und erläuterte solches mit einer Parabel, und Gleichniß. Jch sagte: Ein gewisser Predi- ger, der zehen Jahr jünger als ich, und der wie Milch und Blut im Gesichte, und dem der Ungarische Wein, und Knaster-Tabac zun Augen heraus siehet, ist im Geschrey, daß er mit der allerschönsten Kauffmanns-Frau auf eine ungebührende Weise conversire. Jetzt murmeln die Leute nur davon; man verbiete ihm aber nur das Haus, so soll die gantze Stadt zu glauben anfangen, daß dem also sey, was sie bisher nur schwach vermuthet, oder woran, sie noch aus Christlicher Liebe gezweiffelt. Jch sage nochmahls, ich critisire ietzt nicht, was man damahls mir zu rathen, oder zu befehlen vor gut befunden; denn was ich auch zur selben Zeit darwider einzuwenden zu haben bey mir vermeynte, so hielt solches die Probe doch nicht aus. Denn alß ich diß einst einem andern weisen Manne einwendete, was ich ietzt nur an- geführet, so wuste er mir dermaßen drauf zu antworten, daß ich endlich das alles, was wi- der mich ergangen war, vor weißlich, und wohl ausgesonnen erkennen muste, was es auch et- wan vor einen Anstoß meinem Amte mochte ge- setzet haben; und hätte ich gewünschet, daß ich diese Antwort derjenigen vornehmen Frau mit- zutheilen Gelegenheit gehabt hätte, die sich kurtz
zuvor
als bey Predigern,
und erlaͤuterte ſolches mit einer Parabel, und Gleichniß. Jch ſagte: Ein gewiſſer Predi- ger, der zehen Jahr juͤnger als ich, und der wie Milch und Blut im Geſichte, und dem der Ungariſche Wein, und Knaſter-Tabac zun Augen heraus ſiehet, iſt im Geſchrey, daß er mit der allerſchoͤnſten Kauffmanns-Frau auf eine ungebuͤhrende Weiſe converſire. Jetzt murmeln die Leute nur davon; man verbiete ihm aber nur das Haus, ſo ſoll die gantze Stadt zu glauben anfangen, daß dem alſo ſey, was ſie bisher nur ſchwach vermuthet, oder woran, ſie noch aus Chriſtlicher Liebe gezweiffelt. Jch ſage nochmahls, ich critiſire ietzt nicht, was man damahls mir zu rathen, oder zu befehlen vor gut befunden; denn was ich auch zur ſelben Zeit darwider einzuwenden zu haben bey mir vermeynte, ſo hielt ſolches die Probe doch nicht aus. Denn alß ich diß einſt einem andern weiſen Manne einwendete, was ich ietzt nur an- gefuͤhret, ſo wuſte er mir dermaßen drauf zu antworten, daß ich endlich das alles, was wi- der mich ergangen war, vor weißlich, und wohl ausgeſonnen erkennen muſte, was es auch et- wan vor einen Anſtoß meinem Amte mochte ge- ſetzet haben; und haͤtte ich gewuͤnſchet, daß ich dieſe Antwort derjenigen vornehmen Frau mit- zutheilen Gelegenheit gehabt haͤtte, die ſich kurtz
zuvor
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[558/0604]
als bey Predigern,
und erlaͤuterte ſolches mit einer Parabel, und
Gleichniß. Jch ſagte: Ein gewiſſer Predi-
ger, der zehen Jahr juͤnger als ich, und der wie
Milch und Blut im Geſichte, und dem der
Ungariſche Wein, und Knaſter-Tabac zun
Augen heraus ſiehet, iſt im Geſchrey, daß er
mit der allerſchoͤnſten Kauffmanns-Frau auf
eine ungebuͤhrende Weiſe converſire. Jetzt
murmeln die Leute nur davon; man verbiete
ihm aber nur das Haus, ſo ſoll die gantze Stadt
zu glauben anfangen, daß dem alſo ſey, was
ſie bisher nur ſchwach vermuthet, oder woran,
ſie noch aus Chriſtlicher Liebe gezweiffelt. Jch
ſage nochmahls, ich critiſire ietzt nicht, was man
damahls mir zu rathen, oder zu befehlen vor
gut befunden; denn was ich auch zur ſelben
Zeit darwider einzuwenden zu haben bey mir
vermeynte, ſo hielt ſolches die Probe doch nicht
aus. Denn alß ich diß einſt einem andern
weiſen Manne einwendete, was ich ietzt nur an-
gefuͤhret, ſo wuſte er mir dermaßen drauf zu
antworten, daß ich endlich das alles, was wi-
der mich ergangen war, vor weißlich, und wohl
ausgeſonnen erkennen muſte, was es auch et-
wan vor einen Anſtoß meinem Amte mochte ge-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/604>, abgerufen am 23.11.2024.
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