. Solte ich alſo nach Thomaſii Vorſchlag die Mixtur und Ver- miſchung der Temperamente bey mir abmeſſen; ſo muͤſte ich ſagen, daß ich ohngefehr im 30. Grade Choleriſch und hochmuͤthig, im 50. Grade San- guiniſch und wolluͤſtig, und im 60. Grade Melan- choliſch oder furchtſam und traurig geweſen. Wie- wol ich bey aller dieſer Erkaͤnntniß meiner Leibes- Beſchaffenheit noch immer den Scrupel und Zweiffel behalten, warum ich, da ich ſo viel Merck- male

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/50>, abgerufen am 21.11.2024.