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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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wieder auf hörten, erhielt,
Anno 1712.
§. 121.

Jn der Zahl-Woche im Neuen-Jahre 1712.
machte ich den Anfang mit catechisiren in der
Peters-Kirche, und mit der Rede, welche unter
den 70. Predigten von mancherley Arten
gedruckt zu finden. Denn, weil die Capellen
noch nicht alle fertig, so kunte der völlige GOttes-
dienst noch nicht angefangen werden. Jch
wohnte noch auf dem rothen Collegio. Weil
nun die Kirche zu weit entfernet war, so muste
ich mich nach einer andern Wohnung umthun.
Zehen Jahr hatte ich auf dem Collegio gewoh-
net; ie näher ich also dieser Veränderung kam,
ie ängstlicher wurde mir; wie ich oben bereits
erzehlet, daß mir alles Ausziehen in der Welt
allemahl ungemeine Pein verursachet. Jch
miethete bey Draten, dem Knopffmacher auf
dem Alten Neumarckte, ein, und gleich darauf
erfuhr ich, daß verdächtige Weibes-Personen im
Hause sich auf hielten, und daß einst eine gewisse
Huren-Wirthin bis 30. Huren verborgen und
verstecket hätte, da, wo meine Schlaf-Cammer
seyn solte. Jch fürchtete also nicht wenig, daß
mir dieses eine große Blame machen würde, wenn
ich in einem solchen Hause wohnte. Jch ge-
rieth also in Streit mit mir selber, ob ich daselbst

ein-
wieder auf hoͤrten, erhielt,
Anno 1712.
§. 121.

Jn der Zahl-Woche im Neuen-Jahre 1712.
machte ich den Anfang mit catechiſiren in der
Peters-Kirche, und mit der Rede, welche unter
den 70. Predigten von mancherley Arten
gedruckt zu finden. Denn, weil die Capellen
noch nicht alle fertig, ſo kunte der voͤllige GOttes-
dienſt noch nicht angefangen werden. Jch
wohnte noch auf dem rothen Collegio. Weil
nun die Kirche zu weit entfernet war, ſo muſte
ich mich nach einer andern Wohnung umthun.
Zehen Jahr hatte ich auf dem Collegio gewoh-
net; ie naͤher ich alſo dieſer Veraͤnderung kam,
ie aͤngſtlicher wurde mir; wie ich oben bereits
erzehlet, daß mir alles Ausziehen in der Welt
allemahl ungemeine Pein verurſachet. Jch
miethete bey Draten, dem Knopffmacher auf
dem Alten Neumarckte, ein, und gleich darauf
erfuhr ich, daß verdaͤchtige Weibes-Perſonen im
Hauſe ſich auf hielten, und daß einſt eine gewiſſe
Huren-Wirthin bis 30. Huren verborgen und
verſtecket haͤtte, da, wo meine Schlaf-Cammer
ſeyn ſolte. Jch fuͤrchtete alſo nicht wenig, daß
mir dieſes eine große Blame machen wuͤrde, wenn
ich in einem ſolchen Hauſe wohnte. Jch ge-
rieth alſo in Streit mit mir ſelber, ob ich daſelbſt

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[512/0558] wieder auf hoͤrten, erhielt, Anno 1712. §. 121. Jn der Zahl-Woche im Neuen-Jahre 1712. machte ich den Anfang mit catechiſiren in der Peters-Kirche, und mit der Rede, welche unter den 70. Predigten von mancherley Arten gedruckt zu finden. Denn, weil die Capellen noch nicht alle fertig, ſo kunte der voͤllige GOttes- dienſt noch nicht angefangen werden. Jch wohnte noch auf dem rothen Collegio. Weil nun die Kirche zu weit entfernet war, ſo muſte ich mich nach einer andern Wohnung umthun. Zehen Jahr hatte ich auf dem Collegio gewoh- net; ie naͤher ich alſo dieſer Veraͤnderung kam, ie aͤngſtlicher wurde mir; wie ich oben bereits erzehlet, daß mir alles Ausziehen in der Welt allemahl ungemeine Pein verurſachet. Jch miethete bey Draten, dem Knopffmacher auf dem Alten Neumarckte, ein, und gleich darauf erfuhr ich, daß verdaͤchtige Weibes-Perſonen im Hauſe ſich auf hielten, und daß einſt eine gewiſſe Huren-Wirthin bis 30. Huren verborgen und verſtecket haͤtte, da, wo meine Schlaf-Cammer ſeyn ſolte. Jch fuͤrchtete alſo nicht wenig, daß mir dieſes eine große Blame machen wuͤrde, wenn ich in einem ſolchen Hauſe wohnte. Jch ge- rieth alſo in Streit mit mir ſelber, ob ich daſelbſt ein-

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/558>, abgerufen am 22.11.2024.