bekommen, oder werde ich dieses Creutz und Marter-Holtz CHristo bis zur Schä- delstäte, und bis in meinen Tod nachtra- gen müssen? o wie manchmahl habe ich zur selben Zeit das bekannte Lied gesungen und ange- stimmet: HErr JEsu CHrist ich schrey zu dir aus hochbetrübter Seelen, und darbey gedacht, was doch dem Autori dieses Liedes müsse gefehlet, und in was vor einer Noth der- selbe müsse gestecket haben, da er das Lied ver- fertiget, weil alle Umstände und Expressiones desselben weisen, daß der Autor, da er es ge- macht, nicht bey guten Tagen, und gutem geistlichen Muthe, noch außer dem Stande der Anfechtung müsse gewesen seyn.
Weil Donnerstag vor dem Char-Freytage der Lebigüner mein hitziges Haupt so trefflich ausgekühlet, so resolvirte ich kurtz nach den Fey- ertagen dieses Bier zu meinem ordentlichen Ge- träncke zu machen; wie denn auch mein Medi- cus selbst mich darzu veranlaßte. Allein wie es allemahl mit meinem Leibe, und mit meines Leibes Schwachheiten beschaffen gewesen, so offt ich denselben abhelffen wollen: so war es auch dieses mahl. Wenn ich ein Loch zustopf- fen wollen, so habe ich allemahl, wo nicht deren zehen, doch gewiß andere dargegen eröff- net. Dieses kühlende Bier vertrieb mir nun
zwar
die Hitze des Haupts,
bekommen, oder werde ich dieſes Creutz und Marter-Holtz CHriſto bis zur Schaͤ- delſtaͤte, und bis in meinen Tod nachtra- gen muͤſſen? o wie manchmahl habe ich zur ſelben Zeit das bekannte Lied geſungen und ange- ſtimmet: HErr JEſu CHriſt ich ſchrey zu dir aus hochbetruͤbter Seelen, und darbey gedacht, was doch dem Autori dieſes Liedes muͤſſe gefehlet, und in was vor einer Noth der- ſelbe muͤſſe geſtecket haben, da er das Lied ver- fertiget, weil alle Umſtaͤnde und Expreſſiones deſſelben weiſen, daß der Autor, da er es ge- macht, nicht bey guten Tagen, und gutem geiſtlichen Muthe, noch außer dem Stande der Anfechtung muͤſſe geweſen ſeyn.
Weil Donnerſtag vor dem Char-Freytage der Lebiguͤner mein hitziges Haupt ſo trefflich ausgekuͤhlet, ſo reſolvirte ich kurtz nach den Fey- ertagen dieſes Bier zu meinem ordentlichen Ge- traͤncke zu machen; wie denn auch mein Medi- cus ſelbſt mich darzu veranlaßte. Allein wie es allemahl mit meinem Leibe, und mit meines Leibes Schwachheiten beſchaffen geweſen, ſo offt ich denſelben abhelffen wollen: ſo war es auch dieſes mahl. Wenn ich ein Loch zuſtopf- fen wollen, ſo habe ich allemahl, wo nicht deren zehen, doch gewiß andere dargegen eroͤff- net. Dieſes kuͤhlende Bier vertrieb mir nun
zwar
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die Hitze des Haupts,
bekommen, oder werde ich dieſes Creutz
und Marter-Holtz CHriſto bis zur Schaͤ-
delſtaͤte, und bis in meinen Tod nachtra-
gen muͤſſen? o wie manchmahl habe ich zur
ſelben Zeit das bekannte Lied geſungen und ange-
ſtimmet: HErr JEſu CHriſt ich ſchrey zu
dir aus hochbetruͤbter Seelen, und darbey
gedacht, was doch dem Autori dieſes Liedes
muͤſſe gefehlet, und in was vor einer Noth der-
ſelbe muͤſſe geſtecket haben, da er das Lied ver-
fertiget, weil alle Umſtaͤnde und Expreſſiones
deſſelben weiſen, daß der Autor, da er es ge-
macht, nicht bey guten Tagen, und gutem
geiſtlichen Muthe, noch außer dem Stande der
Anfechtung muͤſſe geweſen ſeyn.
Weil Donnerſtag vor dem Char-Freytage
der Lebiguͤner mein hitziges Haupt ſo trefflich
ausgekuͤhlet, ſo reſolvirte ich kurtz nach den Fey-
ertagen dieſes Bier zu meinem ordentlichen Ge-
traͤncke zu machen; wie denn auch mein Medi-
cus ſelbſt mich darzu veranlaßte. Allein wie es
allemahl mit meinem Leibe, und mit meines
Leibes Schwachheiten beſchaffen geweſen, ſo
offt ich denſelben abhelffen wollen: ſo war es
auch dieſes mahl. Wenn ich ein Loch zuſtopf-
fen wollen, ſo habe ich allemahl, wo nicht
deren zehen, doch gewiß andere dargegen eroͤff-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/683>, abgerufen am 22.11.2024.
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