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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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in welchem es ihm wohl
erfahren müssen. Jch werde also erst das Wohl,
und das angenehme, darnach aber auch das viele
Bittere und unangenehme, so ich in solchem dul-
den und schmecken müssen, beschreiben und er-
zehlen. Unter das Wohl und angenehme ge-
höret der Beyfall und die Liebe, so ich bey mei-
nen Zuhörern Anfangs gleich gefunden, und
denn auch die Erbauung, welche durch mein
predigen verursachet worden, und davon ich zu-
längliche Merckmaale gesehen. Zu dem Un-
angenehmen gehöret einmahl alles dasjenige, wo-
durch sowol die Liebe, und das Vertrauen der
Zuhörer gegen mich, als auch die Erbauung der-
selben gehindert und geschwächt worden, woran
theils andere Menschen, und meine eigene Zu-
hörer, theils auch auf gewisse Maaßen ich selbst
wegen Mangel nöthiger Klugheit und Vorsich-
tigkeit Schuld gehabt. Das unangenehmste
und bitterste, was ich in meinem Amte schme-
cken müssen, sind endlich sowol meine Leibes-als
auch gar sonders meine große Gemüths-Kranck-
heiten, und schwere Anfechtungen, die mir zwar
auch manche Hindernisse bey Verwaltung mei-
nes Amtes verursachet, die aber auch wohl manch-
mahl mögen zufälliger Weise gemacht haben, daß
meine Predigten diesem, und jenem vielmehr zu
Hertzen gegangen, und viel gutes gewürcket.
Denn auch Paulus der Apostel erkannte bey seinen,

und

in welchem es ihm wohl
erfahren muͤſſen. Jch werde alſo erſt das Wohl,
und das angenehme, darnach aber auch das viele
Bittere und unangenehme, ſo ich in ſolchem dul-
den und ſchmecken muͤſſen, beſchreiben und er-
zehlen. Unter das Wohl und angenehme ge-
hoͤret der Beyfall und die Liebe, ſo ich bey mei-
nen Zuhoͤrern Anfangs gleich gefunden, und
denn auch die Erbauung, welche durch mein
predigen verurſachet worden, und davon ich zu-
laͤngliche Merckmaale geſehen. Zu dem Un-
angenehmen gehoͤret einmahl alles dasjenige, wo-
durch ſowol die Liebe, und das Vertrauen der
Zuhoͤrer gegen mich, als auch die Erbauung der-
ſelben gehindert und geſchwaͤcht worden, woran
theils andere Menſchen, und meine eigene Zu-
hoͤrer, theils auch auf gewiſſe Maaßen ich ſelbſt
wegen Mangel noͤthiger Klugheit und Vorſich-
tigkeit Schuld gehabt. Das unangenehmſte
und bitterſte, was ich in meinem Amte ſchme-
cken muͤſſen, ſind endlich ſowol meine Leibes-als
auch gar ſonders meine große Gemuͤths-Kranck-
heiten, und ſchwere Anfechtungen, die mir zwar
auch manche Hinderniſſe bey Verwaltung mei-
nes Amtes verurſachet, die aber auch wohl manch-
mahl moͤgen zufaͤlliger Weiſe gemacht haben, daß
meine Predigten dieſem, und jenem vielmehr zu
Hertzen gegangen, und viel gutes gewuͤrcket.
Denn auch Paulus der Apoſtel erkannte bey ſeinen,

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[516/0562] in welchem es ihm wohl erfahren muͤſſen. Jch werde alſo erſt das Wohl, und das angenehme, darnach aber auch das viele Bittere und unangenehme, ſo ich in ſolchem dul- den und ſchmecken muͤſſen, beſchreiben und er- zehlen. Unter das Wohl und angenehme ge- hoͤret der Beyfall und die Liebe, ſo ich bey mei- nen Zuhoͤrern Anfangs gleich gefunden, und denn auch die Erbauung, welche durch mein predigen verurſachet worden, und davon ich zu- laͤngliche Merckmaale geſehen. Zu dem Un- angenehmen gehoͤret einmahl alles dasjenige, wo- durch ſowol die Liebe, und das Vertrauen der Zuhoͤrer gegen mich, als auch die Erbauung der- ſelben gehindert und geſchwaͤcht worden, woran theils andere Menſchen, und meine eigene Zu- hoͤrer, theils auch auf gewiſſe Maaßen ich ſelbſt wegen Mangel noͤthiger Klugheit und Vorſich- tigkeit Schuld gehabt. Das unangenehmſte und bitterſte, was ich in meinem Amte ſchme- cken muͤſſen, ſind endlich ſowol meine Leibes-als auch gar ſonders meine große Gemuͤths-Kranck- heiten, und ſchwere Anfechtungen, die mir zwar auch manche Hinderniſſe bey Verwaltung mei- nes Amtes verurſachet, die aber auch wohl manch- mahl moͤgen zufaͤlliger Weiſe gemacht haben, daß meine Predigten dieſem, und jenem vielmehr zu Hertzen gegangen, und viel gutes gewuͤrcket. Denn auch Paulus der Apoſtel erkannte bey ſeinen, und

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/562>, abgerufen am 22.11.2024.