walten tüchtig wäre. Da ich nun die Vo- cation, so er in Händen hatte, nicht anneh- men wolte, so sahe er mich noch vor so einfältig an, daß er mir durch eine neue Klugheit zu- muthen kunte: Wenn ich nun gleich diese Vo- cation nicht behielte, so solte ich nur dieselbe nehmen, und zu meinen Patronis, und in spe- cie zu Herr D. Plazen gehen, und ihm solche zeigen; denn sie trainirten so lange, und ver- zögerten die Sache auf dem Rath-Hause ohne Noth, und ließen mich so lange Zeit vergeblich warten; so könt ich trotzen, und ihnen wei- sen, daß, wenn ich ihnen nicht anstünde, so würde es mir an anderweitigen Beförderungen nicht fehlen. Ey! dafür bedancke ich mich, sagte ich, ich würde schön damit ankommen: der Rath in Leipzig läst sich nicht trotzen, wie sie besser, als ich wissen: wenn ich das thun wolte, so würde das Lied vom Ende seyn, daß ich immerhin die Vocation behalten möchte, nach- dem ich solche einmahl angenommen.
So sehr ließ sichs der Herr D. Günther angelegen seyn, einem andern zu der Stelle in der Peters-Kirche behülfflich zu seyn; doch glaub ich, seine Bemühung würde in diesem Stücke noch viel größer gewesen seyn, und nicht sowol vor seinen Consalinum, als vor sich selbst besorgt gewesen seyn, wenn er zukünfftige
zufälli-
J i 4
vor geſchickt genung hielt:
walten tuͤchtig waͤre. Da ich nun die Vo- cation, ſo er in Haͤnden hatte, nicht anneh- men wolte, ſo ſahe er mich noch vor ſo einfaͤltig an, daß er mir durch eine neue Klugheit zu- muthen kunte: Wenn ich nun gleich dieſe Vo- cation nicht behielte, ſo ſolte ich nur dieſelbe nehmen, und zu meinen Patronis, und in ſpe- cie zu Herr D. Plazen gehen, und ihm ſolche zeigen; denn ſie trainirten ſo lange, und ver- zoͤgerten die Sache auf dem Rath-Hauſe ohne Noth, und ließen mich ſo lange Zeit vergeblich warten; ſo koͤnt ich trotzen, und ihnen wei- ſen, daß, wenn ich ihnen nicht anſtuͤnde, ſo wuͤrde es mir an anderweitigen Befoͤrderungen nicht fehlen. Ey! dafuͤr bedancke ich mich, ſagte ich, ich wuͤrde ſchoͤn damit ankommen: der Rath in Leipzig laͤſt ſich nicht trotzen, wie ſie beſſer, als ich wiſſen: wenn ich das thun wolte, ſo wuͤrde das Lied vom Ende ſeyn, daß ich immerhin die Vocation behalten moͤchte, nach- dem ich ſolche einmahl angenommen.
So ſehr ließ ſichs der Herr D. Guͤnther angelegen ſeyn, einem andern zu der Stelle in der Peters-Kirche behuͤlfflich zu ſeyn; doch glaub ich, ſeine Bemuͤhung wuͤrde in dieſem Stuͤcke noch viel groͤßer geweſen ſeyn, und nicht ſowol vor ſeinen Conſalinum, als vor ſich ſelbſt beſorgt geweſen ſeyn, wenn er zukuͤnfftige
zufaͤlli-
J i 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0549"n="503"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">vor geſchickt genung hielt:</hi></fw><lb/>
walten tuͤchtig waͤre. Da ich nun die <hirendition="#aq">Vo-<lb/>
cation,</hi>ſo er in Haͤnden hatte, nicht anneh-<lb/>
men wolte, ſo ſahe er mich noch vor ſo einfaͤltig<lb/>
an, daß er mir durch eine neue Klugheit zu-<lb/>
muthen kunte: Wenn ich nun gleich dieſe <hirendition="#aq">Vo-<lb/>
cation</hi> nicht behielte, ſo ſolte ich nur dieſelbe<lb/>
nehmen, und zu meinen <hirendition="#aq">Patronis,</hi> und <hirendition="#aq">in ſpe-<lb/>
cie</hi> zu Herr <hirendition="#aq">D.</hi> Plazen gehen, und ihm ſolche<lb/>
zeigen; denn ſie <hirendition="#aq">traini</hi>rten ſo lange, und ver-<lb/>
zoͤgerten die Sache auf dem Rath-Hauſe ohne<lb/>
Noth, und ließen mich ſo lange Zeit vergeblich<lb/>
warten; ſo koͤnt ich trotzen, und ihnen wei-<lb/>ſen, daß, wenn ich ihnen nicht anſtuͤnde, ſo<lb/>
wuͤrde es mir an anderweitigen Befoͤrderungen<lb/>
nicht fehlen. Ey! dafuͤr bedancke ich mich,<lb/>ſagte ich, ich wuͤrde ſchoͤn damit ankommen: der<lb/>
Rath in Leipzig laͤſt ſich nicht trotzen, wie ſie<lb/>
beſſer, als ich wiſſen: wenn ich das thun<lb/>
wolte, ſo wuͤrde das Lied vom Ende ſeyn, daß<lb/>
ich immerhin die <hirendition="#aq">Vocation</hi> behalten moͤchte, nach-<lb/>
dem ich ſolche einmahl angenommen.</p><lb/><p>So ſehr ließ ſichs der Herr <hirendition="#aq">D.</hi> Guͤnther<lb/>
angelegen ſeyn, einem andern zu der Stelle in<lb/>
der Peters-Kirche behuͤlfflich zu ſeyn; doch<lb/>
glaub ich, ſeine Bemuͤhung wuͤrde in dieſem<lb/>
Stuͤcke noch viel groͤßer geweſen ſeyn, und<lb/>
nicht ſowol vor ſeinen <hirendition="#aq">Conſalinum,</hi> als vor ſich<lb/>ſelbſt beſorgt geweſen ſeyn, wenn er zukuͤnfftige<lb/><fwplace="bottom"type="sig">J i 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">zufaͤlli-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[503/0549]
vor geſchickt genung hielt:
walten tuͤchtig waͤre. Da ich nun die Vo-
cation, ſo er in Haͤnden hatte, nicht anneh-
men wolte, ſo ſahe er mich noch vor ſo einfaͤltig
an, daß er mir durch eine neue Klugheit zu-
muthen kunte: Wenn ich nun gleich dieſe Vo-
cation nicht behielte, ſo ſolte ich nur dieſelbe
nehmen, und zu meinen Patronis, und in ſpe-
cie zu Herr D. Plazen gehen, und ihm ſolche
zeigen; denn ſie trainirten ſo lange, und ver-
zoͤgerten die Sache auf dem Rath-Hauſe ohne
Noth, und ließen mich ſo lange Zeit vergeblich
warten; ſo koͤnt ich trotzen, und ihnen wei-
ſen, daß, wenn ich ihnen nicht anſtuͤnde, ſo
wuͤrde es mir an anderweitigen Befoͤrderungen
nicht fehlen. Ey! dafuͤr bedancke ich mich,
ſagte ich, ich wuͤrde ſchoͤn damit ankommen: der
Rath in Leipzig laͤſt ſich nicht trotzen, wie ſie
beſſer, als ich wiſſen: wenn ich das thun
wolte, ſo wuͤrde das Lied vom Ende ſeyn, daß
ich immerhin die Vocation behalten moͤchte, nach-
dem ich ſolche einmahl angenommen.
So ſehr ließ ſichs der Herr D. Guͤnther
angelegen ſeyn, einem andern zu der Stelle in
der Peters-Kirche behuͤlfflich zu ſeyn; doch
glaub ich, ſeine Bemuͤhung wuͤrde in dieſem
Stuͤcke noch viel groͤßer geweſen ſeyn, und
nicht ſowol vor ſeinen Conſalinum, als vor ſich
ſelbſt beſorgt geweſen ſeyn, wenn er zukuͤnfftige
zufaͤlli-
J i 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/549>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.