mehro durch mein eigen Exempel gantz ein an- ders gelehret worden. Zum wenigsten glaubte ich gäntzlich, wenn eine große schreckliche Anfech- tung wiederkäme, sie könte das andere mahl nicht in so großem Maaße seyn, noch den Menschen in so große Angst, und Furcht, und Bangigkeit, als das erste mahl, setzen, weil ja bey einem sol- chen Menschen leicht das Vertrauen entstehen könte, daß der GOtt, der das erste mahl geholf- fen, auch das andere mahl helffen werde, und daß er leicht einen Schluß machen könte, dergleichen David einst machte, da er wider den Goliad stritte, und dachte: Der GOtt, der mich von Löwen und Bären errettet, wird mich auch aus der Hand dieses Philisters erret- ten. Allein daß auch bey neuen, und wieder- holten großen Plagen, und Anfechtungen unser Glaube schwach genug werden, und folgentlich Furcht, Angst, und Zaghafftigkeit eben so groß, ja noch größer, als das erste mahl, darbey sich finden können, und daß man alsdann gar leicht dencken könne, als ob nunmehr GOtt endlich den natürlichen Folgen der Sünde, oder eines krancken Leibes, ihren freyen Lauff laßen, und auf solche Weise mit uns den Garaus machen werde, insonderheit wenn es das Ansehen hat, daß eine gewisse Unbeständigkeit, oder auch nur Kaltsinnigkeit im Guten und in der Gottseelig-
keit
S s 5
ſo uͤberfaͤllt ihn
mehro durch mein eigen Exempel gantz ein an- ders gelehret worden. Zum wenigſten glaubte ich gaͤntzlich, wenn eine große ſchreckliche Anfech- tung wiederkaͤme, ſie koͤnte das andere mahl nicht in ſo großem Maaße ſeyn, noch den Menſchen in ſo große Angſt, und Furcht, und Bangigkeit, als das erſte mahl, ſetzen, weil ja bey einem ſol- chen Menſchen leicht das Vertrauen entſtehen koͤnte, daß der GOtt, der das erſte mahl geholf- fen, auch das andere mahl helffen werde, und daß er leicht einen Schluß machen koͤnte, dergleichen David einſt machte, da er wider den Goliad ſtritte, und dachte: Der GOtt, der mich von Loͤwen und Baͤren errettet, wird mich auch aus der Hand dieſes Philiſters erret- ten. Allein daß auch bey neuen, und wieder- holten großen Plagen, und Anfechtungen unſer Glaube ſchwach genug werden, und folgentlich Furcht, Angſt, und Zaghafftigkeit eben ſo groß, ja noch groͤßer, als das erſte mahl, darbey ſich finden koͤnnen, und daß man alsdann gar leicht dencken koͤnne, als ob nunmehr GOtt endlich den natuͤrlichen Folgen der Suͤnde, oder eines krancken Leibes, ihren freyen Lauff laßen, und auf ſolche Weiſe mit uns den Garaus machen werde, inſonderheit wenn es das Anſehen hat, daß eine gewiſſe Unbeſtaͤndigkeit, oder auch nur Kaltſinnigkeit im Guten und in der Gottſeelig-
keit
S s 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0695"n="649"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">ſo uͤberfaͤllt ihn</hi></fw><lb/>
mehro durch mein eigen Exempel gantz ein an-<lb/>
ders gelehret worden. Zum wenigſten glaubte<lb/>
ich gaͤntzlich, wenn eine große ſchreckliche Anfech-<lb/>
tung wiederkaͤme, ſie koͤnte das andere mahl nicht<lb/>
in ſo großem Maaße ſeyn, noch den Menſchen<lb/>
in ſo große Angſt, und Furcht, und Bangigkeit,<lb/>
als das erſte mahl, ſetzen, weil ja bey einem ſol-<lb/>
chen Menſchen leicht das Vertrauen entſtehen<lb/>
koͤnte, daß der GOtt, der das erſte mahl geholf-<lb/>
fen, auch das andere mahl helffen werde, und daß<lb/>
er leicht einen Schluß machen koͤnte, dergleichen<lb/>
David einſt machte, da er wider den Goliad<lb/>ſtritte, und dachte: <hirendition="#fr">Der GOtt, der mich<lb/>
von Loͤwen und Baͤren errettet, wird mich<lb/>
auch aus der Hand dieſes Philiſters erret-<lb/>
ten.</hi> Allein daß auch bey neuen, und wieder-<lb/>
holten großen Plagen, und Anfechtungen unſer<lb/>
Glaube ſchwach genug werden, und folgentlich<lb/>
Furcht, Angſt, und Zaghafftigkeit eben ſo groß,<lb/>
ja noch groͤßer, als das erſte mahl, darbey ſich<lb/>
finden koͤnnen, und daß man alsdann gar leicht<lb/>
dencken koͤnne, als ob nunmehr GOtt endlich<lb/>
den natuͤrlichen Folgen der Suͤnde, oder eines<lb/>
krancken Leibes, ihren freyen Lauff laßen, und<lb/>
auf ſolche Weiſe mit uns den Garaus machen<lb/>
werde, inſonderheit wenn es das Anſehen hat,<lb/>
daß eine gewiſſe Unbeſtaͤndigkeit, oder auch nur<lb/>
Kaltſinnigkeit im Guten und in der Gottſeelig-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">S s 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">keit</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[649/0695]
ſo uͤberfaͤllt ihn
mehro durch mein eigen Exempel gantz ein an-
ders gelehret worden. Zum wenigſten glaubte
ich gaͤntzlich, wenn eine große ſchreckliche Anfech-
tung wiederkaͤme, ſie koͤnte das andere mahl nicht
in ſo großem Maaße ſeyn, noch den Menſchen
in ſo große Angſt, und Furcht, und Bangigkeit,
als das erſte mahl, ſetzen, weil ja bey einem ſol-
chen Menſchen leicht das Vertrauen entſtehen
koͤnte, daß der GOtt, der das erſte mahl geholf-
fen, auch das andere mahl helffen werde, und daß
er leicht einen Schluß machen koͤnte, dergleichen
David einſt machte, da er wider den Goliad
ſtritte, und dachte: Der GOtt, der mich
von Loͤwen und Baͤren errettet, wird mich
auch aus der Hand dieſes Philiſters erret-
ten. Allein daß auch bey neuen, und wieder-
holten großen Plagen, und Anfechtungen unſer
Glaube ſchwach genug werden, und folgentlich
Furcht, Angſt, und Zaghafftigkeit eben ſo groß,
ja noch groͤßer, als das erſte mahl, darbey ſich
finden koͤnnen, und daß man alsdann gar leicht
dencken koͤnne, als ob nunmehr GOtt endlich
den natuͤrlichen Folgen der Suͤnde, oder eines
krancken Leibes, ihren freyen Lauff laßen, und
auf ſolche Weiſe mit uns den Garaus machen
werde, inſonderheit wenn es das Anſehen hat,
daß eine gewiſſe Unbeſtaͤndigkeit, oder auch nur
Kaltſinnigkeit im Guten und in der Gottſeelig-
keit
S s 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/695>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.